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Historisch verregneter Mai sorgt wohl für große Sommer-Plage in Bayern: „Sehr heftiges Jahr“ 

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Von: Dominik Stallein

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Ein Mückenschwarm am späten Abend über einem Baum im brandenburgischen Jacobsdorf (Oder-Spree)
Mückenschwärme: Der nasse Mai war ein Wonnemonat für die Blutsauger. © Patrick Pleul/dpa

Der Frühling ist ins Wasser gefallen. Landwirte, Seeanwohner und Imker leiden unter Nässe und Regen, andere freuen sich – Schnecken zum Beispiel.

München – Der Mai war ungewöhnlich verregnet*: Über 130 Prozent des üblichen Niederschlags gab es im vermeintlichen Wonnemonat. Von Urlaubsstimmung ist noch keine Spur. Das nasskalte Wetter hat Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. Ein Überblick:

Die Bienen meiden das Regenwetter

Der Bienenfranz schiebt gerade Extra-Schichten. „Bislang ist es ein verlorenes Jahr“, sagt Franz Höcker, Chef des Imkerverbands Garmisch-Partenkirchen*. „Ich rechne damit, dass der Honig knapp wird.“ 100 Völker hat Höcker, der als „Bienenfranz“ im Nebenerwerb Honig verkauft. Zu jedem Volk gehören 30.000 Arbeitsbienen. Und so viele Münder kriegen die Bienen im Moment nicht gestopft. Das Wetter sorgt für Überstunden bei Höcker. „Eigentlich sind die Bienen im Frühling, gerade in den vergangenen Wochen, gut versorgt. Im Moment müssen wir selbst zufüttern“, sagt er. Honig oder Zuckerwasser bekommen die Tiere. Das ist nötig, weil es den Bienen in den vergangenen Wochen zu kalt für ausgiebige Ausflüge war.

Die Blüte von Löwenzahn und Raps sei eigentlich bereits dran gewesen – die erste „Tracht“ des Jahres, wie Imker die Vollblüte samt Pollen- und Nektarbildung nennen. „Das Ergebnis ist äußerst mau“, sagt Höcker. Derzeit warten die Imker auf die zweite Tracht, wenn Linden und Klee blühen. „Dafür wäre es wichtig, dass es mal mehrere Tage am Stück wärmer wird. Bleibt es so nass und kalt, wird die Ausbeute nicht besser werden.“ Mehrere Sonnentage am Stück bräuchten die Tiere, um Vorräte zu finden und Stück für Stück in den Stock zu bringen. Die Hoffnung gibt der Bienenfranz nicht auf: „Die zweite Jahreshälfte kann eigentlich nur besser werden.“ 

Video: Erst Lockdown, jetzt Regen

Die Gärten sind grün, die Schnecken bereit

Für Menschen „ist so viel Regen nicht schön“, sagt Friederike Mugele, Kreisvorsitzende im Gartenbauverband Ebersberg*. Sie selbst freut sich über den nassen Mai: „Alles wächst momentan ganz immens. Überall sieht man Grün, das ist doch wunderbar.“ Wer im Garten mit viel Unkraut wie Löwenzahn zu kämpfen hat, profitiert davon, „dass die Pflanzen im Moment so sprießen und dass man sie ganz leicht entdecken und entfernen kann“, sagt die Gärtnerin. 

Rundum glücklich ist Mugele aber nicht: „Für Insekten und Bienen ist es zu kalt gewesen. Vielleicht werden Obst-Bäume deshalb nicht so stark bestäubt.“ Mugele erwartet wegen des Wetters „eine Schneckenplage“. Sie kennt zwei Kniffe, mit denen man die gefräßigen Weichtiere von den Salatköpfen fernhält. „Man kann entweder Gewächse um das Beet herum pflanzen, die Schnecken abhalten.“ Dazu zählen geruchsintensive Kräuter wie Kamille, Rosmarin oder Lavendel. Oder man macht das genaue Gegenteil und „setzt Pflanzen, die Schnecken besonders gerne mögen und hält sie damit vom Beet selbst fern“. Studentenblumen beispielsweise stehen bei Schnecken hoch im Kurs. Sie selbst setzt in ihrem Garten in Baldham bei der Schneckenbekämpfung auf die Natur: „Ich freue mich über Weinbergschnecken – die fressen die Eier von Nacktschnecken auf.“ 

Wonnemonat für Mückennachwuchs

Rainer Jünger vom Verein „Mückenplage, nein Danke“ am Ammersee hat eine böse Vorahnung: „Die Mückenbelastung scheint in diesem Jahr relativ schlimm zu sein.“ Einige Proben am Ammersee in Eching und Herrsching haben „einen massiven Larvenbefall“ nachgewiesen. „Es gibt viele Brutstätten“, sagt Rainer Jünger, der in Schondorf lebt. Der Grund ist heuer ungewöhnlich: Üblicherweise fördert ein hoher Wasserpegel am See die Larvenbildung. „Heuer scheint es so, dass der Regen dazu geführt hat, dass Mücken in Tümpeln und Pfützen entstehen können.“ Auch wenn die Pfützen austrocknen, wird das Problem nicht verschwinden. „Da müsste es knalleheiß und staubtrocken sein“, sagt Jünger. „Es wird wieder ein sehr heftiges Jahr.“ 

Landwirte leiden unter Niedrigtemperaturen

Der Frühlingsregen ist für die Landwirte kein Problem. Die niedrigen Temperaturen dafür umso mehr. Wie Markus Drexler, Pressesprecher des Bayerischen Bauernverbandes, erklärt, sei die Kälte schuld daran, dass das Wachstum einiger Pflanzen verzögert ist. Der Raps „kommt erst jetzt, Ende Mai, in die Vollblüte“. Üblicherweise beginnt die gelbe Pracht schon im April.

Was die Bauern sich nun wünschen, sind warme Wochen: „Wintergetreide wie Weizen oder Dinkel kann das Wasser gut in Wachstum umsetzen“, sagt Drexler, die Kälte wirft die Pflanzen in der Entwicklung zurück. „Sobald die Ähren da sind und die Blüte beginnt, brauchen die Kulturen mehr Wärme“, um Korn zu bilden. Kartoffeln und Mais leiden ebenfalls unter der Kälte. Die gärtnerischen Kulturen – wie Salat, Kohlrabi, Zwiebeln und Gemüse – seien zwei Wochen im Rückstand.

Auch für süße Erdbeeren braucht es Sonne: „Das Fehlen von Sonnenschein führt dazu, dass das Aroma fehlt“, erklärt Drexler. Spargel wächst durch die Kälte nur sehr langsam. Die Landwirte müssen die Felder abdecken, um die Ernte zu retten, „sonst würde es momentan gar keinen Spargel geben“, so der Pressesprecher. 

Bestes Waldwetter lässt Bäume sprießen

Beim Waldspaziergang gibt es im Moment viel Grün zu sehen. „Um es auf den Punkt zu bringen: Der Mai hat bestes Waldwetter geboten“, sagt Wilhelm Seerieder, Chef der Bayerischen Staatsforsten in München*. „Der Niederschlag ist für den Wald wichtig und gut“, vor allem deshalb, „weil es in den vergangenen Jahren eher zu wenig davon gegeben hat“. Der regnerische Mai kann die Bäume aber nicht allzu lange versorgen. Je nachdem, wie dick der Waldboden ist, kann er Wasser speichern. „In Freising zum Beispiel, wo der Boden zwei, drei Meter mächtig ist, bleibt das Regenwasser lange gespeichert“, erklärt Seerieder. Im Münchner Boden, „einen halben Meter breit und darunter Kies“, versickert das Wasser dagegen ziemlich schnell. Selbst wenn die Böden heute voll sind – „wenn es nicht mehr regnet, ist der Münchner Speicher in drei Wochen leer und der Wasserstress geht wieder los“.

Ein Schädling könnte durch den Mai-Regen ausgebremst werden. „Das Frühjahr war für die Borkenkäferentwicklung eher negativ. Durch Kälte und Nässe konnte er nicht so früh ausschwärmen wie sonst.“ Üblicherweise nistet sich der hartnäckige Schädling Mitte April ein. „Er ist einen Monat hinterher“, sagt Seerieder. Für Waldbesitzer eine gute Nachricht. „Wenn der Sommer nicht extrem wird, gehe ich davon aus, dass die Käfer nicht genug Zeit für eine dritte Generation haben“, sagt er. Und auch wenn der Käfer ausschwärmt, hilft der nasse Mai: „Durch den wasserreichen Boden sind die Bäume widerstandsfähiger als in den vergangenen Jahren“, sagt Seerieder. *Merkur.de/bayern ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA

Jetzt scheint es ja endlich mit den Temperaturen bergauf zu gehen. In München wappnet man sich schon für einen Ansturm auf die Biergärten.

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