Beinahe-Kollision mit Flugzeug: Wie kam die Drohne in diese Höhe?

Schwabhausen - Die unfreiwillige Begegnung eines Airbus mit einer Drohne sorgt weiter für Diskussionen. Die Flugsicherung fordert schärfere Regelungen, Modellflugsportler zweifeln an der Beobachtung des Piloten.
Der Airbus A321 kam gerade aus Frankfurt und befand sich im Landeanflug nach München. 108 Passagiere und sechs Crew-Mitglieder der Lufthansa waren an Bord, als der Pilot über dem Gemeindegebiet von Schwabhausen (Landkreis Dachau) eine ungewöhnliche Beobachtung an den Tower meldete. Eine Drohne von 50 Zentimetern Durchmesser befinde sich auf gleicher Höhe wie das Flugzeug und nur zehn Meter neben der rechten Flügelspitze. Das teilte die Polizei wenig später mit. Die Beamten starteten sofort einen Zeugenaufruf und erhielten auch einige Hinweise. Doch die Suche nach dem Piloten des Geräts, der sich wohl wegen gefährlichen Eingriffs in die Flugsicherheit strafbar gemacht hat, verlief bislang erfolglos.
In der Polizeimeldung ist von einer Flughöhe von 1700 Metern die Rede. Die Flugsicherung präzisiert die Angaben später. Der Vorfall habe sich etwa 13 nautische Meilen, also rund 24 Kilometer vom Flughafen entfernt abgespielt. Die Maschine befand sich in einer Höhe von rund 5000 Fuß über dem Meeresspiegel. Schwabhausen liegt auf knapp 500 Metern, damit bleibt am Ende eine Höhe von etwas mehr als 1000 Metern über Grund. Nicht wenig für eine Drohne mit 50 Zentimetern Durchmesser.
Steckt möglicherweise ein "Flugzeugjäger", ein Spotter, hinter der Drohne?
Viele Flugsportler zweifeln deshalb an der Beobachtung des Piloten. „Unseres Erachtens ist es mit so einer kleinen Drohne nicht realistisch, so hoch zu fliegen“, sagt Ernst Feuerlein vom Luftsport-Verband Bayern. Er wundere sich auch, wie der Pilot das Objekt so genau erkennen konnte. „Klar, die Piloten haben ein geschultes Auge, aber der Airbus war zu diesem Zeitpunkt bestimmt mit Tempo 350 unterwegs.“ Feuerlein kann sich die Beobachtung nur so erklären: Entweder der Pilot habe sich getäuscht, wie in London Heathrow – dort hatte sich nach einer vermuteten Drohnenkollision herausgestellt, dass das unbekannte Objekt wohl nur eine von der Thermik aufgewirbelte Plastiktüte war. „Oder es war ein deutlich größeres Gerät“, sagt Feuerlein. Etwa eine umgebaute Fotodrohne von einem Meter Durchmesser, wie sie sogenannte „Spotter“ nutzen – Flugzeugfans, die möglichst spektakuläre Aufnahmen von den Maschinen machen und dafür so nah wie möglich an das Motiv heranfliegen wollen. „Das sind die Schwarzen Schafe unter uns Hobbypiloten“, sagt Feuerlein. „Sie bringen unseren Sport in Verruf.“
So sieht das auch Markus Wahl von der Pilotenvereinigung Cockpit. „Das Problem sind nicht die Profis, sondern Max Mustermann, der sich für 1000 Euro eine Drohne kauft und damit auf Flugzeugjagd geht, statt Teile des Gartens zu fotografieren.“ In dieser privaten Wildfliegerei liege die Gefahr. „Da ist oft kein Risikobewusstsein vorhanden.“ An der Beobachtung des Piloten hat Wahl aber keine Zweifel. „Einen Quadrocopter kann man aus dem Cockpit auf jeden Fall erkennen, darin haben wir auch eine gewisse Übung.“ Eine Kollision mit einer Drohne könne zu einem Triebwerksausfall führen. „Das wäre noch keine Katastrophe, denn auch mit nur einem Triebwerk kann man landen“, sagt Wahl. „Aber wenn die Drohne das Cockpit trifft, wird es kritisch.“
Drohnen sollten mit Transpondern ausgestattet werden
Die Flugsicherung fordert seit Längerem eine amtliche Kennzeichnungspflicht für Drohnen, eine Transponderpflicht, damit die Lotsen Drohnen auf dem Radar erkennen können, sowie eine Art „Drohnenführerschein“ für den privaten Gebrauch. „Wir haben das Gefühl, dass sich manche private Drohnen-Nutzer über die Regeln nicht ganz im Klaren sind“, sagt eine Sprecherin der Luftsicherung. Auch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) will strengere Regeln für Drohnenflüge. Sein Ministerium arbeite bereits an neuen Vorschriften.
Drohnen mit Transpondern auszustatten, hält auch Feuerlein für sinnvoll. „Aber sonst ist eigentlich schon sehr viel geregelt“, sagt er. In der Tat gibt es bereits jede Menge gesetzlicher Vorgaben. Wird die Drohne nicht zu Sport- oder Freizeitzwecken eingesetzt, muss der Nutzer eine Erklärung beim zuständigen Luftamt abgeben. Beim Luftamt Südbayern gehen solche Erklärungen täglich ein. 1100 waren es bereits in diesem Jahr, dazu 150 Einzelerlaubnisse für sogenannte unbemannte Luftfahrtsysteme über fünf Kilogramm. Doch im Hobbybereich bleibt als Haupteinschränkung: die Drohne muss in Sichtweite sein. Fliegen darf eine Drohne aber grundsätzlich jeder. Auch ein schwarzes Schaf.
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