„Hiobsbotschaft“: Ottfried Fischer sucht neues Zuhause für seine Mutter

Ottfried Fischers Mutter Maria lebt in einem Heim. Doch die 94-Jährige muss wie 64 weitere Bewohner ausziehen. Doch in der Region gibt es nicht genug Plätze.
Passau – Ottfried Fischer ist fassungslos: Das Pflegeheim, in dem seine 94 Jahre alte Mutter Maria lebt, schließt. Was den ehemaligen „Bullen von Tölz“ ganz besonders ärgert: „Meine Geschwister und ich haben von dieser Hiobsbotschaft in der lokalen Zeitung gelesen – und sind vorab nicht benachrichtigt worden“, erzählt er im Gespräch mit unserer Zeitung. Anderen Angehörigen sei es vergangenes Wochenende ähnlich ergangen.
Nicht einmal den Bewohnern des Altenheims Sankt Josef in Obernzell im Kreis Passau oder sogar den Mitarbeitern sei etwas gesagt worden, berichtet Fischer, der an Parkinson erkrankt ist und selbst von seiner Frau Simone gepflegt wird. „Bis Ende März müssen alle Bewohner ausziehen – und wir Angehörige quasi in einer Nacht-und-Nebel-Aktion neue Plätze finden.“ Die Zeit sei zu knapp und die Heime in Passau und der Region schon ohne die 65 bald heimlosen Bewohner völlig überlastet.
„Ich verstehe nicht, wieso man ein funktionierendes Heim schließt, obwohl es in der Umgebung kaum Plätze gibt“, sagt Fischer. „Diese Menschen sind die Grundlage unseres Wohlstandes. Der Staat sollte Probleme wie diese lösen.“ Besorgt schaut Fischer auf seine Heimatregion: „Das kleine Krankenhaus in Wegscheid soll auch bald schließen – die Menschen hier haben Angst, medizinisch und pflegerisch bald unterversorgt zu sein.“
Passau: Altenheim St. Josef schließt - Ottfried Fischers Mutter Maria muss mit 94 umziehen
Ottfried Fischer (68) lebt mit seiner Frau abwechselnd in Gauting bei Starnberg und in Passau. Auf dem Bauernhof Ornatsöd im Landkreis Passau ist er aufgewachsen. Dort lebt noch immer sein Bruder Werner Fischer. „Unsere Mama musste im März 2019 in das Heim, weil es mit der Pflege daheim einfach nicht mehr ging“, erzählt der 67-Jährige. „In Obernzell hat sie sich aber sofort wohlgefühlt. Das Personal war engagiert, der Umgangston freundlich und die Mama immer gepflegt.“
Auch der Standort war für die Fischer-Geschwister ideal: „Unsere Schwester wohnt in Obernzell, ich brauche von Ornatsöd 20 Minuten und Ottfried nur noch etwas länger“, erklärt Werner Fischer. So nah findet sich kein Heimplatz mehr für die 94-jährige Mutter. Und längere Fahrwege sind kompliziert für jemanden wie Ottfried Fischer, der selbst Unterstützung und ein spezielles Auto braucht.
Werner Fischer besucht seine Mutter zweimal die Woche. Bei seinem letzten Besuch hat er ihr aber noch nichts von der Schließung ihres Zuhauses erzählt. „Wir wollen unsere Mama nicht beunruhigen. Wegen ihrer Vergesslichkeit müssten wir es ihr einige Male erklären und die Nachricht würde sie jedes Mal wieder belasten.“
Pflegeexperte über Heimschließungen: „Einen alten Baum verpflanzt man nicht“
Pflegeexperte Claus Fussek weiß, was es bedeutet, wenn Menschen in so hohem Alter umziehen müssen: „Einen alten Baum verpflanzt man nicht. Die meisten älteren Menschen würden zwar beteuern, dass das o.k. ist und sie niemandem zur Last fallen wollen, ein Umzug ist aber schlimm für sie. Man vergisst, dass sie einer Generation angehören, die den Krieg miterlebt hat und vielleicht sogar geflohen ist. Eine Entwurzelung im Alter könnte retraumatisierend auf sie wirken.“

Dass bei einer so plötzlichen Heimschließung wie in Obernzell ein Promi wie Ottfried Fischer betroffen ist, ist Zufall. Der Kabarettist wendet sich nun aber an die Öffentlichkeit, um auf das Problem aufmerksam zu machen. Schließlich ist das kein Einzelfall. Erst im September mussten etwa in Vierkirchen im Kreis Dachau 28 Bewohner eines Pflegeheims unerwartet und in kürzester Zeit ein neues Zuhause finden. Der Grund: Insolvenz.
Maria Fischers Heim wird geschlossen, weil es die baulichen Mindestanforderungen, die das Pflege- und Wohnqualitätsgesetz vorschreibt, nicht mehr erfüllt. „Ihr Erhalt würde derart hohe Investitionen erfordern, dass die Pflegekosten für die Bewohner nicht mehr wirtschaftlich tragbar wären“, gab der Träger, die „TGE GmbH für die Einrichtungen der Schwestern vom Göttlichen Erlöser“, am 30. September vor der Presse bekannt. Erst dann wurden auch die Briefe an die Angehörigen verschickt. (sco)