„Singt dem Herrn ein neues Lied“

Geretsried – Das Geretsrieder Ensemble „Mixed Voices“ verzaubert sein Publikum.
Die Kirche Maria Hilf in Geretsried war am Samstagabend bis fast auf den letzten Platz gefüllt, als Kaplan Thomas Neuberger das Herbstkonzert der „Mixed Voices“ eröffnete. Besonders erfreut zeigte er sich über die Liedauswahl unter dem Titel „Gospel Mass…and more“, die – so Neuberger – „über die „German Mass“ (Deutsche Messe) von Franz Schubert mal hinausgeht.“ In der Tat boten die kommenden rund eineinhalb Stunden ein abwechslungsreiches Programm geistlicher Musik aus zwei Jahrhunderten mit verschiedenen musikalischen Stilrichtungen aus der halben Welt – und wohl auch mit der Absicht, den Herrn eindrucksvoll und nachdrücklich zu loben und zu preisen. Allein die Liedauswahl und die Arrangements waren so ungewöhnlich wie besonders gelungen. Swingend und wippend eröffneten die 30 Sänger unter der Leitung ihres ebenfalls singenden Chorleiters Roland Hammerschmied mit einem klassischen Spiritual, um gleich im Anschluss andächtig das hinduistische „Raghupati“ anzustimmen. Dieses Lied war eines der Lieblingslieder von Mahatma Gandhi, das von ihm und seinen Anhängern im Jahr 1930 beim fast 400 Kilometer langen „Salz-Marsch“ gegen das Salzmonopol der Briten in Indien gesungen wurde. Von Indien aus gings musikalisch wieder zurück ins mittelalterliche Mitteleuropa mit „Ubi caritas“ in einer zeitgenössischen Komposition aus Norwegen. Zwischen den einzelnen Liedern wurde das gebannt lauschende Publikum von wechselnden Sängern über Herkunft und Hintergrund der ausgewählten Stücke aufgeklärt. Und scheinbar mühelos dirigierte Hammerschmied seinen Chor im Anschluss zurück ins Jahr 1880, als Guiseppe Verdi das „Pater noster“ nach einem Text von Dante Alighieri vertonte. Andächtig und mit großer Dynamik unterstrich der mehrstimmige Gesang die besondere Stellung dieses christlichen Gebetes als dem wohl einzigen, das Jesus von Nazareth bereits mit seinen Jüngern gebetet haben soll. Und das mit seinem eindringlichen zweifachen „Amen“ am Schluss die ersten Ovationen im Publikum hervorrief. Von Verdi gings schwungvoll wieder in die Moderne, und mit leichtem Augenzwinkern und deutlichem Stolz kündigte der Chorleiter das Damen-Ensemble der Mixed Voices an. Mit fünf Sängerinnen und einer Pianistin wechselte der Stil hin zu einer flotten Musikauswahl aus dem Erfolgsmusical „Sister Act – eine himmlische Karriere“ aus dem Jahr 1992, das die nicht nur stimmgewaltigen, sondern auch choreografisch geschulten Damen mit „I Will Follow Him“ beeindruckend in die Weite des Kirchenhauses erschallen ließen. Andächtig stimmte das anschließende „Ukuthula“ aus Südafrika ebenso wie „Vineta“ von Johannes Brahms und „Locus Iste“ von Anton Bruckner. Mit „God Has Commanded“ sang sich der Chor wieder in die musikalische Neuzeit und erfreute mit der A-capella-Version des Coldplay-Ohrwurms „Via la vida“ nicht nur die Jüngeren im Publikum besonders, sondern ermöglichte auch durch die besondere Aufstellung der einzelnen Chormitglieder nebeneinander hinter dem Altar ein ungewöhnliches akustisches Erlebnis. Mit „Gospel Mass“ hatte Hammerschmied 1992 angefangen, mit „Gospel Mass“ ging das Konzert, unterstützt von Piano, Kontrabass und dem Schlagzeug-Talent Marius Hammerschmied als percussiver Verstärkung in 2015 allmählich dem Ende zu. Strahlende Gesichter, tosender Applaus und regelrechte Ovationen begleiteten die Sänger, Musiker und den Chorleiter bei ihren zwei Zugaben. Und mit ihrer Version des Hubert-von-Goisern-Klassikers „Hearst as ned“ als einziges nicht geistliches Lied des Abends haben die „Mixed Voices“ mit Sicherheit auch den letzten Zuhörer im Raum innerlich zum Niederknien gebracht.
Assunta Tammelleo