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Amoklauf am OEZ: Waffen im Gitarrenkoffer geliefert

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Am Mittwoch gibt das LKA weitere Details zu den Ermittlungen zum Amoklauf bekannt. © AFP

München - Neun Menschen starben bei dem Amoklauf am Olympia Einkaufszentrum am 22. Juli in München. Nach der Festnahme des mutmaßlichen Waffenhändlers geben die hessischen Behörden nun neue Details zu den Ermittlungsergebnissen bekannt. Hier geht's zum Ticker der Pressekonferenz.

Wird der Amoklauf vom Olympia- Einkaufszentrum (OEZ) nun endgültig aufgeklärt? Am späten Dienstagabend hat die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main einen 31-jährigen Waffenhändler festgenommen und auch sein üppiges Waffenlager ausgehoben. Der Mann soll Ali David Sonboly († 18) Schusswaffen und Munition besorgt haben, mit denen der Schüler am 22. Juli neun Menschen getötet hatte.

Im Internet hatte sich Sonboly die Waffen besorgt – in einem verschlüsselten Bereich, der sich Darknet nennt. Dort hatten sich auch die spezialisierten Beamten umgesehen und waren bei den Ermittlungen gegen andere Personen auf den 31-jährigen Händler gestoßen. Mit ihm versuchten sie ein fingiertes Geschäft anzubahnen – und boten rund 8000 Euro für die Lieferung von einer Maschinenpistole, einer Pistole und Munition. Der Händler ging darauf ein – und hatte in diesem Rahmen auch gestanden, dem Amokschützen die verwendete Pistole und die Munition bei zwei Treffen für 4350 Euro verkauft zu haben.

Seine Angaben decken sich mit den Ermittlungen der Münchner Staatsanwaltschaft und des Bayerischen Landeskriminalamts. Eine Spezialeinheit des Zollkriminalamts Köln hatte den Mann bei dem Scheingeschäft in der Nähe des Marburger Busbahnhofs gefasst – bei der geplanten Übergabe wurde er verhaftet und trug dabei noch eine geladene Pistole in einem Schulterholster bei sich.

Später hoben die Beamten auch sein Waffenversteck aus: Nahe dem Flughafen Köln/Bonn lag eine Kiste in einem Waldstück vergraben. Am Mittwoch wurde der Mann dem Haftrichter vorgeführt. Gemeinsam mit ihm war auch seine Lebensgefährtin verhaftet worden, die bei Lieferungen geholfen haben soll. Sie wurde wieder freigelassen. Die Ermittlungen dauern aber noch an.

Der Amokläufer sparte für den Waffenkauf

Woher hatte Amokläufer Ali David Soboly das Geld für die Waffen? Inzwischen steht fest: Er sparte sich die Summe mühsam zusammen – mit Taschengeld und Zeitungsaustragen. Gelöst ist auch das Rätsel, wo sich der 18-Jährige nach dem Attentat aufhielt. Laut LKA lief er vom OEZ in das Zwischengeschoß des Parkhauses, feuerte dort 17 Schüsse in ein geparktes Fahrzeug und ging dann auf das oberste Parkdeck, wo er lautstark mit Anwohner Thomas Salbey stritt.

Zwei Polizisten sahen ihn, einer feuerte, verfehlte den Amokläufer aber. Der flüchtete danach über die nördliche Außentreppe nach unten, überquerte die Riesstraße, wo er eine Grünanlage betrat. Von dort lief er zwischen den Häusern zur Henckystraße, wo er durch eine offene Tür ein Treppenhaus betrat. Dort sprach er mit Anwohnern, die er verschonte. Dann versteckte er sich länger in der Tiefgarage des Hauses. Als er dieses über eine Treppe verließ, traf er auf Beamte, vor deren Augen er Selbstmord beging. Nach BR-Recherchen machte er noch kurz vor der Tat Schießübungen und verballerte dabei 100 Schuss Munition!

Die Ermittler informierten am Mittwoch in einer Pressekonferenz über ihre neuen Erkenntnisse.

Die Pressekonferenz gibt es hier im Ticker zum Nachlesen.

+++ Günter Wittig, der Sprecher der Staatsanwaltschaft Frankfurt erklärte trotz der zu vermeldenden Ermittlungserfolgen seien die Ermittlungen bei Weitem noch nicht abgeschlossen.

+++ Da die Festnahme des mutmaßlichen Waffenhändlers noch nicht einmal 24 Stunden

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Günter Wittig, Sprecher der Staatsanwaltschaft Frankfurt/Main. © AFP

zurückliege, könne noch nicht über alle Details Auskunft gegeben werden, so Alexander Badle, Oberstaatsanwalt Frankfurt.

+++ Der Amokläufer von München hat für die Schusswaffe und Munition nach Ermittlungen der Polizei insgesamt 4350 Euro gezahlt. Dies sei aus den Ermittlungen gegen den mutmaßlichen Waffenhändler hervor, der am Dienstag in Marburg gefasst worden war.

+++ Badle berichtet, das Interesse der Ermittler galt vor allem dem oder den mutmaßlichen Lieferanten der Waffen und Munition, die bei dem Amokschützen gefunden wurden. Ein sogenanntes Scheingeschäft wurde vereinbart.  

+++ Szene wie aus dem Italo-Western: Die an den 17-Jährigen verkaufte Waffe und Munition wurden in einem Gitarrenkoffer geliefert. Für die Übergabe wurden dann zwei Gitarrenkoffer ausgetauscht.

+++ Bei den Verhandlungen über das Scheingeschäft gab der Händler an, er habe die Waffe an den Schützen des Amoklaufs von München geliefert.

+++ Der Mann wurde dann bei der geplanten Übergabe der Munition und der Waffen festgenommen. Er hatte die Maschinenpistole und die Glock 17 samt Munition, die zum Schein gekauft werden sollten, in seinem Pkw bei sich. Außerdem trug er selbst eine voll durchgeladene, halbautomatische Pistole bei sich, für die er keine Besitzerlaubnis hatte.   

+++ Der 31-Jährige habe die Ermittler in einer ersten Vernehmung auf eine in Köln an einer Verkehrsinsel vergrabene Kiste hingewiesen, sagte der Sprecher der Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft, Alexander Badle, am Mittwoch auf einer Pressekonferenz. Darin seien eine Maschinenpistole, vier halbautomatische Pistolen und Munition gefunden worden.

+++ An den Ermittlungen im Bereich "Waffenhandel im Darknet" waren so Badle, maßgeblich auch die Zollbehörden beteiligt.

+++ Badle warnt in diesem Zusammenhang außerdem vor einer Verklärung des Darknet. Auch dort sei das Internet keineswegs ein rechtsfreier Raum. Niemand solle sich bei kriminellen Aktivitäten in Sicherheit wiegen. Die Ermittlungen haben gezeigt, eine völlige Anonymität im Netz gebe es nicht. Der Waffenhändler werde heute dem Haftrichter vorgeführt und werde danach wohl kaum auf freien Fuß gesetzt werden, so Badle.

+++ Bei dem Zugriff wurde nicht nur der Waffenhändler, ein 31 Jahre alter arbeitsloser Verkäufer, sondern auch seine Lebensgefährtin festgenommen. Diese wurde nach einer ersten Einvernahme wieder entlassen. Es habe keine konkreten Anhaltspunkte gegeben, dass sie in das Waffengeschäft eingebunden war.

+++ Für Prognosen welche Strafe den Mann genau erwartet, sei es noch zu früh, so die Ermittler.   

+++ Zur Festnahme: Der Zugriff sei schnell und reibungslos erfolgt. Der mutmaßliche Händler sei völlig überrumpelt worden.

+++ Konkrete Hinweise auf den mutmaßlichen Waffenhändler erhielten die Ermittler etwa eine Woche nach dem Amoklauf in München.   

+++ Bei dem Mann wurden noch weitere Waffen gefunden. Was die Herkunft der verkauften Waffen und Munition angeht, können die Ermittler noch keine Auskunft geben.

+++ Der Verhaftete hat nach ersten Erkenntnissen seinen Lebensunterhalt mindestens zu großen Teilen durch den Waffenhandel bestritten.

+++ Zu möglichen Motiven des Amokläufers: Für einen islamistische geprägten Hintergrund gebe es keine Anhaltspunkte, so die Ermittler, "die Fährte ist kalt".

+++ Auch wenn die Lebensgefährtin des Waffenhändlers wie erwähnt wieder auf freiem Fuß ist, wird zunächst auch gegen sie weiter ermittelt.

+++ Zur Festnahme: Treffpunkt war am Marburger Busbahnhof. Dann begaben sich Händler und vermeintliche Käufer zu einem Parkplatz. Der Verkäufer hatte die Kennzeichen von seinem Pkw entfernt, wohl um im Zweifel seine Identität zu verschleiern. Erfolglos.

my/thi

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