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Argeter Dorfweihnacht abgesagt: „Für die Aussteller eine Enttäuschung“

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Von: Volker Camehn

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Wieder nicht: Der Vorsitzender der Argeter Dorfweihnacht, Heinrich Reichel, ist alles andere als glücklich über die Unmöglichkeit, dieses Jahr eine Dorfweihnacht an er Oberhamer Straße stattfinden zu lassen.
Wieder nicht: Der Vorsitzender der Argeter Dorfweihnacht, Heinrich Reichel, ist alles andere als glücklich über die Unmöglichkeit, dieses Jahr eine Dorfweihnacht an er Oberhamer Straße stattfinden zu lassen. © Volker Camehn

Wieder durfte die Argeter Dorfweihnacht den Landkreisbürgern keine stimmungsvolle Vorweihnachtszeit schenken. Das freut die Veranstalter nicht.

Arget – Den Argeter Weihnachtsmarkt gibt es seit zehn Jahren, und seit 2019 kümmert sich der Wahl-Argeter Heinrich Reichel (70) um Planung und Organisation. Seit Juli gibt es den Verein Argeter Dorfweihacht, dessen Vorsitzender Reichel ist. Er spricht über den Weihnachtsmarkt als Gemeinschaftsprojekt, schwierige Planungen und großzügige Unterstützung.

Herr Reichel, die Argeter Dorfweihnacht hätte am letzten Novemberwochenende stattfinden sollen, coronabedingt wurde sie jedoch abgesagt. Ist das nicht frustrierend?

Selbstverständlich bin ich darüber alles andere als glücklich. Aber vor allem für die Aussteller ist es natürlich eine große Enttäuschung. Bereits im vergangengen Jahr ist die Dorfweihnacht ja schon mal ausgefallen. Und ganz klar: Diese ganz spezielle Argeter Veranstaltung bedeutet ja im Vorfeld einen enormen Planungs- und Organisationsaufwand.

Was unterscheidet die Argeter Dorfweihnacht denn von anderen Weihnachtsmärkten?

Wir wollen ja einen altbayerischen Weihnachtsmarkt auf die Beine stellen, und dafür werden viele Sachen extra handgefertigt. Häufig findet man doch immer den gleichen Trubel vor: Musik aus der Konserve, Massenware... Das finden Sie in Arget nicht. Da gibt es zum Beispiel nur Live-Musik heimischer Musikgruppen, und man kann erleben, wie ein Stoffweber arbeitet. Dann sind da die vielen Helfer, die diese Veranstaltung stemmen. Es ist ein großes Gemeinschaftsprojekt – das ist die eigentliche Seele der Dorfweihnacht. Und es sind eben nur Leute aus der Region dabei, die hier ihre Stände haben. Aus der Garmischer Ecke kommt einer und einer aus dem Landkreis Berchtesgaden. Aber das sind schon die mit den längsten Anfahrtswegen und sie sind schon jahrelang dabei.

Ein wichtiger Aspekt: Viele Vereine können sich hier präsentieren...

… und haben dabei eine gute Möglichkeit, für ihre Arbeit noch etwas Geld zu verdienen. Das ist durch die Absage jetzt entfallen. Der SV Arget sorgt zum Beispiel stets für Essen und Getränke. Er hatte 70 Leute für Planung, Vorbereitung und die Standbesetzung mobilisiert. Und diese Einnahmen aus dem Verkauf fehlen ihm jetzt für eigene Projekte.

Wann hatten Sie entschieden, dass die Dorfweihnacht heuer ausfällt?

Schon die wechselnden Rahmenbedingungen im Vorfeld hatten uns das Leben schwer gemacht. Am Anfang galt noch die 14. Bayerische Infektionsschutzrahmenverordnung, dann kam am 19. September das Rahmenkonzept für Märkte und am 18. Oktober das Konzept für Weihnachtsmärkte. Und nach jedem aktuellen Konzept haben wir den Markt in Frage gestellt und geprüft: Können wir ihn so stattfinden lassen, lässt sich das organisatorisch überhaupt noch stemmen? Die 2G-Regel hätte schlussendlich bedeutet, den kompletten Christkindlmarkt abzusperren und überall Kontrollen durchzuführen. Wie bitte soll das gehen? Und wer will das machen? Wir hätten die Wach- und Schließgesellschaft engagieren können, was aber für uns nicht bezahlbar gewesen wäre. Oder wir hätten Eintritt verlangen müssen. Dafür hätte man dann auch wieder Leute benötigt. Ein uferloser Aufwand also. Wir haben deshalb Mitte November den richtigen Zeitpunkt gewählt, weil wir da noch in der Lage waren, alle Standgebühren zurückzuerstatten.

Die Standgebühren werden für die Finanzierung aber nicht gereicht haben.

Nein. Neben den Standgebühren finanziert sich das Ganze ja noch übers Sponsoring, also etwa die Anzeigen in unserem Veranstaltungskalender und auf unserer Homepage. Wir sind da mit einem blauen Auge davongekommen, da alle Marketingmaßnahmen bereits gelaufen waren: Internetauftritt, der Kalender mit einer Auflage von 10 000 Stück war verteilt, weshalb die Anzeigenkunden auch ihr Geld nicht wiederhaben wollten. Da hat keiner gemeckert, das war ein prima Zusammenhalt und viel Solidarität! Ich habe zum Beispiel auch drei Unternehmer an der Hand, die mit Tiefladern 31 Hütten von Oberhaching hierher nach Arget bringen – und wieder abholen! Die machen das für ‘ne Brotzeit, weil wir das sonst gar nicht bezahlen könnten.

Wann fangen Sie an, die Dorfweihnacht zu planen?

So ab März, April geht das schon los. Ich rufe die Stand-Leute an oder fahre mal direkt vorbei. Ich achte dabei auch darauf, dass nur Produkte und Anbieter auftauchen, die zu unserem Konzept passen: Handwerklich und regional! Für die Ausrichtung der Gastronomie haben zudem die hiesigen Vereine stets Priorität.

Wir sieht es mit den Argeter Anrainern aus? Die haben diese Veranstaltung ja ein ganzes Wochenende sprichwörtlich vor der Haustür.

Ohne die Unterstützung der Argeter geht es natürlich nicht. Wir brauchen alle Anrainer der Oberhamer Straße, weil sie uns den Strom liefern. Mit ihnen muss ich selbstverständlich vorher sprechen. Anfang November geht dann ein Elektriker in jedes Haus und prüft die Anschlüsse. Der persönliche Kontakt ist quasi unbezahlbar; das lässt sich nicht so nebenbei machen.

Seit Juli gibt es nun auch offiziell den Argeter Dorfweihnacht e.V. Warum haben Sie den Verein gegründet?

Die Absicht war unter anderem, die Identifikation der Leute im Dorf durch eine mögliche Mitgliedschaft zu erhöhen. Aktuell haben wir erst acht Mitglieder, aber wir wollen ja weitere dazugewinnen. Wichtig ist aber auch die Transparenz der Finanzen. Wenn ich das als Privatperson mache, bin ich niemandem Rechenschaft schuldig. Die ehrenamtlichen Helfer fühlen sich wohler, wenn sie wissen, wo das Geld aus den Einnahmen des Marktes landet, denn sie stecken ja ihre Arbeitskraft rein und verdienen selber nichts daran. Und jetzt gibt es einen Schatzmeister, und die Finanzen werden offengelegt. In unserer Satzung steht übrigens auch, dass wir Überschüsse, soweit wir sie nicht als Rücklage brauchen, wieder an gemeinnützige Vereine ausschütten. Hinzu kommt, dass die ganze Verantwortung nicht allein an mir hängt, sondern, dass wir uns gemeinsam besprechen können: Jetzt sind eben auch der Zweite Vorsitzende Rolf Beck, unser Schatzmeister Nikolaus v. Grundherr und unsere Schriftführerin Annette Kouba mit im Boot.

War es eigentlich leicht den Status „Gemeinnützigkeit“ zu erhalten? Weihnachtsmärkte sind ja in der Regel keine Wohltätigkeitsveranstaltungen.

Da brauchte es in der Tat ein wenig Überzeugungsarbeit beim Finanzamt. Ich konnte dann aber die zuständige Sachbearbeiterin von unserem Konzept überzeugen, dass es uns vornehmlich um die Förderung von Kunst und Kultur und um das traditionelle Brauchtum geht.

Wird die Argeter Dorfweihnacht 2022 stattfinden?

Ich fange auf jeden Fall im Frühjahr wieder mit der Planung an.

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