Kritik zu Mittermeiers "Wild" im Lustspielhaus

München - Michael Mittermeier tourt demnächst wieder durch Deutschland. Sein neuestes Programm heißt Wild. Der Münchner Merkur war beim Test im Lustspielhaus dabei und hat doch einige Kritikpunkte gefunden.
Ich hasse zuspätkommen“, sagt Michael Mittermeier – nachdem er selbst gute 20 Minuten zu spät auf der Bühne des ausverkauften Lustspielhauses erschienen ist. Dort hat der Comedian jetzt sein neues Programm Wild getestet, mit dem er nächstes Jahr auf große Tour geht. Einige Male muss er noch sein Skript zu Hilfe nehmen. Viele Themen-Übergänge sind noch sprunghaft, aber für ihn sowieso nicht so wichtig. Sein Fazit: „Das eine oder andere war ja schon okay.“
Recht hat er! Wild ist lustig, keine Frage, aber teils zu banal, obszön und unoriginell. Während sein Komiker-Kollege Rick Kavanian kürzlich an gleicher Stelle Dialekte meisterhaft imitierte, lässt Mittermeier seine Bayern lediglich röhren wie Hirsche: „Wir sind das einzige Volk auf der Welt, das zum Sein kein Denken braucht.“ Unverständlich auch, dass der 49-Jährige alte Kamellen wie den Stuttgarter Keller-Bahnhof, Ösi-Witze und George W. Bush ausgräbt sowie die Wikinger mit Wikipedia verbindet.
Vor allem aber fällt dem sozial engagierten Politologen nicht viel mehr zur Flüchtlingskrise und Pegida ein, als die Fremdenfeinde als strohdumm („braune Einzeller“) hinzustellen und zum „Ausländerklatschen“ ins Ausland zu schicken. Schade. Der „Logik der Rassisten“ gibt es Geistreicheres entgegenzusetzen.
Mittermeier kann es doch viel besser
Dabei kann es Mittermeier doch viel besser. Zum Beispiel Alltagsdinge wie streitende Spielplatz-Kinder mimisch und gestisch beschreiben. Einen schwarzen, getönten Smart mit Darth Vaders Helm vergleichen. Sich eine Kanzlerinnen-Rocker-Armee, die „Hells Angies“, vorstellen. Und übergangslos zwischen schweren (IS) und leichten Themen (Pornos) wechseln. Zum Niederknien ist die Szene, in der Krüns Bürgermeister beim Obama-Empfang nur kurz davor steht, von dessen Scharfschützen abgeknallt zu werden, weil die kein Wort Bairisch verstehen. Es gibt eigentlich kein Thema, das in dieser unübersichtlichen Zeit nicht unter den Titel „Wild“ passt – ein geschickter Schachzug.
Nach der viel zu langen 45-minütigen Pause ruft der Oberbayer dann endgültig zur Lachmuskel-Attacke auf. Er zeigt kein Erbarmen mit der amerikanischen Waffenlobby, dem US-Warnhinweis-Wahnsinn und mit Vollidioten, die sich per Smartphone „aus dem Leben fotografieren“. Mit einem Selfie, einer kleinen improvisierten Fragestunde und einem Appell pro Menschlichkeit entlässt Mittermeier die Zuschauer nach über drei Stunden wieder in die wild gewordene Welt.
Marco Mach