Nach Erdogan-Anzeige: Kommt es zur Anklage gegen Böhmermann?

Mainz - Nach der Anzeige des türkischen Staatschefs Erdogan gegen ZDF-Moderator und Satiriker Jan Böhmermann richten sich jetzt alle Blicke auf die Staatsanwaltschaft Mainz. Kommt es zur Anklage gegen Böhmermann?
Die krasse Satire über Erdogan, genannt "Schmähgedicht", die längst zur riesigen Staatsaffäre geworden ist, liegt derzeit auf einem Schreibtisch in Mainz. Wie "Bild" berichtet, hat nun die Mainzer Oberstaatsanwältin Andrea Keller darüber zu entscheiden, ob gegen den seit kurzem wohl berühmtesten Satiriker Deutschlands, Jan Böhmermann, Anklage erhoben wird.
Nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vorige Woche entschieden hat, auf Wunsch der Türkei ein gesondertes Strafverfahren gegen den Satiriker Jan Böhmermann zuzulassen, schlagen die Wellen hoch. Das ZDF stellt sich hinter den Satiriker, viele Künstler und Prominiente solidarisieren sich mit Böhmermann. Andererseits hagelt es von mehreren Seiten Kritik an der Entscheidung Merkels, das Strafverfahren überhaupt zuzulassen.
Aus seiner Mediathek hat das ZDF den höchst umstrittenen Beitrag aus dem ZDFneo Magazin Royale schnell gelöscht. Den Film mit Böhmermanns Schmähgedicht gibt es im Internet aber nach wie vor.
Jan Böhmermanns Schmähgedicht über Erdogan: Kommt's überhaupt zur Anklage?
Die Oberstaatsanwältin in Mainz hat den Fall natürlich unter rein juristischen Gesichtspunkten zu bewerten. So kann es sein, dass sie zu dem Schluss kommt, dass sich der Satiriker für seine - zweifellos - bösartigen Zeilen und Geschmacklosigkeiten vor Gericht verantworten muss. Oder dass es gar nicht zu einer Anklage kommt.
Die Mainzer Staatsanwaltschaft muss die Sache Erdogan gegen Böhmermann in zwei Fällen entscheiden. Denn außer einer Strafverfolgung wegen „Majestätsbeleidigung“ geht es auch um eine Anzeige von Erdogan als „normaler Bürger“, der ebenfalls einen Strafantrag wegen Beleidigung gestellt hat.
Grüne: Angela Merkel muss in der Türkei Zeichen für Meinungsfreiheit setzen
Bundeskanzlerin Angela Merkel soll nach Ansicht der Grünen-Fraktion auf ihrer Türkeireise am Wochenende ein Zeichen für Meinungs- und Pressefreiheit setzen. Den Weg für Ermittlungen wegen Beleidigung gegen TV-Moderator Jan Böhmermann frei zu machen, sei ein Signal an Journalisten und Menschenrechtler gewesen, dass Präsident Recep Tayyip Erdogan „selbst in Deutschland in die Pressefreiheit hineinregieren“ könne, sagte Fraktionschef Anton Hofreiter am Montag dem Sender N24. Die Kanzlerin müsse sich daher in der Türkei auch mit Oppositionellen, kritischen Journalisten und Menschenrechtsaktivisten treffen.
„Nur mal nett anzusprechen“, dass Ankara sich an Menschenrechte halten müsse, sei nicht mehr ausreichend, sagte Hofreiter. Merkel reist an diesem Samstag in die Türkei.
js/dpa