Sachenbacher-Stehle: „Bin mir vorgekommen wie ein Schwerverbrecher“

Fischen - Wie fühlt sich ein Spitzensportler wenn die Doping-Probe positiv ist? Evi Sachenbacher-Stehle spricht nach knapp drei Jahren erstmals im TV über ihre Zeit während und nach den Dopingvorwürfen.
Es ist der 17. Februar 2014, der die Sportlerkarriere und das Leben von Spitzensportlerin Evi Sachenbacher-Stehle grundlegend verändern wird: Beim Biathlon-Olympiamassenstart im Russischen Sotschi belegte sie den vierten Platz. Nach dem Rennen musste sie zur Dopingkontrolle. Die abgegebene Probe war positiv. Es fanden sich Spuren von Methylhexanamin in A- und B-Probe. Sachenbacher-Stehle wurde aus dem deutschen Olympiateam geworfen. Die Internationale Biathlon-Union IBU sperrte die Sportlerin für zwei Jahre.
Das wollte die gebürtige Traunsteinerin, die jetzt zusammen mit ihrem Mann, dem alpinen Skirennläufer Johannes Stehle und ihrer gemeinsamen Tochter in Fischen im Oberallgäu lebt, nicht auf sich sitzen lassen. Sie legte Einspruch ein und bestritt bewusstes Doping. Sie gab an, die Substanz unbewusst über ein verunreinigtes Teepulver zu sich genommen zu haben. Dieses habe sie von einem privaten Ernährungsberater erhalten.
Teilerfolg mit fadem Beigeschmack

Nachdem Sachenbacher-Stehle Einspruch beim Internationalen Sportgerichtshof Cas gegen die zweijährige Sperre einlegte und auch zu der Sache aussagte, verkürzte der Cas am 14. November 2014 die Sperre auf sechs Monate. Er folgte damit der Argumentation der Sportlerin. Sie dürfte also sofort wieder starten, entschied sich aber gegen ein Comeback.
Bereits 2006 stand Sachenbacher-Strehle schon in Turin unter Verdacht Blutdoping begangen zu haben. Eine Folge von intensivem Höhentraining. Sie bekam damals eine fünf-Tages Schutzsperre.
Sie äußert sich nun nach langer Zeit im TV zu den Vorwürfen
In der zweiten Staffel der VOX-Sendung "Ewige Helden" spricht Sachenbacher-Stehle am Dienstagabend erstmals über ihre Zeit während der Dopingvorwürfe. Sie beteuert ihre Unschuld 2006 in Turin. „Meine Hämoglobinwerte waren immer schon sehr hoch und schwankten stark. Das kam durch das Höhentraining.“ Über die Silbermedaille bei der vier mal fünf Kilometer Staffel habe sie sich nicht mehr richtig freuen können. „Die ganzen olympischen Spiele in Turin waren für mich nicht mehr schön.“
Es folgten weitere große Erfolge, aber auch ein körperliches und mentales Tief. Sie nahm sich ein Jahr Auszeit und kehrte zurück. Der Wechsel vom Skilanglauf zum Biathlon war von Erfolg gekrönt.
„Mir hat es den Boden unter den Füßen weggezogen“
„Als ich dann gehört habe, dass mein Dopingtest in Sotschi positiv war, hat es mir voll den Boden unter den Füßen weggezogen. Mir war das unbegreiflich, wo das herkommen soll.“ Ihre Hoffnung war, dass ein Fehler passiert sei. Sie habe zwei Stunden vor der Auswertung der B-Probe gesessen. „Ich habe dem Ganzen nicht getraut.“
Das Schlimmste für sie sei gewesen: „Was denken jetzt die Leute von mir. Die denken jetzt, du hast bewusst betrogen“, schilderte sie ihre Gedanken. „Für mich war Doping immer das Allerletzte. Ich bin mir vorgekommen wie ein Schwerverbrecher.“
Die Presse durchwühlte den Müll

Der Dopingskandal ging durch die Medien, was Sachenbacher-Stehle sehr zusetzte. „Ich hab mich gar nicht mehr auf die Straße getraut. Der Garten war voll mit Presse.“ Ihr Mann schilderte, dass Mülltonnen durchwühlt wurden, Presseleute um das Haus schwirrten. „Es war eine brutale Zeit.“
Heute ist die Familie ihr Leben
Mittlerweile hat sie mit der Sache abgeschlossen: „Früher war der Langlauf mein Leben, heute ist es meine Familie. Das ist ein ganz anderes Leben, ein schönes Leben, auf das ich mich gefreut habe.“ Der Sport ist für sie aber immer noch sehr wichtig. „Sport war mein Leben und ist immer noch ein Teil meines Lebens, jetzt geht es mehr Richtung Langlaufschule.“
Neben dem Mama-Dasein renoviert sie zusammen mit ihrem Mann derzeit ein altes Haus, das sie kurz nach der Geburt ihrer Tochter kauften. Im Winter gibt sie Langlaufkurse in der Skischule ihres Mannes Johannes.