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„Bier ist häufig zu billig“: Brauereien kämpfen mit Folgen der Krisen – Preiserhöhungen angekündigt

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Von: Jonas Grundmann

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Anstoßen mit Bier
Eine Gesellschaft stößt mit Bier an: Bald kostet die Halbe mehr. © Robert Michael/dpa/ZB/Symbolbild

Das Bier wird teurer. Doch eigentlich müsste der Gerstensaft bereits deutlich mehr kosten, denn Inflation und Krisen haben die Produktion stark beeinträchtigt.

München – Bayerische Bierliebhaber müssen sich künftig wohl auf höhere Bierpreise in den Wirtshäusern einstellen. Zu groß waren die finanziellen Einbußen der bayerischen Brauereien während der Corona-Pandemie. Und durch den Krieg in der Ukraine explodierten obendrein die Kosten der Betriebe. Dies ließ Georg Schneider, Präsident des Bayerischen Brauerbundes, durchblicken.

Wie haben die bayerischen Betriebe diese Krisen bisher weggesteckt? „Besser als befürchtet“, sagt der Präsident – auch dank der staatlichen Unterstützung. Insgesamt scheint sich die Branche langsam ein wenig zu erholen: Konnte die bayerische Brauwirtschaft 2021 bereits wieder leichtes Wachstum vorweisen, legte sie 2022 weiter zu. So stieg der bayerische Gesamtbierabsatz um 2,6 Prozent – das beste Ergebnis seit 1997. Mit einer Bierproduktion von 25,25 Millionen Hektolitern liegt Bayern im internationalen Ranking auf Platz 14 – vor den Nachbarländern Frankreich und den Niederlanden.

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Umfrage: Was würden Sie maximal für eine Halbe Bier zahlen?

Nico Coletta, 31. Projektmanager aus München: „Ich gehe zweimal in der Woche in die Kneipe. Alles unter vier Euro ist für mich okay. Alles drüber bereitet mir Bauchschmerzen. Dann würde ich nicht mehr in die Kneipe gehen. Im Sommer würde ich dann etwas im Laden kaufen und es draußen trinken. Im Winter würde ich mit Freunden wahrscheinlich mitgehen, aber nur ein oder zwei Bier trinken.“

Gabriele Schönfuß, 69, Rentnerin aus Düsseldorf: „Bei uns soll der Bierpreis jetzt auf 2,85 Euro für ein 0,25-Glas erhöht werden. Die 5,70 Euro umgerechnet auf eine Halbe sind die Schmerzgrenze. In den 90ern hat ein 0,2er-Bier noch 2,50 Mark gekostet. In einer schönen Stadt und mit Freunden würde ich wahrscheinlich nur ein oder zwei Bier trinken und dann nach Hause gehen.“

Johannes Reitinger, 22, Student aus München: „Die 4,50 Euro jetzt gehen noch. Sechs Euro ist für mich die Schmerzgrenze – irgendwann wird es unverschämt. Ich würde wahrscheinlich trotzdem nicht darauf verzichten, ins Wirtshaus oder die Bar zu gehen. Der Preis würde aber sehr wehtun. Ich würde davor zu Hause etwas mehr trinken. Ein bisschen kann man es einsehen, weil alles teurer wird.“

Diese Zahlen sind laut Schneider allerdings trügerisch. Denn von der vielversprechenden Absatzentwicklung auf die wirtschaftliche Lage der Brauereien zu schließen, sei zu kurz gedacht. Wie viele andere Branchen auch, traf die Brauereien der Angriff Russlands auf die Ukraine hart. „Seitdem erleben wir noch nie da gewesene Kostenexplosionen“, sagt Schneider – egal ob für Energie oder die für die Produktion benötigten (Roh)-Stoffe.

Kohlensäure – für Flaschenbier zur Haltbarmachung zwingend notwendig – sei zum Teil überhaupt nicht verfügbar gewesen. Am härtesten habe es mittelständische, familiengeführte Unternehmen getroffen. Diese hätten es oft schwer, für sie dringend erforderliche Preiserhöhungen gegenüber dem Lebensmitteleinzelhandel durchzusetzen. Dennoch haben im Freistaat weniger Traditionsbrauereien schließen müssen als befürchtet.

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Bierpreis: „Die Kostensteigerungen werden bei Weitem nicht an den Kunden weitergegeben“

In der Diskussion um die Erhöhung des Bierpreises in Wirtshäusern fand Schneider daher klare Worte: „Preiserhöhungen für Bier sind unumgänglich!“ Für ihn sei Bier nach wie vor häufig zu billig: „Die Kostensteigerungen werden bei Weitem nicht an den Kunden weitergegeben.“ Auf welchen Preis sich die Bierliebhaber in Bayerns Wirtshäusern künftig einstellen müssen, konnte der Präsident des Brauerbundes nicht genau sagen. Dies sei von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich.

Die Preissteigerungen

Neben den extremen Steigerungen bei der Produktion des Biers und der Flaschen mussten die Brauereien 2022 für Strom und Gas etwa 750 Prozent mehr zahlen als 2021. Die Preise für Bierkästen (40 Prozent) und Bierfässer (60 Prozent stiegen ebenfalls erheblich an. Dies geht aus einer Statistik des Statistischen Bundesamts hervor. Dennoch gewährte die Branche ihren Mitarbeitern in den Jahren der Krise eine Gehaltserhöhung. 

Zudem soll Schluss sein mit der unsäglichen Bürokratie. „Braumeister verbringen 90 Prozent ihrer Arbeitszeit damit, Auflagen zu erfüllen und zu dokumentieren“, sagt er. Außerdem kann er nicht nachvollziehen, warum manche Politiker eine weitere Senkung des Alkoholkonsums anmahnen: „Ich wundere mich, warum wir uns nach den schlechten Erfahrungen mit Corona ein solches Ausmaß an Bevormundung und Beraubung unserer Konsumfreiheit gefallen lassen.“

Als Schneider über den Bierpreis in Bayern spricht, muss er an einen Satz denken, den seine Frau oft verwendet: „Was nichts kostet, ist nichts wert.“ Wie viel den Bürgern das Bier tatsächlich wert ist, wird sich erst zeigen, wenn die Erhöhung der Bierpreise beschlossen ist. VON JONAS GRUNDMANN

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