Bayrische Polizisten bei Grenzkontrolle: Grünen gehen vor Gericht

Dürfen bayerische Polizisten an der österreichischen Grenze Reisende kontrollieren? Die Grünen im Landtag sagen Nein und klagen vorm Verfassungsgericht – das bayerische Innenministerium nennt die Kontrollen dagegen rechtens und unverzichtbar.
München – Papiere bitte: Seit Juli 2018 ist die sogenannte Bayerische Grenzpolizei im Dienst. Ihre Aufgaben: Grenzkontrollen, Grenzüberwachung, Grenzfahndung und „die Abwehr von Gefahren, die die Sicherheit der Grenzen beeinträchtigen“ – so regelt es das bayerische Polizeiorganisationsgesetz (POG), Artikel 5 vom 1. August 2018.
Lesen Sie dazu auch: Fall für Verfassungsgerichtshof? Grüne klagen gegen Bayerns Grenzpolizei
So geht’s aber nicht, sagt Katharina Schulze, Fraktionschefin der Grünen im Landtag, am Montag in einer Pressekonferenz: „Grenzschutz ist Bundessache, und das bayerische Polizeiorganisationsgesetz ist verfassungswidrig.“
Eine Unterschrift fehlt noch
Die Grünen wollen deshalb Klage beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof einreichen: gegen besagten Artikel 5 des POG sowie gegen Artikel 29 des Polizeiaufgabengesetzes über Befugnisse der Grenzkontrolle. Eigentlich sollte die Klage am Montag auf den Weg gehen, es fehlte aber die Unterschrift einer erkrankten Prozessvertreterin.
Bewachte Grenzen seien „Symbol der Kleinstaaterei und der Abschottung“, kritisiert Katharina Schulze: „Die Landesregierung sollte Europa ernst nehmen und die Grenzpolizei abschaffen“, sagt sie. „Wir wollen ein Europa ohne Schlagbäume, darum klagen wir.“ Unterstützung haben die Grünen von dem Regensburger Juristen Thorsten Kingreen, der ein Gutachten erstellte. „Die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes ist eindeutig“, sagt er.
„Kurioser“ Auftakt - Erinnerungen an Helgoland
Schon der Start der Grenzpolizei sei „kurios“ gewesen, wundert sich Kingreen: Am 18. Juli habe Innenminister Joachim Herrmann (CSU) das Verfahren feierlich in Passau eröffnet – obwohl der entsprechende Artikel 5 erst im August in Kraft getreten sei.
Staats- und Europarechtler Kingreen zitiert das Bundesverfassungsgericht: Für die Sicherung der Bundesgrenzen sei ausschließlich die Bundesrepublik und also die Bundespolizei zuständig. Eine Übertragung der Kompetenzen habe es nur ein einziges Mal gegeben: an Helgoland.
Vielleicht interessiert Sie auch das: Bayerns unterschätzte Verbrecherjäger: Unterwegs mit den Schleierfahndern
An Bayern werde der Bund die Befugnisse „natürlich“ nicht übertragen, weil er damit nicht nur Teile, sondern die ganze Kontrolle abgeben müsse. Das Ende der Grenzposten in der EU laut Schengener Abkommen sei im Übrigen „ein später Sieg der Freizügigkeit“.
Innenministerium sieht sich im Recht
Das Innenministerium weist die Kritik zurück. Die Grenzkontrollen bayerischer Polizisten seien „verfassungs- und europarechtlich einwandfrei“ dank Öffnungsklauseln im Bundespolizeigesetz, erklärt Innenminister Herrmann. Das gegenläufige Gutachten Kingreens sei „nicht nachvollziehbar“.
„12 500 Straftaten, Verkehrsdelikte und Fahndungstreffer“ hätten die Grenzpolizisten seit Juli 2018 festgestellt – laut Herrmann klarer Beleg für die Unverzichtbarkeit der Kontrollen, eingeführt nach der Zunahme der Flüchtlingszahlen 2015.
Kritik an den Grünen
Den Grünen wirft er „Nörgelei“ und „ungehörige Stimmungsmache“ vor: Ihnen wäre es wohl am liebsten, so Herrmann, Bayerns Polizei ließe „international agierende Kriminelle einfach vorbeiziehen“. Er warnt: Die Abschaffung der Grenzpolizei wäre „ein großer sicherheitspolitischer Fehler“.
Katharina Schulze betont, ihr gehe es ums Gesetz. Sie freue sich über mehr Personal für die Polizei – aber über Bayern verteilt, nicht an den Grenzen. Sie hofft, dass es noch in diesem Jahr zu einer ersten mündlichen Verhandlung am Verfassungsgericht kommt.
Thomas Stillbauer