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Armenien-Resolution: Darum fehlten Merkel, Gabriel und Steinmeier

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Gähnende Leere: Die Plätze von Bundeskanzlerin Merkel, Vizekanzler Gabriel und Außenminister Steinmeier im Bundestag waren nicht besetzt.
Gähnende Leere: Die Plätze von Bundeskanzlerin Merkel, Vizekanzler Gabriel und Außenminister Steinmeier im Bundestag waren nicht besetzt. © dpa

München - Angesichts des fragilen Flüchtlings-Deals mit der Türkei wurde die Armenien-Resolution des Bundestages zum außenpolitischen Eiertanz. Merkel, Gabriel und Steinmeier fehlten, das Parlament war fast einstimmig für die Resolution.

"Digitale Chancen ergreifen - Digitale Spaltung meistern". Dieser Termin beim 4. Nationalen MINT-Gipfel stand am Mittwoch für 10.45 Uhr im Terminkalender von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) düste vor 10 Uhr ab zur Bauindustrie. Damit fehlten die zwei prominentesten Vertreter der Bundesregierung bei der heiklen Abstimmung zur Armenien-Resolution im Bundestag. Ganz weit weg war Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Er besucht derzeit Lateinamerika.

Abstimmung im Bundestag stößt Türkei vor den Kopf

Man könnte meinen, zumindest Merkel und Gabriel seien der Abstimmung am Mittwoch im Bundestag aus dem Weg gegangen. Denn die Resolution zum Völkermord an den Armeniern mag richtig und wichtig sein - stößt aber die Türkei und deren Präsidenten Recep Tayyip Erdogan vor den Kopf. Der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim nannte die Bundestags-Entscheidung zum Völkermord an den Armeniern bereits vorab einen "Test" für die deutsch-türkische Freundschaft. Und er kritisierte, Deutschland wolle die Türkei für die Ereignisse von 1915 verantwortlich machen.

Die Einstufung der Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich als Völkermord sei „inakzeptabel“, hieß es auch schon in einer Erklärung der türkischen Regierungspartei AKP und der Oppositionsparteien CHP und MHP im Auswärtigen Ausschuss der Nationalversammlung. Einzig die pro-kurdische HDP trug die Erklärung nicht mit.

Die Abstimmung im Bundestag kam zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei ist brüchig. Letztere pocht auf die zugesagte Visa-Freiheit für Türken, die in die EU einreisen wollen. In Brüssel besteht man auf die Zusagen der Türkei beim Anti-Terror-Gesetz. Doch an die vereinbarten Änderungen will sich die Türkei nun nicht mehr so recht erinnern. 

Kauder: "Wir wollen die Türkei nicht auf die Anklagebank setzen"

CDU-Fraktionschef Volker Kauder versuchte vor der Abstimmung im Bundestag, die Wogen in Richtung Türkei zu glätten. Regierung und Volk der Türkei sollten nicht verurteilt werden. „Allerdings wollen wir die Türkei nicht auf die Anklagebank setzen, sondern sagen: Aussöhnung ist nur möglich, wenn die Fakten tatsächlich benannt werden“, so Kauder. Ob die Worte bei der Türkei auf offene Ohren treffen, ist mehr als fraglich. 

Nur eine Gegenstimme im Bundestag

Zumal das Votum des Bundestages eindeutig war und das Parlament damit eine klare Botschaft nach Ankara schickte: Fast einstimmig beschloss es die Resolution zur Einstufung der historischen Massaker an den Armeniern als Völkermord. Ein gemeinsam von Union, SPD und Grünen eingebrachter Antrag wurde mit einer Gegenstimme und einer Enthaltung angenommen. Wie sich das nun auf die Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei auswirken wird, ist derzeit noch nicht abzustehen. Bei einer Probeabstimmung vor der Bundestagssitzung hatte auch Merkel in der Unionsfraktion für die Resolution gestimmt.

Die Vorsitzende des Zentralrats der Armenier in Deutschland, Jaklin Chatschadorian, kritisierte das Fernbleiben von Merkel, Gabriel und  Steinmeier mit den Worten: „Das ist nicht schön". Chatschadorian relativierte aber: "Aussagekräftig ist nicht die einzelne Person oder Personalie, sondern das Parlament.“ Ob Erdogan das auch so sieht, werden Merkel oder Steinmeier dann wohl beim nächsten Flüchtlingsgipfel erfahren.

mb/dpa

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