" data-id-ctr="{"shelfType": "Link", "shelfName": "standardLink"}">Publizist Jürgen Todenhöfer am Donnerstagabend auf Facebook. "Wir posten es heute gemeinsam hier auf Facebook. DENN WIR SIND GEGEN KRIEG!"
Der Anlass für die Welturaufführung sei die heutige Entscheidung des Bundestags über den Krieg in Syrien. "Aber nicht wirklich um den IS zu bekämpfen", so Jürgen Todenhöfer. "Da gibt es klügere Strategien. Sondern aus Bündnisgründen, Hollande zu Liebe. 14 Jahre lang haben wir mit unseren Bomben nicht einmal die Taliban besiegen können. Beim viel gefährlicheren IS wird die planlose Bombardiererei noch weniger erfolgreich sein", ist sich der 75-Jährige sicher.
"Wir leben im Jahr 2015 – doch unseren Politikern fällt nichts anderes ein als Krieg", fährt Jürgen Todenhöfer fort. "Dazu haben wir sie nicht gewählt. Noch mehr Krieg in Syrien bedeutet: Noch mehr Leid, noch mehr Hass, noch mehr tote Zivilisten, noch mehr Terroristen und noch mehr Flüchtlinge. Deshalb protestieren wir. 14 Jahre Antiterrorkrieg sind genug. NIE MEHR KRIEG!"
"Bitte helft mit, diese Botschaft zu verbreiten", fordert Jürgen Todenhöfer die Facebooker auf - und die gehorchen. Ihr Friedens-Joint-Venture können er und Naidoo bereits nach 17 Stunden als Erfolg verbuchen, denn in der Zeit wurde der Clip schon über zwei Millionen Mal angeklickt und fast 91.000-Mal geteilt (Stand: 4. Dezember 2015).
Jürgen Todenhöfer selbst ist nicht weniger umstritten als Xavier Naidoo. Bei Günther Jauch sprach er über die Terrorgefahr für Deutschland und wie der IS erledigt werden kann.
Das Lied selber kommt gospelartig daher, man erkennt sofort Stimme und Handschrift Naidoos. Der Text des für seine Verschwörungstheorien bereits mit dem Spottpreis "Goldener Aluhhut" ausgezeichneten Musikers dürfte dabei erneut für Diskussionen sorgen - und Schuld daran haben nicht die windschiefen Reime.
Im Refrain heißt es etwa:
"Nie mehr Krieg, nie mehr Krieg.
Wenn wir das nicht sagen dürfen, dann läuft doch etwas schief."
Augenfällig ist die textliche Nähe zu einer der Lieblingsfloskeln vieler Pegida- und AfD-Anhänger: "Das wird man doch wohl noch sagen dürfen." Auch von sogenannten Reichsbürgern, die - wie auch Naidoo - Deutschland nicht als souveränen Staat anerkennen, hört man diesen Spruch oft. Nicht zum ersten Mal scheint Naidoo sich hier in der neurechten Opferrolle zu gefallen. Wieso hat er überhaupt das Gefühl, es werde einem verboten, Frieden zu fordern? Und wer ist dieses "Wir" überhaupt?
"Wer vom Krieg profitiert, ist irritiert,
wenn er seinen Propagandakrieg verliert."
Kriegsprofiteure gibt es auf verschiedenen Seiten. Naidoo, der wie Jürgen Todenhöfer einen Ruf als Amerika-Kritiker hat, bleibt hier absichtlich unscharf und überlässt es dem Hörer, die Lücken - je nach dessen individuellen Welt- und Feindbild - auszufüllen.
Doch am meisten lassen diese beiden Zeilen aufhorchen:
"Muslime tragen den neuen Judenstern, alles Terroristen,
wir haben sie nicht mehr gern."
Die Verbindung zum Holocaust in der Nazizeit scheint hier eine bewusste Provokation zu sein, Sinn ergibt sie jedenfalls nicht. Der Blog Ruhrbarone.de schreibt dazu: So zu tun, als stünden Muslime in Deutschland und im Westen kurz vor einem Genozid, sei "an Dummheit, Dreistigkeit und Bösartigkeit kaum zu überbieten".
Doch dass Naidoo hier in die Nazi-Kiste greift, hinterlässt in seinem Fall einen besonders fahlen Nachgeschmack: In seinem Song "Raus aus dem Reichstag" aus dem Jahr 2009 hatte ihn der Vorwurf des Antisemitismus getroffen. Darin hatte er - offensichtlich mit Blick auf jüdische Banker - gereimt:
"Baron Totschild gibt den Ton an
Und er scheißt auf euch Gockel
Der Schmock is'n Fux und ihr seid nur Trottel"
Das Echo in den Kommentaren ist geteilt. Auch wenn er nun doch nicht zum ESC 2016 nach Stockholm fahren darf - eines dürfte Xavier Naidoo mit dem Song zumindest geschafft haben: Im Gespräch sowie Deutschlands umstrittenster Musiker zu bleiben.
hn