Nur Sekunden vor dem Zug: Mann rollt im Rückwärtsgang von Gleisen

Denklingen - Als ein 27-Jähriger den Güterzug der Augsburger Localbahn sah, war es fast schon zu spät: Denn da stand der junge Mann mit seinem Auto bereits auf den Gleisen. Doch er reagierte geistesgegenwärtig.
Der Mann war gestern am späten Vormittag mit seinem Auto in Denklingen unterwegs und wollte zum Hirschvogel-Werk. Der 27-Jährige, der aus der Umgebung stammt, kennt sich eigentlich gut aus - laut Josef Kammermeier von der Polizeiinspektion Landsberg fährt er die Strecke zweimal am Tag. Doch den Güterzug der Augsburger Localbahn, der auf dem Weg nach Schongau war, hatte er übersehen. Überrascht versuchte er mit einer Vollbremsung, noch vor den Schienen zu halten. Das gelang jedoch nicht - der Wagen kam erst mitten auf dem unbeschrankten Bahnübergang zum Stehen. „Der Lokführer hat ihn erst fünf Meter vorher gesehen“, so Kammermeier.
Doch geistesgegenwärtig legte der 27-Jährige den Rückwärtsgang ein - und schaffte es Sekundenbruchteile vor der Lok zurück auf die Straße. Nur der linke Scheinwerfer wurde erfasst, der Schaden beträgt 1500 Euro. „Der hat wirklich Glück gehabt“, kommentierte der Polizeisprecher.
Wiederholt Unfälle auf der Fuchstalbahn Schongau-Landsberg
Glück, das andere nicht hatten. In den vergangenen Jahren gab es wiederholt Unfälle auf der Fuchstalbahn Schongau-Landsberg mit vielen Verletzten. 2011 gab es innerhalb weniger Wochen gleich vier Vorfälle, bei denen Autos von Zügen gerammt wurden. „Obwohl planmäßig nur sechs Güterzüge auf der Strecke fahren, derzeit sogar nur vier“, sagt Jürgen Privinsky, Betriebsleiter der Augsburger Localbahn. Seit Jahren wird gefordert, zumindest einige Übergänge zu sichern, „aber passiert ist nichts“, so Bürgermeister Michael Kießling. „Das Problem ist: Jeder weiß, dass die zwei unbeschrankten Bahnübergänge in Denklingen gefährlich sind. Aber das Verkehrsaufkommen ist nicht da.“ Das heißt, die Bahn ist nicht gezwungen, tätig zu werden.
Im nahen Asch ist das anders: Dort hatte eine Verkehrszählung so viele Fahrzeuge ergeben, dass der Übergang gesichert werden muss. Das macht jetzt seit Jahren ein Fahrdienstleiter, der bei jedem Zug extra per Auto aus Landsberg anfahren und den Übergang mit einem Warnband sichern muss. Auch dort hatte die zuständige DB Netz längst eine Lösung versprochen. „Jetzt soll offenbar eine neue Verkehrszählung kommen“, sagt Privinsky, viel mehr weiß er nicht.
Tyll-Patrick Albrecht von der Initiative Fuchstalbahn hat gestern kurzerhand einen Vertreter der DB Netz angeschrieben und ihn zu einer Diskussion mit Bürgern und Bürgermeistern eingeladen.
Boris Forstner