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Versucht es Seehofer als Spitzenkandidat?

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Von: Christian Deutschländer

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Der verlockende Griff nach dem Bundesadler: Unser Bild zeigt Edmund Stoiber im Jahr 2005. Er blieb doch in München. dpa
Der verlockende Griff nach dem Bundesadler: Unser Bild zeigt Edmund Stoiber im Jahr 2005. Er blieb doch in München. © dpa

München – Horst Seehofer liebäugelt mit der Wahl 2017: Vor ihm versuchten das schon zwei amtierende CSU-Ministerpräsidenten, allerdings eher erfolglos.

Der Schock erreichte die CSU auf dem Friedhof. Es war der Allerheiligen-Vormittag im November 2005, die Parteioberen pflegten brav die Gräber der Vorfahren, als Edmund Stoiber per Telefonrundruf einen überraschenden Entschluss verkündete. Er werde jetzt doch nicht nach Berlin gehen, sagte der Ministerpräsident. Er habe es „nicht nötig, um jeden Preis“ dort ins Kabinett zu wechseln. Die Parteifreunde reagierten fassungslos.

An die bizarre Szene von vor elf Jahren erinnert man sich in diesen Tagen wieder – weil in der CSU mal wieder darüber nachgedacht wird, ihren Ministerpräsidenten nach Berlin zu senden, oder zumindest mal so zu tun. Horst Seehofer hat in den vergangenen Wochen in mehreren internen Runden über ein Szenario gesprochen, 2017 die Liste für den Bundestag selbst anzuführen. Falls CSU und CDU nicht inhaltlich zusammenfinden, falls Angela Merkel der CSU-Basis nicht als gemeinsame Spitzenkandidatin zu vermitteln ist, will sich Seehofer das offenhalten.

Dass es so kommt, ist derzeit nicht wahrscheinlich. Die Zeichen mit der CDU stehen eher auf Entspannung. Ins politische Puzzle würde das der CSU aber passen. Sie hat eh gerade keinen geborenen Spitzenkandidaten für Berlin. Seehofer müsste sich dann im Herbst 2017 jedoch entscheiden, ob er in die Hauptstadt wechselt oder Ministerpräsident bleiben möchte. Beides gleichzeitig geht nicht. Er müsste also sein Erbe in der Staatskanzlei regeln.

Ein historischer Sonderfall wäre eine Listenkandidatur Seehofers nicht. Der Blick zurück zeigt, dass das alle paar Jahre vorkam. 2013 und 2009 nicht, da traten die Bundestagsabgeordneten Gerda Hasselfeldt und Peter Ramsauer auf Listenplatz 1 der CSU an. 2005 und 2002 aber: der Parteivorsitzende und Ministerpräsident Stoiber. Beide Male gab er anschließend das gewonnene Bundestagsmandat ab, dafür kam jeweils ein Nachrücker von der Liste noch in den Bundestag, darunter übrigens der heutige Vizepräsident Johannes Singhammer. 1998 kandidierte, wenn auch glücklos, der Parteichef und Bundesfinanzminister Theo Waigel (Slogan: „Macht Bayern stark“).

Der bisher vorletzte Ministerpräsident mit Berliner Fernweh ist Franz Josef Strauß. 1980 trat er als Kanzlerkandidat der Unionsparteien an. Weil der CSU-Chef knapp keine Regierung zusammenbrachte, blieb er in München. Schon als Ex-Ministerpräsident kandidierte übrigens Wilhelm Hoegner (SPD) 1961 für den Bundestag, gab aber sein Mandat Ende des Jahres ab. Eine längere Berliner Karriere hängte Fritz Schäffer von 1949 bis 1961 im Parlament an.

Der Rückzug nach der Wahl ist erlaubt. Bei Strauß ging das 1980 gesichtswahrend, bei Stoiber 2002 einigermaßen. 2005, nach Allerheiligen, ging allerdings ein Donnerwetter über Stoiber nieder. Eine „Hoppla-Hopp-Politik“ und „einsame Entscheidungen“ warfen ihm hohe Parteifreunde vor, von „Feigheit“ sprachen einfache CSU-Mitglieder. Waigel attestierte ihm „schwerste politische Fehler“. Stoiber unternahm etliche Bußgänge zu seinen Abgeordneten, an die Parteibasis und sogar zum Papst in Rom – anderthalb Jahre später stürzte er dennoch. 

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