Wie geht es weiter mit dem Warteraum Asyl?

Erding - Nach langem Zank hat die Große Koalition am Donnerstag ihren Asylstreit vorerst beigelegt. Die Regeln werden verschärft. In bis zu fünf großen neuen Registrierungszentren sollen Menschen mit geringer Bleibeperspektive kaserniert werden. Das könnte Folgen für Erding haben.
Der Fliegerhorst Erding ist ein Gradmesser für das Ausmaß des Flüchtlingsstroms in die Bundesrepublik. Allein an diesem Wochenende kamen nach Angaben Ehrenamtlicher wieder mehrere Dutzend Busse mit Flüchtlingen im Warteraum Asyl an. In dieser Großunterkunft bleiben die Menschen nur maximal 72 Stunden. Die aktuellen so genannten Stehzeiten sind aber deutlich kürzer. In Erding findet bekanntlich nur die Erstregistrierung statt. Die Migranten können sich frei bewegen, können Camp Shelterschleife also auch jederzeit verlassen.
Der Asylkompromiss von CDU/CSU und SPD setzt den Flüchtlingen engere Grenzen. Neu beschlossen wurden bis zu fünf so genannte Registrierzentren. Dorthin sollen direkt nach Grenzübertritt Flüchtlinge mit geringer Bleibeperspektive gebracht werden. Zwei Standorte stehen bereits fest: Bamberg und Manching. Die Anträge sollen binnen weniger Wochen beschieden werden.
Umgehend nach Bekanntwerden des GroKo-Beschlusses fiel der Name Erding als möglicher Standort eines Registrierzentrums. Wie stehen die Chancen, dass der Warteraum Asyl dafür aufgegeben wird? Weder das Bundesinnenministerium noch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wollen sich dazu konkret äußern. „Das ist noch nicht entschieden“, heißt es. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz – er ist gegen eine Umwandlung in Erding – hat erfahren, dass Ministerpräsident und CSU-Vorsitzender Horst Seehofer gegen eine Umwandlung sei, Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sich das vorstellen könne.
Die Fakten hingegen sprechen eine deutlichere Sprache. Fazit: Camp Shelterschleife ist für ein Registrierzentrum ungeeignet. Warteraum-Chef Heiko Werner verweist immer wieder darauf, dass die 18 Flugzeugunterstände und die zehn Bierzelte definitiv nicht für längere Aufenthalte geeignet seien.
Hinzu kommt, dass der Bund die gesamte Organisation auf völlig neue Beine stellen müsste. Denn das Rote Kreuz hat über seinen BRK-Landesgeschäftsführer Leonhard Stärk und Vize-Präsidentin Brigitte Meyer unmissverständlich deutlich gemacht, dass alle Helfer abgezogen würden, sobald Flüchtlinge „in irgendeiner Weise eingesperrt werden“.
Würde der Warteraum ein Registrierzentrum, müsste der freie Auslass geschlossen werden. Denn Flüchtlinge mit geringen Erfolgsaussichten dürften die Unterkunft so gut wie nicht mehr verlassen. Der Konsens sieht vor, diese Menschen direkt von dort wieder außer Landes zu bringen. Leistungen erhält nur, wer im Zentrum bleibt. Wer dennoch geht, dem droht das Ruhen seines Verfahrens, im Wiederholungsfall die Abschiebung.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Ewald Schurer glaubt derzeit nicht an eine neue Struktur für Erding. „Zwei der fünf Einrichtungen befinden sich bereits in Bayern.“
Er und Lenz sind mit dem Kompromiss zufrieden. „Das ist akzeptabel“, sagt Schurer. „Wir kommen damit endlich weiter“, meint Lenz. Beide begrüßen die neue Registrierpflicht mit Ausweisen. „Schurer: „Das ist wichtig für die Akzeptanz in der Bevölkerung.“ Allerdings mahnt er auch an, „dass wir Flüchtlinge mit Bleibeperspektive schnell integrieren, sprich in Ausbildung und Arbeit bringen müssen“. Deutlich mehr Engagement fordert er auch von der EU. Lenz glaubt, dass in der Politik nun Ruhe einkehrt: „Wir müssen sehen, wie sich die neuen Regelungen bewähren. Ich sage aber auch, ändert sich nichts, muss nachjustiert werden.“
Hans Moritz
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