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Wahl in Berlin 2016: Welche Rolle spielt die AfD?

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Von: Anna-Elisa Jakob

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Der Berliner AfD-Spitzenkandidat Georg Pazderski
Der Berliner AfD-Spitzenkandidat Georg Pazderski. © dpa

Berlin - Nach dem Wahlerfolg in Mecklenburg-Vorpommern könnte die AfD auch bei den anstehenden Wahlen in Berlin ein zweistelliges Ergebnis erwarten. Wir erklären, welche Rolle die AfD im Berliner Wahlkampf hat.

Am 18. September wählt Berlin die neue Zusammensetzung des Abgeordnetenhauses sowie der Bezirksverordnetenversammlungen. Die Berliner haben dann die Möglichkeit, ihr Wahlrecht geltend zu machen und für eine neue Regierung in ihrem Bundesland zu stimmen. Hier berichten wir im Live-Ticker über alle Hochrechnungen und Ergebnisse zur Wahl in Berlin.

Eine Partei, die nach deren Wahlerfolgen in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern in diesem Jahr besonders im Fokus der Beobachter liegt, ist dabei die AfD. Vertreten wird sie von Spitzenkandidat Georg Pazderski.

AfD in Berlin: Womit wirbt die Partei in ihrem Wahlprogramm? 

Vorrangige Themen im Wahlprogramm der Berliner AfD sind die Innere Sicherheit sowie die Flüchtlings- und Asylpolitik des Landes. Auch die Bereiche Bildung und mangelnder Wohnraum sollen eine große Rolle spielen.

Im Rahmen einer stärkeren Sicherheitspolitik möchte die AfD 2.000 zusätzliche Polizisten einstellen und diese von Verwaltungsaufgaben zunehmend entlasten. Außerdem soll die Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen sowie andere moderne Techniken verstärkt eingesetzt werden. Unter dem Leitmotto "Null Toleranz" möchte die AfD auch in der Justiz härter durchgreifen. Hier fordert sie beispielsweise, dass bereits Kinder ab zwölf Jahren als strafmündig gelten sollen. 

Im Bereich Integration setzt die AfD das Beherrschen der deutschen Sprache, Achtung der Rechts- und Gesellschaftsordnung sowie der Verdienst des eigenen Lebensunterhalts als Basis für eine Einbürgerung voraus. In Deutschland Lebende müssten die "deutsche Leitkultur" achten. Eine Verweigerung der Integration sollte zu Konsequenzen bis zum Verlust des Aufenthaltsrechts führen. Zudem spricht sich die AfD gegen eine doppelte Staatsbürgerschaft aus und fordert ein grundsätzliches Kopftuchverbot in sämtlichen Bildungseinrichtungen. 

Unter dem Leitspruch "Asylchaos stoppen. Zuwanderung einschränken" widmet sich die AfD auch dem Thema Asylpolitik. In ihrem Wahlprogramm erklärt die Partei, sie halte es für "eine ethisch verantwortungsvollere Entscheidung", Bürgerkriegsflüchtlinge die aktuellen Zustände in ihrer Heimat "abwarten" zu lassen, anstatt durch eine "unbesonnene Einladungspolitik" Anreize für deren Flucht nach Deutschland zu schaffen. Dabei spricht sich die AfD zudem strikt gegen einen Nachzug von Familienmitgliedern der Geflüchteten aus und fordert einen sofortigen Aufnahmestopp von Asylbewerbern in Berlin.

Das Wahlprogramm der Berliner AfD finden Sie hier in vollem Umfang.

Ausgangslage in Berlin: Wie steht das Land vor der Wahl 2016 da?

Berlin wurde im letzten Jahr einem hohen Ansturm an Flüchtlingen ausgesetzt, welcher aufgrund von Personalmissständen und fehlenden Unterbringungsmöglichkeiten zu chaotischen Zuständen geführt hatte. Im Bereich der Inneren Sicherheit ist Berlin faktisch gesehen sicherer geworden, die Zahl der Gewalttaten laut rbb-online.de gesunken. Subjektiv scheinen die Berliner Bürger dies jedoch anders zu bewerten und haben dabei insbesondere Angst vor extremistischen Anschlägen. Auch die steigende Anzahl von Diebstählen und Einbrüchen verunsichert die Bürger zunehmends. Eine Sanierung des Bildungssystems sowie die Wohnungsknappheit und damit verbundene Mietpreissteigerungen sind Themen, die die Berliner besonders belasten.

Hier können Sie lesen, ob in einem vertraulichen Papier die Wahlstrategie der AfD enthüllt wird.

Wahl in Berlin 2016: Was sagen die letzten Umfragen?

Die aktuellste Umfrage zur Berlin-Wahl stammt von der Forschungsgruppe Wahlen und wurde im Auftrag des ZDF ausgeführt (Stand: 15.09.2016). Diese sieht die SPD weiterhin mit 23 Prozent an der Spitze. Die CDU ist mit 18 Prozent zweitstärkste Kraft, die Werte der Grünen sinken auf 15 Prozent. Die Linke liegt momentan bei 14,5 Prozent, die FDP schafft aktuell mit 6,5 Prozent den Einzug in das Abgeordnetenhaus. Die AfD schafft es laut dieser Erhebung aus dem Stand auf 14 Prozent. 

Welche Koalitionsmöglichkeiten könnte es nach der Wahl in Berlin geben?

Die momentan wahrscheinlichste Zusammensetzung einer Koalition nach der Wahl ist die aus SPD und Grüne oder - falls es für diese rechnerisch nicht ausreichen sollte - ein rot-rot-grünes Bündnis. Momentan regiert in Berlin eine rot-schwarze Koalition. Diese möchte Michael Müller (SPD) aufgrund von Uneinigkeiten im Wahlprogramm und im aktuellen Senat laut neuesten Angaben jedoch nicht fortsetzen. Mit der AfD möchte keine der etablierten Parteien koalieren, folglich sind bislang die Aussichten auf eine Position in der Regierung für die Alternative für Deutschland nicht sehr hoch.

Alle Details zu Kandidaten, Umfragen und Koalitionsmöglichkeiten finden Sie in unserer Übersicht zur Berlin-Wahl 2016.

Prognose für die Wahl in Berlin 2016: CDU verliert Russlanddeutsche an AfD

Die Christdemokraten könnten am 18. September vor allem eine wichtige Wählergruppe verlieren: Die Russlanddeutschen, die eine der drei größten Bevölkerungsgruppen mit Migrationshintergrund in Berlin darstellen, hatte in den letzten Jahren immer für die CDU gestimmt. Dies könnte sich bei der anstehenden Wahl zum Abgeordnetenhaus jedoch ändern, wie Umfragen und Politikwissenschaftler prognostizieren. Allem Anschein nach soll der gewaltige Ansturm von Flüchtlingen im letzten Jahr die Russlanddeutschen in Berlin verunsichert und misstrauisch gemacht haben. Auch die Sanktionen gegen Moskau von Seiten der Bundesregierung hätten für viele negative wirtschaftliche Auswirkungen, durch die die persönliche finanzielle Situation gefährdet sei. Diese Gründe treiben die bislang CDU-treuen Russlanddeutschen in die Arme der AfD, da diese sich hier allem Anschein nach in ihren Sicherheitsbedürfnissen besser bestätigt zu fühlen scheinen. Eine ausführliche Recherche hierzu veröffentlichte die Welt.

Die AfD betont in ihrem offiziellen Wahlprogramm zudem die Bedeutung der Russlanddeutschen für Deutschland und fordert, dass die Integrationsmaßnahmen für diese nicht zugunsten von Asylbewerbern eingeschränkt werden. Hieraus geht dementsprechend hervor, dass die AfD gezielt Russlanddeutsche mobilisieren und für sich gewinnen möchte.

Schafft es die AfD in Berlin erneut, Nichtwähler zu mobilisieren?

Bei der letzten Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern ist es der AfD insbesondere gelungen, Nichtwähler zu mobilisieren und damit eine Großzahl an Stimmen für sich zu gewinnen. In Berlin werden am 18. September zudem 70.000 Erstwähler ihre Stimme abgeben. Das könnte für die AfD von Bedeutung sein, da bei der Wahl in Sachsen-Anhalt am Anfang des Jahres vor allem jüngere Bürger ihre Stimme für die Partei abgaben - in Mecklenburg-Vorpommern war die Partei laut einer Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen jedoch vor allem bei über 30-Jährigen erfolgreich. Ob die vielen Jungwähler nun also einen Vorteil für die AfD darstellen, lässt sich zu diesem Zeitpunkt noch schwer prognostizieren.

Vor Berlin-Wahl: So wollen die anderen Parteien gegen die AfD antreten

Die aktuellen Umfragen lassen bislang ein zweistelliges Wahlergebnis der AfD erwarten. Die etablierten Parteien haben hier nach eigenen Angaben unterschiedliche Vorgehensweisen, um die eigenen Wähler am 18. September nicht an die AfD zu verlieren.

Die SPD spricht sich beispielsweise konsequent gegen "Anti-AfD-Plakate" aus und will ihren Wahlkampf ausgesprochen nicht mit einer stets implizierten Haltung gegen die AfD machen. Vielmehr wolle sie die eigenen Ziele der Partei in den Vordergrund stellen und mit deren Zielen werben. 

An dem Wahlkampfverhalten der CDU kritisieren Vertreter der SPD, allen voran Spitzenkandidat Müller, dass diese eine Art Wackelkurs fahren und die Wähler damit verunsichern würden. Die Christdemokraten betonten in ihrem Wahlkampf stets deutlich, dass das Wählen der AfD aus Unzufriedenheit mit der aktuellen Flüchtlingspolitik keine Lösungsalternative sei. Zudem warnen sie davor, dass eine starke AfD eine rot-rot-grüne Regierung hervorbringen würde. Spitzenkandidat Henkel bekräftigt: "Nur eine starke CDU kann eine Regierung mit Grünen und Linken verhindern". 

Die AfD machte bereits in Mecklenburg-Vorpommern der Linken ihren Status als Protestpartei streitig. Dies könnte durchaus auch in Berlin geschehen: Im Zuge der anstehenden Wahl kämpfen Linke und AfD nämlich vor allem im Berliner Osten um Wähler. Hier geht es vorrangig um politisch ungebundene Bürger, die in den meisten Fällen aus sozialer Unzufriedenheit und Protest gegen etablierte Parteien stets die Linke wählten - und nun in der AfD eine Alternative zu dieser sehen. Bereits bei der Europawahl 2014 schnitt die AfD in den Wahlbezirken im Osten Berlins besonders gut ab. Nun bleibt zu erwarten, dass sich dies in der Wahl zum Abgeordnetenhaus fortsetzen könnte.

Welche Bedeutung hat das Ergebnis der AfD in Berlin für die Bundesregierung?

Die Landtagswahlen sind stets auch ein vorsichtiger Indikator für die politische Stimmung auf Bundesebene. Dass die AfD bereits in zwei Bundesländern aus dem Stand über 20 Prozent der Stimmen erhalten hat, führt demnach auch zu Debatten innerhalb der Bundesregierung. Vor allem Kanzlerin Merkel geriet nach der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern in die Kritik, da die von ihr durchgesetzte Flüchtlingspolitik allem Anschein nach viele CDU-Wähler auf die Seite der AfD getrieben haben soll. Während Mecklenburg-Vorpommern mit Merkels ursprünglichem Wahlbezirk eine wichtige Bedeutung für die Kanzlerin selbst hatte, trägt selbstverständlich auch die Wahl in der Bundeshauptstadt Berlin eine starke Symbolkraft für die aktuelle Bundesregierung.

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