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Ausflugs-Chaos in Bayern: Berge und Seen hoffnungslos überfüllt - Absturz am Wilden Kaiser, Demo in Grainau

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Von: Johannes Welte, Marion Neumann

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Ausflügler mit Rucksäcken machen sich auf dem Weg, im Vordergrund parken Autos.
Ausflügler-Massen in Bayern: An diesem Wochenende war der Andrang besonders groß (Archivbild). © Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Sonne, Ferien und Massen an Ausflüglern: In Bayern drohte nun am Wochenende ein Verkehrschaos durch Ausflügler. Das trat in mehrfacher Hinsicht auch ein.

Update vom 10. August 2020: Das Chaos am Walchensee hat mit dem Ansturm am Samstag nochmal eine neue Qualität bekommen. Der Walchensee wurde überrannt.

Update vom 9. August 2020, 21.55 Uhr: Kaiserwetter an Bayerns Flüssen, Seen und in den Bergen! Am zweiten Ferienwochenende zog es Tausende Münchner raus aufs Land. In der Stadt knackte das Thermometer die 30-Grad-Marke, am Untermain gab es sogar 37 Grad im Schatten! Die Hundstage machen ihrem Ruf gerade alle Ehre – das soll zumindest bis Donnerstag so weitergehen. Kein Wunder, dass die beliebten Ausflugsziele in der Region regelrecht überrannt werden. Doch dagegen regt sich teils heftiger Widerstand.

Urlaub dahoam – seit Wochen herrscht in den Bergen Hochbetrieb. Und das wird vielen Anwohnern jetzt zu bunt! Im Zugspitzdorf Grainau bei Garmisch demonstrierten am Samstagvormittag rund 500 Menschen gegen den drohenden Verkehrs-Kollaps. Unter dem Motto Aus’bremst is! machten sie auf der Zufahrtsstraße zum Eibsee und zur Zugspitz-Seilbahn zwei Stunden lang ihrem Ärger über Staus, Lärm und von Ausflüglern hinterlassenen Abfall Luft. Mitinitiatorin Karina Winkler sagte: „Wir wollen eine Debatte anstoßen. Für die Lösung brauchen wir dann die Politik.“ Das Ziel sei eine Verkehrswende. Zumindest aber sollten Autos schon in Garmisch-Partenkirchen geparkt und die Touristen dann mit Bus oder Bahn weitertransportiert werden.

Wanderer (70) stürzt am Wilden Kaiser 15 Meter in die Tiefe

In Abtenau endete das Hüttenwochenende zweier Ebersbergerinnen (22, 28) in einem Fiasko, als sie auf der Wegscheid Reit Hütte mit einem Gaskocher Teewasser erhitzen wollten. Der vor der Hütte auf einem Holztisch aufgestellte Gaskocher fing laut Angaben der Urlauberinnen plötzlich auf der Unterseite zu brennen an. Löschversuche scheiterten, der Brand griff rasch vom Tisch auf die Almhütte über. Das Holzgebäude brannte völlig nieder. Die genaue Ursache ist Gegenstand polizeilicher Ermittlungen.

Am Wilden Kaiser stürzte ein Wanderer (70) aus Kiefersfelden etwa 15 Meter in die Tiefe, nachdem ihn ein Murnauer (56) zur Seite gedrängt hatte. Der Rentner war mit seiner Frau und einem weiteren Paar unterwegs, als ihm der 56-Jährige an der Naunspitze entgegenkam und die Gruppe laut Polizei zum Ausweichen nötigte. Dabei trat der 70-Jährige auf einen losen Stein, verlor das Gleichgewicht und stürzte ab. Er kam per Heli in die Klinik.

Ein 49-Jähriger aus Eurasburg bei Wolfratshausen ist am gestrigen Sonntag in einem Klettergarten bei Kramsach (Tirol) rund sechs Meter tief gestürzt, als er nicht mehr weiterklettern wollte und von einem Mitarbeiter des Klettergartens abgeseilt wurde. Dabei hatte sich plötzlich ein Seil gelöst. Der Verunglückte wurde schwer verletzt in das Krankenhaus nach Innsbruck geflogen. Die Polizei muss jetzt die genaue Unfallursache ermitteln.

Starnberger See statt Mallorca

Das Paradies der Münchner liegt diesen Sommer nicht in Rimini oder auf Mallorca – sondern am Starnberger See! Die Parkplätze am gleichnamigen Badestrand bei Possenhofen waren schnell hoffnungslos überfüllt. Das gleiche Bild am Wörthsee oder an den Baggerseen im Norden Münchens. Wer klug war, reiste mit dem Radl oder dem MVV an und stürzte sich stressfrei ins Wasser.

Im Strandbad Tegernsee waren die 110 Plätze ständig belegt, die Mitarbeiter mussten Besucher abweisen, um die Abstandsregeln einhalten zu können. Münchens Freibäder waren schon seit Tagen über das Online-System ausgebucht.

Die Flüsse Oberbayerns führten noch Hochwasser. Auf der Amper verunglückte am Samstag eine Frau mit ihrem SUP schwer, als sie an einer Stromschnelle unter Wasser gedrückt wurde. Gestern kenterte auf der Amper ein Boot mit vier Männern, ein Mädchen fiel aus einem weiteren Boot. Bei Lenggries auf der Isar sowie bei Altenmark auf der Alz kenterten ebenfalls zwei Schlauchboote. Alle elf Insassen wurden unverletzt geborgen. Johannes Welte

Update vom 2. August 2020, 20.43 Uhr: Dreißig Grad und es wurde noch heißer – am Samstag hieß es somit an vielen Ausflugsorten: Wir sind dicht. Und wer nicht vor 10 Uhr Vormittag am Zielort war, durfte erst mal endlose Runden mit dem Auto am Parkplatz drehen. Die Polizeipräsidien hatten rigorose Kontrollen angekündigt, um hier Verstöße zu ahnden. Simon Mandrysch vom Polizeipräsidium Oberbayern Süd in Rosenheim in einer ersten Bilanz dazu: „Die Situation war nicht allzu gravierend. Wir hatten nicht mehr Einsätze, vielleicht war es manchen auch einfach zu heiß.“

Und es wurde auch, bevor das Chaos ausbrach, gehandelt. So wie an Deutschlands höchstem Berg, der Zugspitze. Viele empfanden bereits am frühen Morgen Lust auf einen Gipfelsturm. Touristen, zum Teil in Sneakers, standen Schlange, ehe sie am Kreuz ein Selfie machen konnten. Und auf der Aussichtsplattform gab es keinen Millimeter Platz mehr. Der Ansturm auf die Talstation, der mit einem ähnlichen Andrang auf den benachbarten Eibsee einherging, ließ die Stellflächen schnell voll werden. Wildparker machten sich breit. Die Behörden sperrten deshalb die Staatsstraße ab Grainau, Touristen wurden zurückgeschickt.

Walchensee: „Land unter am Walchensee und totales Chaos am Südufer“

Zur selben Zeit stauten sich vor Kochel die Autos in Richtung Walchensee (Kreis Bad Tölz-Wolfratshausen) noch immer. „Überall Menschen, Autos, Radler und Wohnmobile“, meldete dort die Wasserwacht. Es herrsche sozusagen „Land unter am Walchensee und totales Chaos am Südufer“. Am See selbst sei es relativ ruhig gewesen. Am Nachmittag dann der Ausflugs-Gau: Forst-Revierleiter Hans Bierling, der für die Mautstraße Jachenau-Einsiedl zuständig ist, berichtete, dass das Südufer und wohl auch der ganze Walchensee-Bereich „verkehrs- und erholungsmäßig total überlastet war“. Keine schönen Aussichten für die Heimreise.

Der Boom von Wohnmobilreisen macht sich zudem immer mehr vor Ort bemerkbar. Im südlichen Allgäu gibt es nach Angaben der Polizei zunehmend wilde Camper. „Die Leute parken halt irgendwo über Nacht, wo es schön ist“, sagte der Polizeisprecher in Kempten. Und das sei manchmal mitten im Naturschutzgebiet.

In die Ausflugsstimmung mischte sich auch Trauer: Am Riegsee starb eine 82-Jährige beim Baden. Eine weitere Frau (71) kam im Haslacher See bei Bernbeuren (Kreis Weilheim-Schongau) ums Leben. - chs, ast, db, cla, mc

Polizei wappnet sich für Ausflugs-Chaos am Wochenende in Bayern

Update vom 31. Juli 2020, 21.30 Uhr: Nicht nur die Polizei wappnet sich auf den Ansturm der Massen. Auch die Ausflügler selbst seien gefragt. Die Polizei rät dazu, den öffentlichen Nahverkehr zu nutzen oder Fahrgemeinschaften zu bilden. „Und man sollte sich bei der Anfahrt die Frage stellen: Muss ich immer auf den nächstgelegenen Wanderparkplatz?“, sagt eine Sprecherin. Über Alternativen zu überlaufenen Zielen sollten die Ausflügler vor der Abfahrt ebenfalls nachdenken.

Bei Garmisch-Partenkirchen strömten bereits am Samstagvormittag Touristen-Massen zur Zugspitze. Die Behörden reagierten und sperrten die Staatsstraße.

Das Miesbacher Landratsamt verzeichnet zudem immer mehr Fälle von illegalem Wildcampen außerhalb ausgewiesener Campingplätze. Allein in einer Nacht sei man bei stichprobenartigen Kontrollen auf über zehn Wildcamper gestoßen. Gerade für die Wildtiere sei das aber ein Problem. Sie brauchen ruhige Dämmerungsstunden für die Nahrungssuche, mahnt Florian Bossert, Gebietsbetreuer für das Mangfallgebirge. Das Landratsamt will vorerst weiter auf Aufklärung setzen, behält sich aber vor, die Verstöße mittelfristig auch zu ahnden. Wie genau die Verstöße sanktioniert werden können, ist aber noch unklar. (mas)

Ausflügler-Massen in Bayern: Erreicht Verkehrschaos nun am Wochenende neue Dimension? Polizei rüstet sich

Erstmeldung vom 31. Juli 2020, 11.29 Uhr: München - Am Wochenende wird es voll werden auf Bayerns Straßen. Aufgrund der Corona-Lage entscheiden sich viele Einheimische für einen Ausflug in der Region - und auch Urlauber strömen nun in den Sommerferien zu den schönsten Ausflugszielen im Freistaat. Auch die Wetter-Prognose lädt zu einem Trip ins Grüne und an die bayerischen Seen ein.

Die Polizei in Südbayern will für ein drohendes Verkehrschaos gerüstet sein und kündigt an, am Wochenende an Ausflugsorten verstärkt gegen Wildparker vorzugehen. Mit Hilfe der Bereitschaftspolizei seien an touristischen Hotspots wie dem Walchensee oder der Region Oberstdorf zusätzliche Kontrollen geplant, kündigten die Polizeipräsidien Oberbayern Süd und Schwaben Süd/West am Freitag an. So wolle man ein „Verkehrschaos“ verhindern.

Ausflügler-Massen am Wochenende: Erreicht Verkehrschaos in Bayern nun neue Dimension? Polizei rüstet sich

„Es sind in den Ferien schon immer viele Touristen nach Oberbayern gekommen“, sagte eine Polizeisprecherin. „Wir hatten in den letzten Wochen aber ein noch stärkeres Verkehrsaufkommen.“ Oft seien dabei Zufahrtsstraßen zu Parkplätzen und Rettungswege durch Wildparker versperrt worden. Darauf reagiere man nun, sagte die Sprecherin. Das sei aber nur mit Hilfe der Bereitschaftspolizei möglich: „Allein könnten wir das personell nicht stemmen.“

An Ausflügler richtet die Polizei einen dringenden Appell: Geparkt werden dürfe nur auf ausgewiesenen Parkplätzen und Parkflächen. Wiesen und Wälder, die nicht explizit als Parkplätze ausgewiesen seien, wären nicht geeignet. Unbedingt freizuhalten seien Rettungswege. „Achten Sie beim Parken am Fahrbahnrand auf eine ausreichende Fahrbahnbreite für größere Einsatz- und Rettungsfahrzeuge“, ergänzt die Polizei zudem in einer Pressemitteilung. Wünschenswert sei außerdem die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel sowie die Bildung von Fahrgemeinschaften.

Bayern: Verkehrschaos durch Ausflügler-Massen: Polizei hat noch einen weiteren Ratschlag

Sollte es dennoch zu großen Anstürmen und Verkehrschaos kommen, hat die Polizei noch einen weiteren Ratschlag an alle Ausflügler. „Überlegen Sie sich vor Fahrtantritt einen ,Plan B‘, also ein alternatives Ausflugsziel“, heißt es in der Mitteilung weiter. Als Tipp wird dabei der „Ausflugs-Ticker“ für die Region Oberbayern genannt. (nema mit dpa)

Da der Trubel zu groß wurde, soll ein Zugang zu einem bayerischen Instagram-Hotspot gesperrt werden - es gab dort bereits Todesfälle. Auch an einem anderen See in Oberbayern häufen sich die Probleme* - und die Polizei erntet nur Gelächter.

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