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Warb Söder mit falschen Corona-Zahlen? Bayern-Zoff schwelt weiter - LGL-Präsident nimmt ausführlich Stellung

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Von: Thomas Eldersch

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Markus Söder und Klaus Holetschek
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und Gesundheitsminister Klaus Holetschek. © Peter Kneffel/dpa/Archivbild

Um die Erhebung der Inzidenzen von Geimpften und Ungeimpften wird in Bayern weiter gestritten. Das LGL und der Gesundheitsminister verteidigen sich.

Update, 6. Dezember, 16.58 Uhr: Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) und das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) haben den Vorwurf der FDP (siehe Update unten) entschieden zurückgewiesen, die Öffentlichkeit mit verzerrten Corona-Zahlen zu täuschen. Es handle sich keinesfalls um eine Täuschung, sondern um eine fachliche Frage, über die man aber streiten und diskutieren könne, sagte Holetschek am Montag in München. LGL-Präsident Walter Jonas verteidigte erneut das Vorgehen seiner Behörde.

Zoff um Corona-Inzidenzen in Bayern: LGL und Holetschek verteidigen Vorgehen

Jonas erklärte, aus fachlicher Perspektive sei das LGL nach wie vor der Auffassung, dass es richtig sei, die Fälle mit unbekanntem Impfstatus den Ungeimpften zuzurechnen - man wisse aus der Vergangenheit, dass man mit dieser Methode „deutlich näher“ an der tatsächlichen Zahl der Fälle sei als wenn man umgekehrt handeln würde. Dennoch werde man mit den anderen Bundesländern abstimmen, wie man mit der Problematik des zunehmenden Meldeverzugs umgehe und wie man die Angaben zum Impfstatus entsprechend bereinigen könne.

Holetschek betonte, entscheidend für die Corona-Maßnahmen seien immer die Belegung der Intensivbetten beziehungsweise die sogenannte Hospitalisierungsinzidenz sowie die allgemeine Sieben-Tage-Inzidenz (bei der Hotspot-Regelung). Und es sei nun einmal drängend, Klinken zu entlasten - deshalb seien die beschlossenen Maßnahmen notwendig. Er hoffe, dass sich die FDP nicht von anderen instrumentalisieren lasse, die eine „andere Agenda“ hätten, fügte Holetschek hinzu.

Update, 6. Dezember, 12.45 Uhr: Der Streit um die Inzidenzzahlen des LGL nimmt nicht ab. Die Landtags-FDP wirft der Staatsregierung und dem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit eine Täuschung der Öffentlichkeit mit verzerrten Corona-Zahlen vor und fordert personelle Konsequenzen. „Persönlichkeiten in führenden Ämtern, die die Bürger täuschen, sind nicht länger tragbar“, sagte FDP-Fraktionschef Martin Hagen am Montag in München. Zu klären sei nun, wer dafür verantwortlich sei und wer alles davon gewusst habe.

Als Konsequenz forderte Hagen eine Erfassung des Impfstatus bei sämtlichen PCR-Tests und ein Aussetzen der ab Mittwoch geltenden 2G-Regel im Handel. Die These, dass ein ungetesteter Geimpfter ungefährlicher sei als ein getesteter Ungeimpfter, müsse noch einmal neu überprüft werden. Und auch die Impfpflicht-Debatte müsse im Lichte der neuen Erkenntnisse noch einmal verändert geführt werden.

„Es geht uns nicht darum, dass Leute sich nicht impfen lassen, ganz im Gegenteil“, betonte Hagen. Es gebe weiterhin genügend gute Gründe für die Impfung. Gerade deshalb sei es so fatal, wenn die Staatsregierung mit verzerrten Zahlen ihre Glaubwürdigkeit verspiele.

Update, 5. Dezember, 15.31 Uhr: Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) weist in einer aktuellen Pressemitteilung die in einem Welt-Bericht aufgeworfenen Vorwürfe, Daten zur Inzidenz der Geimpften bzw. Ungeimpften nicht korrekt veröffentlicht zu haben, entschieden zurück.

LGL weist Vorwürfe zu Inzidenzrechnung für Ungeimpfte entschieden zurück

Der Präsident des LGL, Walter Jonas, versicherte am Sonntag: „Dieser Vorwurf ist absolut abwegig. In allen unseren Veröffentlichungen des LGL und auf unserer Homepage weisen wir sowohl auf unsere Berechnungsgrundlagen als auch auf Limitationen der Werte, mit denen wir arbeiten können, hin. Die Transparenz ist zu jeder Zeit gegeben, auch verschiedene Medien haben darüber schon Mitte Oktober berichtet.“

Jonas weiter: „Wir haben uns entschieden, die Fälle ohne Angaben zum Impfstatus zunächst zu den Ungeimpften zu zählen. Denn es hat sich herausgestellt, dass diese – nach später vorliegenden Daten – in der weit überwiegenden Anzahl der Fälle ungeimpft waren. Ein bloßes Weglassen der fehlenden Werte hätte zu völlig falschen Inzidenzverhältnissen geführt.“

Dennoch bleibt die Kritik groß. Die Stellungnahme des LGL bezeichnete etwa der FDP-Landtagsabgeordnete Matthias Fischbach als „fadenscheinig“. Es sei „inakzeptabel“, dass nicht offen kommuniziert werde, wie groß der Anteil der Menschen mit unklarem Impfstatus sei.

Ursprünglicher Artikel vom 3. Dezember: München - Die Corona-Situation in Bayern ist angespannt und die Intensivstationen sind am Limit. Darüber lässt sich kaum streiten. Über die Aussage des Ministerpräsidenten Markus Söder, die er Ende November tätigte, dass es einen „direkten Zusammenhang von niedrigen Impfquoten und hohen Infektionsraten gibt“, sollte aber noch einmal diskutiert werden. Anscheinend ging der Landeschef von falschen Inzidenz-Zahlen aus.

Inzidenz-Bestimmung des LGL: Menschen mit unbekanntem Impfstatus gelten als ungeimpft

Am 18. November setzte der CSU-Chef einen Post auf Twitter ab, in dem er schrieb: „Leider nehmen die Corona-Infektionen gerade bei Ungeimpften dramatisch zu. Es gibt einen direkten Zusammenhang von niedrigen Impfquoten und hohen Infektionsraten. Lassen Sie sich daher bitte impfen. Nur Impfen hilft.“ Grundsätzlich hatte Söder mit der Aussage „nur Impfen hilft“ recht, aber die Zahlen, die er dafür als Grundlage nahm, stimmten so nicht ganz.

Die Grundlage seiner Behauptung, dass der große Unterschied zwischen der Inzidenz der Ungeimpften und der Geimpften für die hohen Infektionsraten verantwortlich ist, kann nur bedingt bestätigt werden. Denn es gibt ein Problem bei der Datenerhebung der Inzidenz* durch das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL). Wie Welt-Recherchen ergaben, werden vom LGL auch Menschen als Ungeimpft eingestuft, deren Impfstatus unbekannt ist. Am Beispiel des 24. Novembers würde das bedeuten. Von den 81.782 gemeldeten Corona-Fällen waren 9641 vollständig geimpft. 14.652 hingegen ungeimpft. Bei 57.489 Menschen war der Impfstatus unbekannt. Sie wurden aber als ungeimpft in die Statistik aufgenommen.

FDP-Fraktionschef Hagen will eine „rückhaltlose Aufklärung“

Eine Zählweise, die auch in Hamburg zum Einsatz kommt. Dies bestätigte ein Sprecher des Senats der Welt. Für den Fraktionschef der bayerischen FDP, Martin Hagen, kaum nachvollziehbar. Er fordert jetzt eine „rückhaltlose Aufklärung“. Er sagte der Welt: „Der Verdacht, dass staatliche Behörden der Öffentlichkeit mit verzerrten Statistiken bewusst ein falsches Bild vermitteln, wiegt schwer.“ Und an den CSU-Chef gewandt, fragt er: „Wusste Söder, dass die Zahlen, mit denen er seine Politik begründet, manipuliert sind?“

Einen realistischeren Vergleich der Inzidenzen von Geimpften und Ungeimpften kann man anhand der Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI) ziehen. Hier werden alle Menschen, deren Impfstatus nicht bekannt ist oder die nur teilweise geimpft sind, herausgerechnet. Betrachtet werden hier allerdings nur Menschen mit Symptomen. Da die Impfung nicht zu 100 Prozent gegen das Virus schützt, hat das RKI die Impfeffektivität in verschiedenen Altersgruppen über vier Wochen hinweg analysiert. Daraus geht hervor, dass 12 bis 17-Jährige zu 90 Prozent nach einer Impfung vor dem Virus geschützt sind. Bei 18 bis 59-Jährigen beträgt der Schutz etwa 67 Prozent. Und bei den über 60-Jährigen liegt er bei 66 Prozent. (tel)

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