Doku-Film übers Bildungssystem wirbelt Staub auf

Unterhaching - Der Film ist noch nicht gezeigt, doch er schlägt schon hohe Wellen – im Kultusministerium. Mit einer Dokumentation werfen Gymnasiasten aus Unterhaching einen kritischen Blick auf „Das (Bildungs-)System“.
Ludwig Unger schaut in die Kamera, schweigt mehrere Sekunden, atmet tief ein und fragt: „Was soll ich dazu sagen?“ Seine Antwort auf die Frage einer Filmcrew junger Gymnasiasten aus Unterhaching und Taufkirchen, ob er den Begriff „Vertretung ohne Lehrer“ kenne. „Diesen Begriff gibt es bei uns im Kultusministerium nicht“, betont Unger gegenüber dem Münchner Merkur.
Die erste Szene des Filmtrailers wirft nicht das beste Licht auf den Sprecher des Kultusministeriums. Und der Trailer sorgte für Ärger, da die Filmer sich die Sequenzen vor der Ausstrahlung nicht hatten freigeben lassen. Darum wurde der Trailer zum Dokumentarfilm „Das (Bildungs-)System“ auf Youtube gelöscht. Nun wird mit Poetry-Slammer Lukas Wagner Lust auf die Filmpremiere am 24. Juli im Mathäser-Filmpalast gemacht.
Doch auch dann wird der schweigende Unger zu sehen sein. Nach einem „intensiven und produktiven Dialog“ wie Unger und Sam Batat, der am Film mitwirkte, unisono betonen, gab es letztlich die Freigaben für die Sequenzen, die die Neuntklässler vom Lise-Meitner-Gymnasium im Kultusministerium mit Schulleitern und Lehrern drehten.
Der Ministeriumssprecher betont, dass „in keiner Weise eine Zensur“ stattgefunden habe und das Ministerium „das Anliegen der Schüler von Beginn an unterstützt“ und Gesprächspartner vermittelt habe. Vielmehr sei es „handwerklich nicht zu vertreten“, wenn trotz klarer Absprachen keine Freigabe für Sequenzen eingeholt wurde, diese aber im Trailer auftauchen. Dieser zeige „gewisse Teilbotschaften – aus de, Zusammenhang genommen“.
Luca Zug (15) aus Taufkirchen, zusammen mit Alex Spöri, Lukas Faltenbacher, und Julian Heiß hauptverantwortlich für den Film, gibt zu, „dass wir beim ersten Trailer unkorrekt gearbeitet haben. Das tut uns leid“.
Aber: „Wir bleiben unserer Meinung treu und vertreten diese.“ Und zwar deutlich, wie ihre Doku „Das (Bildungs-)System“ zeigt. Vertretungsstunden, Unterrichtsinhalte und das G8 prangern die 15-Jährigen an, die bereits mit ihrer Dokumentation über das Attentat von „Olympia ’72“ beim Wettbewerb „Flimmern und Rauschen“ als zweitbester Jugendfilm Münchens ausgezeichnet wurden. „Wir wollen aus Schülersicht zeigen, was in den Klassenzimmern wirklich passiert“, sagt Luca Zug. Und das passt den Filmern, die die „MovieJam Studios“ gegründet haben, oft nicht.
Weder das „Bulemie-Lernen“ – spezifischer Stoff, den „man entweder vergisst, fürs Studium neu lernen muss oder gar nicht braucht“, sagt Alex Spöri –, noch Vertretungsstunden ohne Lehrer, in denen die Jugendlichen in der Schule „Zeit absitzen müssen und nur rumhocken“. Auch G8 stehen sie kritisch gegenüber: Denn „den Kindern fehlt die Zeit, Kinder zu sein“, sagt Alex Spöri. Die Crew selbst merkt es gerade. Seit Januar arbeiten sie an der Dokumentation. Neben Schule und diesem Projekt „bleibt uns kaum mehr Zeit“, fügt Luca hinzu. Doch sie wollen nicht nur meckern, „wir zeigen auch Lösungen“, sagt er. Zu sehen sind diese bei der Premiere am 24. Juli. Am meisten gespannt sind die Jungs, sagt Spöri, „wie die Erwachsenen auf unseren Film reagieren.
Janine Tokarski