Feuerwehren müssen deswegen immer öfter ausrücken: Kaputte Akkus sind brandgefährlich

Fast jeder hat sie, kaum einer kennt sie: Lithium-Akkus. Sie versorgen zum Beispiel Handys und Tablets, aber auch E-Scooter mit Energie – und bescheren den Feuerwehren überall in Oberbayern immer mehr Einsätze.
München – Durch die Energiewende und den Ausbau der Elektromobilität sind große Energiespeicher gefragt und im Alltag überall zu finden. Bei Feuerwehren in Oberbayern stehen Lithium-Ionen-Akkus im Brennpunkt. „Das Thema beschäftigt gerade alle“, weiß Björn Maiworm. Der Münchner Branddirektor ist Fachmann für den Umgang mit entzündlichen Batterien. Bei einer zweitägigen Dienstversammlung für die oberbayerischen Feuerwehr-Führungskräfte erklärte er die Risiken.
Die wenigsten Menschen wissen, welche Gefahren im Alltag durch Akkus lauern, betont Maiworm. Erst kürzlich stand eine Wohnung in einem Münchner Mehrfamilienhaus in Flammen. Dort hatte sich der Akku eines E-Scooters entzündet, 93 Menschen flüchteten ins Freie, zehn Bewohner wurden wegen Rauchgasvergiftungen behandelt. Die Berufsfeuerwehr löschte den Brand.
Galaxy Note 7 wird eingestuft wie Dynamit
„Ein E-Scooter kann brennen, wenn es zum Beispiel durch einen Stoß zu einem technischen Defekt kommt“, erklärt der 39-jährige Diplom-Physiker Maiworm. Das könne genau so gut mit Fahrrad- oder Modellflugzeugbatterien passieren, mit Heimspeichern für Fotovoltaik oder mit Mobiltelefonen. „In vielen Berghütten darf man Handys aus Sicherheitsgründen schon nicht mehr laden“, berichtet er. Diverse Vorfälle mit dem Smartphone Galaxy Note 7 führten in der Vergangenheit sogar zum Verbot in Flugzeugen. Amerikanische Flughäfen stuften diese Handyreihe nach mehreren Batterie-Bränden ein wie Dynamit.

Im Prinzip kann sich ein Energiespeicher mit Lithium leicht entzünden – durch Hitze, Überladung oder einen starken Stoß. Dennoch will Maiworm die Lithium-Akkus nicht per se als potenziell gefährlich einstufen. „Man darf die neue Technik nicht verteufeln“, betont er. Entscheidend sei der pflegliche Umgang. So stelle etwa der Akku eines E-Bikes erst dann eine Gefahr dar, wenn er zum Beispiel Frost abbekommen habe. Er muss dann vorsichtig und unter Aufsicht geladen werden. Das gelte auch für Handy- oder Fahrzeugakkus, die runtergefallen sind oder heiß wurden. Werden die Geräte während des Ladens extrem heiß, sollte man sie umgehend ins Freie bringen, rät der Experte.
Branddirektor: „Während ich schlafe, würde ich niemals etwas aufladen“
Kommt es dennoch zu einem Brand, gibt es laut Maiworm nur eines: „Mittel der Wahl ist Wasser.“ Unter Umständen könne es etwas länger dauern, bis beispielsweise eine Fahrzeugbatterie gelöscht sei. Den oberbayerischen Feuerwehr-Führungskräften riet er, nach einer erfolgreichen Brandbekämpfung zunächst eine Wärmebildkamera einzusetzen, um die Wärmeentwicklung des Lithium-Ionen-Speichermediums zu überwachen. Diese Taktik soll eine Brand- oder Rauchausbreitung verhindern.
Auch böse Überraschungen beim Laden von Handys oder Fahrzeugakkus lassen sich nach Ansicht des Branddirektors vermeiden. Er hält es für bedenklich, das Laden auf die Nacht zu verschieben. „Während ich schlafe, würde ich niemals etwas aufladen“, betont er und ergänzt: „Schon gar nicht unterschiedliche Geräte an ein und demselben Mehrfachstecker.“ Maiworm rät grundsätzlich dazu, elektrische Geräte auszustecken, wenn sie nicht gebraucht werden. Erst vor einer Woche sind nach einem Brand in einem Freisinger Wohnhaus zwei junge Männer ums Leben gekommen. Ein defektes Küchengerät hatte in den frühen Morgenstunden das Feuer ausgelöst – sie hatten den Brand zu spät bemerkt.
CORINNA KATTENBECK
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