Königlicher Hutschmuck kommt aus Freimann

München - Wer hätte das gedacht: Ein Freimanner Ehepaar stellt im Keller seines Hauses Federblüten her. Die schmücken auf Hüten die Häupter des britischen Königshauses. Jetzt wollen die Münchner Brautschmuck entwerfen - für Prinz Williams Verlobte Kate Middleton.
Ein geräumiger Keller mit zwei Arbeitstischen. An der Wand Regale, in denen verschiedene Federn lagern - afrikanischer Strauß, australisches Emu, Paradiesvogel aus Papua-Neuguinea, deutsches Huhn. Die 68-jährige Tien Kho macht daraus Blumen. Das ist ein altes chinesisches Kunsthandwerk. Hutfabrikanten und Designer auf der ganzen Welt kaufen diese extravaganten Blüten - und verarbeiten sie: „Zuerst gibt es die Federblume meiner Frau. Dann entwerfen die Hutmacher einen Hut, der zur Blume passt“, betont Tien Khos Mann Tik Kwie, der sich um Buchhaltung, Logistik und Vertrieb des kleinen Unternehmens kümmert. Wie seine Frau kam der in Indonesien geborene Chinese 1972 nach München.
Philip Treacy, der Hutmacher des britischen Königshauses, ist schon länger Kunde der Khos. Aber nicht nur die Queen und ihre Tochter Prinzessin Anne tragen Blumen aus der Freimanner Werkstatt auf ihren Hüten - auch die holländische Prinzessin Maxima schmückte sich schon mit Münchner Federn. Und bei der Rennwoche von Ascot reißen sich die Damen um Philip Treacys extravagante Hüte - und damit um die Blüten der Khos.
Was inzwischen ein einträgliches Geschäft ist, begann vor etwa 30 Jahren als Hobby von Tien Kho, einer studierten Innenarchitektin: „Ich habe die Federblumen auf einer internationalen Handwerksmesse entdeckt und war wie elektrisiert. Unbedingt wollte ich solche Blumen selbst machen können“, erzählt sie. Schon bald fertigte Kho kunstvolle Blumengestecke, die sie auf Messen einem internationalen Publikum präsentierte. Vor allem Kunden aus Saudi-Arabien fanden Gefallen an dem federnen Tischschmuck: „Vermutlich waren meine Blumen so beliebt, weil sie bei Hitze nicht welken“, sagt Kho. Als Jahre später eine Hutmacherin fragte, ob die Blüten auch ohne Stiel erhältlich sind, begann Kho, sich auf Hutschmuck zu spezialisieren. Inzwischen fertigt sie jährlich etwa 1000 Modelle an. Ihr Mann hat sogar seinen Beruf als Ingenieur aufgegeben, um in das Geschäft seiner Frau einzusteigen.
Viel braucht Tien Kho dafür nicht: Waschmaschine und Trockner, weil die Federn zunächst gewaschen werden müssen. Nachdem sie der Größe nach sortiert sind, schabt Kho den Kiel ab, damit die Federn biegsam werden. Mit einem Messer kräuselt sie die Federn, als ob sie Geschenkband wären. Oder sie schneidet Muster hinein. Welche Blumen dabei entstehen, hängt von der Form der Federn ab: „Ich lasse mich von den verschiedenen Federn und ihren Größen inspirieren“, erklärt Kho, die keine Mitarbeiter hat: „Ich habe das oft probiert. Aber die machen mehr kaputt als richtig“, sagt sie. Manchmal färbt Kho die Blüten auch: „Wie das geht, ist mein Geheimnis“, sagt sie und lächelt.
Die Khos erfahren erst aus dem Fernsehen oder den Illustrierten, welche prominenten Häupter ihre Federblumen tragen. So war das etwa bei der standesamtlichen Hochzeit von Camilla Parker Bowles und Prinz Charles: „Unser Vertreter rief uns an und sagte, ,schnell, schaltet den Fernseher ein!’ Das war ein himmlisches Gefühl“, erzählt Tien Kho. Sie hatte damals das weiße Gesteck auf dem Hut Camillas entworfen und aus 60 Straußenfedern gefertigt.
Nun haben es die Khos auf den Kopf von Kate Middleton abgesehen: Sie wollen den Brauthut entwerfen, wenn die Bürgerliche am 29. April in der Westminster Abbey „yes“ sagt zu Prinz William: „Wir sind in Kontakt mit Philip Treacy, aber die machen ein riesiges Geheimnis aus der Hochzeit“, erzählt Tien Kho. Zumindest weiß sie schon, dass Kate - anders als Camilla - eine Krone bei der Trauung tragen dürfte. Das schmälert freilich ihre Chance, einen Brauthut zu entwerfen. Trotzdem bleiben die Khos dran: „Es wäre eine große Ehre für uns, die Hüte der weiblichen Hochzeitsgäste mit unseren Blumen zu schmücken“, sagt Tik Kwie Kho. In Deutschland haben die Khos keine Konkurrenz - hierzulande sind sie die einzigen Federblumen-Hersteller.
Bettina Stuhlweissenburg