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Buch & Ausstellung "Boxing Cuba": Freigekämpft

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Von: Katja Kraft

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Sport als Weg aus der Perspektivlosigkeit: Im Gimnasio de Boxeo in Havanna lernen Talente wie dieser Bub das Boxen. © Foto: Katharina Alt.

München - Im Buch und in der Schau „Boxing Cuba“ im Museum Fünf Kontinente erzählen Fotos von diesem Sport auf der Insel.

Er hätte es viel leichter haben können. Ein Leben im Luxus. Aber das hieße auch: ein Leben fern der Heimat. So entschied sich Boxer Teófilo Stevenson gegen Millionensummen – und für sein Land. Kuba heißt es, in der Karibik liegt es. Und die Mehrheit der Menschen dort kennt Wohlstand nur aus dem Fernsehen. Wirtschaftlich schwach mögen sie sein, die Kubaner. In einer anderen Disziplin aber stark wie kaum eine andere Nation: Im Boxen sind sie Weltklasse.

Sehenswerte Schau im Museum Fünf Kontinente

Dass dieser Sport kein tumbes Draufhauen bedeutet, dokumentiert eine Fotoausstellung, die vom 13. Mai an im Münchner Museum Fünf Kontinente zu sehen ist. „Boxing Cuba“ trägt den Untertitel „Hommage an einen Sport“ – und ist noch mehr. Die Fotografien von Katharina Alt rücken die Athleten und ihre Lebenswelt in den Mittelpunkt. Die gebürtige Frankfurterin ist zweimal nach Kuba gereist, um herauszufinden, weshalb aus einem Land, in dem Boxen 50 Jahre lang nur im Amateurbereich erlaubt war, die weltweit besten Kämpfer kommen.

Eine Antwort darauf liegt beispielsweise im Blick des Buben, der den Betrachter aus dem Boxring heraus mit mandelförmigen braunen Augen anschaut. Die weißen Handschuhe auf die Seile gelegt, das Gesicht umrahmt von einem abgegriffenen Kopfschutz. Es scheint, als sei er nur kurz für das Foto an den Rand gekommen, um dann gleich weiter zu trainieren. Denn Boxen ist auf Kuba eben nicht nur sportliche Betätigung. Boxen ist die Möglichkeit für junge Männer, der Perspektivlosigkeit des Alltags zu entkommen.

Auf Kuba zählen Ruhm und Ehre - nicht die Preisgelder

An der Ausstellungswand gegenüber hängen sie, die Vorbilder des kleinen Kämpfers. Legenden wie Emilio Correa Vailant, Olympiasieger 1972 in München, oder dessen Sohn Emilio, Gold-Olympionike von Barcelona 1992. Und Félix Savón Fabre. Einer von nur drei Boxern, die drei Goldmedaillen bei Olympischen Spielen gewannen. Alt hat ihn sitzend abgebildet. Ein smarter dunkelhäutiger Mann, die breiten Schultern unterm Schlabberpulli. Dazu Trainingshose und Bauchtasche. So sitzt er im Lehnsessel mit Zierdeckchen. Hinter ihm im einfachen Holzregal seine größten Schätze: Pokale, Urkunden, Medaillen. Womit er in anderen Ländern durch Werbeaufträge und Preisgelder Millionen hätte machen können, sicherte ihm auf Kuba kein Leben in Saus und Braus.

Dafür aber: Ruhm, Ehre, Bewunderung. Auf Kuba ist das Boxen eine Metapher für das Leben selbst. Das Motiv des Durchboxens findet sich in allen Bereichen der Kunst. „Ob in der Bibel Kain gegen Abel und David gegen Goliath oder der Kampf Menelaos gegen Paris, von dem Homer in seiner ,Ilias‘ berichtet. Der Zweikampf, diese besondere Form der Auseinandersetzung faszinierte Erzähler und Autoren, ihre Zuhörer und Leser schon immer“, schreibt Michael Schleicher, Herausgeber des Bildbands zur Ausstellung und Feuilleton-Chef unserer Zeitung. Es sind Geschichten wie die des Kämpfers Stevenson, die Schleicher in seinem kulturhistorischen Abriss über das Boxen in den Künsten erzählt.

Auf die Frage, weshalb er nicht in den Profibereich wechsele und Kuba hinter sich lasse, antwortete Stevenson: „Was ist eine Million Dollar gegen acht Millionen Kubaner, die mich lieben?“ Nach dieser Schau versteht man, was er meinte.

13. Mai bis 11. September. Das Buch zur Schau „Boxing Cuba. From Backyards to World Championship“ ist bei Hirmer erschienen: 185 S.; 34,90 Euro.

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