Steinmeier verteidigt Flüchtlingsabkommen mit Türkei

Berlin - Frank-Walter Steinmeier sieht keine Alternative zum Abkommen mit der Türkei in der Flüchtlingskrise. Dagegen kritisiert er unter anderem die Österreicher.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat das Flüchtlingsabkommen der Europäischen Union mit der Türkei verteidigt. Ohne die Vereinbarung und die Unterstützung Griechenlands "hätten wir heute an der griechisch-mazedonischen Grenze 100.000 Menschen, die in Dreck und Schlamm zu überleben versuchen", sagte Steinmeier den Zeitungen der Funke-Mediengruppe vom Dienstag. Tatsächlich harren derzeit rund 11.000 Menschen am geschlossenen griechischen Grenzübergang Idomeni aus.
Die "Orientierung auf die Außengrenzen Europas, die Abkommen mit der Türkei und die Unterstützung Griechenlands" seien "der richtige Weg", sagte Steinmeier. Die Vereinbarung sieht vor, dass die Türkei sämtliche Flüchtlinge zurücknimmt, die auf illegalem Weg nach Griechenland gelangt sind. Die EU sagte zu, im Gegenzug für jeden abgeschobenen Syrer auf legalem Weg einen syrischen Flüchtling aus der Türkei aufzunehmen - bis zu einer Obergrenze von 72.000 Menschen.
Steinmeier kritisierte die Entscheidung Österreichs und anderer Staaten zur Schließung der Balkanroute. "Es kommen weniger Flüchtlinge nach Mitteleuropa, weil sie in Griechenland stranden. Dort ist eine humanitäre Notlage entstanden", sagte der Außenminister. "Sich der eigenen Probleme entledigen, indem man europäische Partner in Not bringt - so können wir in Europa nicht miteinander umgehen."
Idomeni: Lautsprecher kommen zum Einsatz
Die chaotischen Zustände im Lager Idomeni wurden auch am Osterwochenende nicht überwunden. Angesichts wiederholter Fehlinformationen über eine angebliche Öffnung der Grenze zu Mazedonien wollen die griechischen Behörden die Bewohner des Lagers künftig über Lautsprecher informieren. "Wir verstärken die Anstrengungen, um die Flüchtlinge und Migranten in ihrer Sprache und ohne Mittler anzusprechen", sagte der Koordinator der griechischen Regierung für Einwanderungspolitik, Giorgos Kyritsis.
Am Ostersonntag waren hunderte Flüchtlinge zur mazedonischen Grenze geeilt, nachdem sich das Gerücht verbreitet hatte, die Grenze könne überwunden werden. Mehrere Schutzsuchende sagten, sie hätten gehört, dass internationale Journalisten und Mitarbeiter des Roten Kreuzes ihnen helfen würden, die Grenze zu durchbrechen. Einige ältere Flüchtlinge in Rollstühlen schluchzten. "Keine Gewalt, wir wollen nur über die Grenze", stand auf einem Spruchband.
Vor zwei Wochen gelang es einer Gruppe von einigen hundert Menschen aus dem Lager, einen Grenzfluss zu durchqueren und nach Mazedonien vorzudringen. Von dort aus wurden sie aber unter Einsatz von Gewalt wieder nach Idomeni zurückgebracht.
50.000 Flüchtlinge in Griechenland
Die griechische Regierung unternahm bereits zahlreiche Versuche, die Flüchtlinge aus Idomeni davon zu überzeugen, dass sie in andere Aufnahmezentren gehen. Am Montag lag die Zahl der Flüchtlinge in Idomeni aber weiterhin bei 11.400. Insgesamt halten sich derzeit rund 50.000 Flüchtlinge in Griechenland auf.
Die EU-Kommission forderte von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union mehr Unterstützung für Griechenland. "Die Mitgliedsländer müssen dringend mehr Experten und Unterstützung vor Ort anbieten", sagte EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos der Zeitung Welt am Sonntag. Es gehe nun darum, "die Verfahren für alle Migranten zu beschleunigen und die Rückkehr jener zu unterstützen, die nicht um Asyl bitten oder deren Anträge unzulässig sind".
Österreichs Innenministerin fordert weitere Grenzschließungen
Die sogenannte Balkanroute von der Türkei über Griechenland und den Westbalkan in nördlichere EU-Staaten ist nach Grenzschließungen seit einiger Zeit weitgehend dicht. Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner forderte in der Welt am Sonntag weitere Grenzschließungen. "Wir müssen die Ostbalkanroute unverzüglich stilllegen, bevor sie zur neuen Massenmigrationsroute nach Mitteleuropa wird", sagte Mikl-Leitner.
Alle Länder mit EU-Außengrenzen bräuchten Hilfe. "Wenn Bulgarien allein gelassen wird, dann werden sich hunderttausende Menschen in der Türkei, die sich jetzt noch Richtung Griechenland orientieren, in Richtung türkisch-bulgarischer Grenze aufmachen", sagte die österreichische Ministerin.
afp