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Politiker fühlen sich von Zeugen Jehovas belästigt

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Die Postille Wachtturm kann derzeit nicht auf der Straße verteilt werden. Jetzt kommt sie per Post – ungefragt. Foto: Klaus Kuhn

Die Verwaltungsgemeinschaft Wartenberg ist Opfer einer weltweiten Aktion der Zeugen Jehovas geworden. Möglicherweise sind auch andere Rathäuser im Landkreis betroffen. Jakob und Fiona D. aus Erding missbrauchten jedenfalls dafür die Verwaltung in Wartenberg, um Gemeinderäte in Berglern anzuschreiben. Es geht um die Postille Wachtturm.

Wartenberg – Die entsprechende Post an die Räte aus Wartenberg hatte einen Landshuter Absender, bestätigt das Rathaus. Das zeigt, dass hier systematisch vorgegangen worden sein dürfte. Verdächtig: Die Internet-Suchmaschine Google wurde bei der Kombination aus Name und Adresse in Landshut nicht fündig.

Auch die Bürgervertreter aus Langenpreising wurden „bedacht“. Wie Verwaltungsmitarbeiter übereinstimmend berichteten, besteht eine Verpflichtung, diese Post weiterzuleiten, vor allem dann, wenn „persönlich“ drauf steht.

Aufgefallen war, dass in zwei Fällen die Gemeinderäte, nicht aber die Bürgermeister angeschrieben wurden. VG-Chef Josef Straßer, Bürgermeister von Langenpreising, nennt dieses Vorgehen eine „Belästigung“. „Wir haben das einfach weitergegeben, die Räte sind alt genug, dass sie wissen, was sie damit machen sollen. Ich hab’ das gleich weggetan.“

Nach Informationen unserer Zeitung wurden nicht alle Ratsmitglieder, sondern nur eine Auswahl angeschrieben. Dominik Rutz (Grüne, Wartenberg) denkt dagegen, dass in Wartenberg alle diese Briefe bekommen haben, in denen es unter anderem heißt: „Da sich viele von uns in der aktuellen Lage mit zusätzlichen Herausforderungen konfrontiert sehen, möchte ich Ihnen gerne eine positive Sicht der Zukunft zeigen.“ Es folgt der Hinweis darauf, dass weltweit Regierungs- und Behördenvertreter sowohl vor Ort als auch auf nationaler Ebene mit einer Sonderausgabe des Wachtturms beglückt werden sollen.

Bürgermeister Anton Scherer aus Berglern ist besonders verärgert, denn seine Verwaltung hat die Briefe auch noch auf eigene Kosten mit der Post weiter geschickt. „So etwas hat in politischen Gremien nichts zu suchen.“

In Langenpreising hat die Verwaltung rechtzeitig Verdacht geschöpft und wenigstens den Postversand gestoppt. Scherer meinte in der Sitzung, das gehe gar nicht, was da laufe. „Das war eine reine Aktion zur Mitgliederwerbung.“

Das deckt sich mit der Redaktion vorliegenden Informationen, dass wegen Corona diese Glaubensgemeinschaft nicht mehr wie sonst üblich von Haus zu Haus zieht, sondern auf persönliche Briefe setzt, teilweise handgeschrieben. Gemeinderäte sind für solche Organisationen als Multiplikatoren und öffentliche Persönlichkeiten besonders attraktiv.

Die Zeugen Jehovas sind vor dem Europäischen Gerichtshof wegen dieser Haustür-Mission schon einmal gerügt worden, weil die Aktiven dabei Daten erfassen.

Jochen Feßenbecker von der Pressestelle der Zeugen Jehovas bedauert, dass sich einige belästigt fühlen. Das sei nicht beabsichtigt gewesen. Es sei, betonte er auf Nachfrage, eine einmalige Aktion gewesen, mit der die Organisation die örtlichen Mandatsträger habe „informieren“ wollen. Er bestritt nicht, dass das ein koordinierter Akt gewesen sei, der von den Mitgliedern vor Ort durchgeführt worden ist.

Das Landratsamt teilt mit, dass derartige Post kommentarlos in die Sitzungsmappe komme, genau wie es übrigens in Wartenberg gehandhabt wurde. Unter den Adressaten war auch Landrat Martin Bayerstorfer. 

KLAUS KUHN

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