München - Pferdezüchter dürfen ihre Tiere offenbar weiterhin brandmarken. Bundesagrarministerin Ilse Aigner scheint mit ihren Plänen für ein Verbot der Brandzeichen gescheitert zu sein. Außerdem soll das Verbot der Kastration von Ferkeln ohne Betäubung erst 2018 kommen.
Ein Brandeisen wird erhitzt, auf den Schenkel des Pferdes gedrückt, das Zeichen des Zuchtverbands brennt sich in das Fleisch – so markieren Pferdezüchter ihre Tiere seit Jahrhunderten. Und das, obwohl es seit drei Jahren verpflichtend ist, den Pferden einen Mikrochip einzusetzen – der bei der Größe eines Stecknadelkopfes alle wesentlichen Informationen zur Herkunft des Tieres speichern kann.
Deshalb kämpfte Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) monatelang dafür, den Schenkelbrand bei Pferden zu verbieten. Nun ist sie offenbar gescheitert. Laut einem Bericht der „Münsterschen Zeitung“ ist das Verbot vom Tisch. „Das Setzen von Brandzeichen wird möglich bleiben“, sagte demnach Christel Happach-Kasan, agrarpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion. Das Bundesagrarministerium wollte sich auf Anfrage unserer Zeitung zu dem Thema nicht äußern, bevor das Parlament abgestimmt habe.
Bei den Tierschützern sorgt die Nachricht für Entsetzen: „Das zeigt wieder, wie schnell die Politik gegenüber der Lobby der Pferdezüchter in die Knie geht“, kritisiert Tessy Lödermann, Vizepräsidentin des Tierschutzbunds Bayern. Das Brandzeichen sei ein Skandal, ein unsinniges und überflüssiges Relikt von Züchtern, die unter dem Deckmantel von Tradition und Kultur Tierquälerei betrieben.
Lödermann sieht für das Brandmarken gar keinen Grund – die Implantierung des Mikrochips sei für die Pferde schmerzfrei, außerdem speichere der Chip wesentlich mehr Informationen, als es ein Brandzeichen könne. „Wir chippen schon seit Jahren kleine Hunde und Katzen“, sagt Lödermann. Jedes Jahr bekämen Millionen Haustiere solche Mikrochips implantiert. Sie kenne keine Fälle, in denen der Chip zu Problemen führe. Und: Für die Pferde sei jeder Mückenstich schmerzhafter.
Aigners Entwurf soll wohl nicht nur im Hinblick auf das Brandzeichen-Verbot geändert werden – auch das Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration soll nicht schon 2017, sondern erst 2018 kommen. Eine Nachricht, die Schweinezüchter vorsichtig positiv aufnehmen.
„Das gibt uns wenigstens einen gewissen Aufschub“, sagt Gerhard Stadler, Schweinemäster und niederbayerischer Bauernpräsident. Das Problem: Laut Stadler gibt es derzeit keine vernünftigen Betäubungspraktiken. Die bestehenden Möglichkeiten seien entweder zu riskant, nicht schmerzlindernd oder etwa für kleinere Betriebe finanziell nicht zu stemmen. Die Kastration der Ferkel ist bis zum siebten Lebenstag nötig, um den sogenannten „Ebergeruch“ zu vermeiden, der das Fleisch später ungenießbar macht.
Momentan bekommen Ferkel bei der Kastration eine schmerzstillende Spritze, dazu haben sich die Ferkelerzeuger verpflichtet. „Das ist zurzeit die beste Lösung“, findet Stadler. Eine wirksame und umsetzbare Betäubung müsse die Wissenschaft erst noch finden. „Forschung braucht aber Zeit, ob da ein Jahr mehr was bringt, ist fraglich“, so Stadler.
Von Moritz Homann