Der Leopoldina-Forscher liest dem Politiker im Interview mit der FAZ die Leviten: „Klappe halten, impfen lassen, würde ich ihm raten. Angesicht der offenbar geringfügigen Nebenwirkungen - vielleicht mal einen Tag zu Hause bleiben - und dem großen gesellschaftlichen Mehrwert, halte ich solche Äußerungen einfach nur für dumm.“
Gemeint war Aiwangers öffentlich vorgetragene Befürchtung, die Impfstoffe könnten nicht sicher sein. Doch nicht nur der Niederbayer lässt den Verhaltensökonom der Uni Bonn verzweifeln - um es mal gelinde auszudrücken.
„Ich verstehe bei der Impfverweigerung nicht, wo dieser schon fast religiöse Furor herkommt“, wettert Falk und wirft den Skeptikern direkt Egoismus vor: „Sich nicht impfen zu lassen, hat nichts mit Rationalität zu tun, sondern einfach nur mit Eigennutz. Die Allgemeinheit muss hier zahlen für die Trägheit und die Dummheit der Impfgegner.“
Für den Experten lassen sich Impfverweigerungen sogar vergleichen mit „Schwarzfahren, Steuerhinterziehungen oder andere Formen der Nicht-Kooperation“. Es handele sich um „Trittbrettfahrertum der übelsten Sorte“.
Falk plädiert „für eine Impfverpflichtung. Das Mindeste wäre, den Zugang zu Restaurants, Reisen und Veranstaltungen für Nicht-Geimpfte zu erschweren.“ Ein weiterer Verfechter einer künftigen Zwei-Klassen-Gesellschaft also. Es sei nicht mehr hinnehmbar, dass „im Moment die Kooperativen die Dummen“ seien. Denn die vierte Welle sei längst vorprogrammiert.
Auch mit dieser vor Augen, redet Falk den Zweiflern ins Gewissen: „Ich halte das Impfen für so eine geringfügige Einschränkung, dass es für mich schlicht skandalös ist, dass nicht alle das tun. Es gibt Länder, die wären froh, wenn sie den Impfstoff hätten. Und wir leisten uns diese Luxusfrage, ob es denn möglich ist, vielleicht mal jemanden dazu zu drängen, sich impfen zu lassen.“
Er sei „einigermaßen ratlos und fassungslos über den Mangel an Kooperation“. Erst regelrecht in Rage geredet, dann doch beinahe konsterniert. Doch Falk nimmt nicht nur Aiwanger ins Visier, wenn er die Missstände dieser Monate anprangert.
Nein, alle politischen Entscheider dürfen sich angesprochen fühlen, wenn er poltert: „Ich stehe fassungslos vor diesem Land, das unfähig ist mit dieser Pandemie zurechtzukommen.“ Bezogen ist dieser Satz übrigens auf die reichlich spät gestartete, aber längst noch nicht auf ihrem Höhepunkt angekommene Debatte über Testpflichten für Reiserückkehrer. Aber er könnte auch stellvertretend für viele andere Problemfelder stehen, die in all den Corona-Wellen offenkundig wurden. (mg)