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IS: Islamischer Staat sagt Taliban den Kampf an

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IS Islamischer Staat
IS-Kämpfer auf einem Propaganda-Video. © AFP

Kabul - IS-Terroristen haben in Afghanistan gefesselte Gefangene in die Luft gesprengt. Die Gräueltaten des Islamischen Staates gehen selbst den radikalen Taliban zu weit.

Das Video ist etwa vier Minuten lang. Aufgetaucht ist es in dschihadistischen Foren im Internet. Es dokumentiert die bestialische Gewalt, mit der der IS seinen Einflussbereich auszuweiten versucht. Zu sehen sind mehrere Gefangene mit verbundenen Augen. Sie werden auf Arabisch und Paschtu, einer der afghanischen Landessprachen, als „Abtrünnige“ mit Verbindungen zu den Taliban oder zur Regierung in Kabul bezeichnet – und mit um den Körper gelegten Bombengürteln in die Luft gesprengt. Es soll sich um Stammesälteste handeln. Aufgezeichnet worden sein soll das Video bereits im Juni in der ostafghanischen Provinz Nangarhar.

Sogar die Taliban reagierten mit Abscheu und verurteilten die Tat des IS als „entsetzlich“: „Diese Verbrechen und andere brutale Akte von einigen unverantwortlichen und ignoranten Individuen unter dem Banner des Islam sind nicht hinnehmbar.“ Erstaunliche Worte aus dem Mund radikaler Islamisten, die selbst tausende Afghanen grausam ermordet und erst vor wenigen Tagen eine 27-jährige Mutter nach einem Schauprozess gehängt haben.

Die heftige Reaktion der Taliban überrascht. Für Beobachter ist sie symbolisch für die zunehmende Rivalität zwischen dem IS – der auch in Afghanistan immer mehr Anhänger gewinnt – und den Taliban, die sich zunehmend in die Defensive gedrückt sehen und seit dem Bekanntwerden des Todes ihres Anführers Mullah Omar auch intern Grabenkämpfe austragen.

Zum Nachfolger Omars, der schon seit Jahren nicht mehr öffentlich in Erscheinung getreten und dessen Tod vermutlich aus taktischen Gründen lange Zeit geheim gehalten worden war, wurde Mullah Achdar Mohammad Mansur ausgerufen. Er ist innerhalb der radikalislamischen Organisation umstritten, und die Familie des verstorbenen Kommandeurs verweigert im die Gefolgschaft. „Die Familie hat niemandem die Treue geschworen, und sie hat dies auch nicht vor“, sagte Mullah Omars Bruder, Mullah Abdul Manan.

Neuer Taliban-Chef will Sieg über IS in Afghanistan

Der neue Taliban-Chef spielt in den Reihen der radikalen Islamisten seit Jahren eine herausragende Rolle. Mansur stammt aus einem kleinen Ort namens Band-e-Timor in der Region Kandahar, der auch als Geburtsort der Taliban-Bewegung gilt. Sein Alter wird auf Ende Vierzig geschätzt. In den 80er-Jahren kämpfte er gemeinsam mit Omar gegen die sowjetischen Besatzer, während der Taliban-Herrschaft stand er an der Spitze der Luftwaffe und des zivilen Luftfahrtministeriums. Nach dem Sturz der US-Streitkräfte floh er nach Pakistan, wo er im Jahr 2010 zum Vize-Chef der Taliban aufstieg.

Mansurs hat sein Ziel klar definiert: Kampf bis zum Sieg der Taliban und der Wiederherstellung von deren Herrschaft in Afghanistan. Die prowestliche Regierung hingegen glaubt weiter an Verhandlungen und an eine Einigung mit den Taliban. Unterstützung erhält sie dabei von Pakistans Armeechef General Sharif, der Friedensgespräche mit den Taliban als den „einzigen glaubwürdigen Weg zu dauerhaftem Frieden“ bezeichnet hat. Das sehen auch viele Taliban so. Diese Rivalitäten will der IS nutzen, um mit brutalen Aktionen für Unruhe und Unsicherheit zu sorgen – und den eigenen Einfluss auszuweiten.

IS ermordet kroatische Geisel

Die IS-Terrormiliz hat nach eigenen Angaben einen vor drei Wochen entführten Kroaten ermordet. Die Dschihadistengruppe veröffentlichte auf Twitter ein Foto, das den Leichnam des 31-Jährigen zeigen soll. Tomislav Salopek war am 22. Juli am Rande von Kairo verschleppt worden. Er arbeitete für ein Erdölunternehmen.

Mitte vergangener Woche hatte der ägyptische IS-Ableger Sinai-Provinz ein Video im Internet veröffentlicht, das Salopek in seiner Gewalt zeigte. Der Vater zweier Kinder war der erste Ausländer, den der ägyptische IS-Arm entführte. In dem Video musste der Kroate von einem Papier ablesen, dass er binnen 48 Stunden hingerichtet werde, wenn die ägyptische Regierung nicht inhaftierte „muslimische Frauen“ freilasse.

Von Werner Menner

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