WLAN vertreibt sensible Kunden

Wolfratshausen - In einem offenen Brief an Bürgermeister Klaus Heilinglechner sprechen sich 47 Personen gegen freies WLAN in der Wolfratshauser Innenstadt aus. Sie bezeichnen sich als elektrosensibel – und wollen nicht mehr in der Altstadt einkaufen. Initiator ist Grünen-Stadtrat Dr. Hans Schmidt.
Es soll ein Denkzettel sein. Die Unterzeichner des Schreibens – neben Schmidt sind das weitere 36 Wolfratshauser, vier Penzberger, zwei Geretsrieder sowie jeweils eine Person aus Berg, Farchach, Holzhausen und München – fühlen sich durch die Strahlung des kürzlich installierten WLAN in ihrem Wohlbefinden und ihrer Gesundheit „massiv beeinträchtigt“. Sie wollen sich künftig vor der Strahlung schützen, indem sie die Innenstadt meiden und dort nicht mehr einkaufen, schreibt Schmidt an den Rathauschef. Und weiter: „Dieser ,Kollateralschaden‘ des öffentlichen WLAN sollte allen Verantwortlichen zu denken geben.“
Als Auslöser für ihren Vorstoß nennen die Briefschreiber die Aktivierung des freien WLAN vor wenigen Wochen. Zusätzlich zu den vorhandenen Mobilfunksendern seien acht weitere freigeschaltet worden, in der Hoffnung, den fortschreitenden Leerstand im Markt zu stoppen. „Touristen und Einheimische sollten sich im Internet kostenlos über die Sehenswürdigkeiten und Einkaufsmöglichkeiten im Markt informieren können.“ Schmidt und seine Mitstreiter verweisen darauf, dass die Weltgesundheitsorganisation Mobilfunkstrahlung, die alles durchdringt, 2011 als „potenziell krebserregend“ eingestuft hat. Sie verweisen auf die fünf bis zehn Prozent der Bevölkerung, die sich – wie sie – als „elektrosensibel“ bezeichnen sowie die damit verbundenen Folgen.
Neben dem Rathauschef haben auch Hans Werner Kuhlmann, Vorsitzender des Vereins Lebendige Altstadt Wolfratshausen (LAW), sowie Ingrid Schnaller, Vorsitzende des Werbekreises Einkaufsstadt Wolfratshausen, den offenen Brief bekommen. Werbekreis und LAW haben das WLAN zusammen mit der Stadt eingeführt. „Die Adressaten“, schreiben Schmidt und seine Mitstreiter, „sollen auch diese Konsequenz, nämlich dass die Einführung des Freien WLAN etliche Kunden vom Einkaufen und Flanieren abhält, bedenken, wenn es um die Zukunft der Innenstadt geht.“
LTE verbieten?
Mobilfunkkritiker Schmidt hat in Sachen WLAN auch schon die Rechtsaufsicht des Tölzer Landratsamts eingeschaltet. Deren öffentliche Stellungnahme liegt noch nicht vor. Vor wenigen Tagen erst hat Grünen-Stadtrat Schmidt, der auch Sprecher der Bürgerinitiative Wolfratshausen zum Schutz vor Elektrosmog ist, eine Petition beim Bundestag eingereicht. Er will erreichen, dass der Mobilfunkstandard LTE („Long Term Evolution“) verboten wird. Knapp 90 Bürger haben seine Petition unterschrieben.
++ Update vom 27.01.16: Die Elektrosensiblen-Initiative ist nicht nur das freie WLAN in der Innenstadt, sondern auch der Funkstandard LTE ein Dorn im Auge. Die Kritiker haben sich mit einer Petition an den Bundestag gewandt. Jetzt liegt die Stellungnahme vor.