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Die Studentenjobs der Coronakrise: Ausgebremst, aber voller Tatendrang - zwei Pandemie-Bekämpfer berichten

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Von: Cornelia Schramm

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Sebastian Pichler registriert eine Impfung in Wasserburg.
Spaß trotz Bürokratie: Am besten an seinem Nebenjob im Impfzentrum Rosenheim gefällt Sebastian Pichler (links) der Umgang mit den Menschen. „Das ist eine gute Schule für das spätere Leben“, sagt der Masterstudent. © privat

Clubs und Bars haben geschlossen – damit brechen viele Studenten-Nebenjobs weg. Doch die Situation eröffnet auch völlig neue Wege. Den ins Impfzentrum zum Beispiel. Zwei junge Pandemie-Bekämpfer aus Bayern berichten.

Karlsfeld – „Gibt’s hier auch Burger?“, ist die Frage, die Valerie Schäder in den letzten Monaten am häufigsten gehört hat. „Weil wir unser Impfzentrum nach dem Drive-In-Prinzip organisiert haben und die Leute im Auto impfen, hören wir diesen Spaß natürlich immer wieder“, erzählt die 20-Jährige und lacht. Seit vergangenem Juni arbeitet die Allacherin im Impfzentrum der Johanniter in Karlsfeld (Kreis Dachau). Aus der Not heraus hatte die Slawistik-Studentin sich dort beworben. Ihr Nebenjob als Hostesse war, wie fast die ganze Eventbranche, tot.

Ähnlich ist es auch Sebastian Pichler aus Neubeuern bei Rosenheim ergangen. „Ich war Werkstudent im Finanzbereich eines großen Unternehmens“, erzählt der 28-Jährige. „Wegen der Pandemie wurde der Job aber gecancelt. Im Februar habe ich dann in der heißen Pandemie-Phase im Impfzentrum in Rosenheim angefangen.“ Für den Wirtschaftspädagogik-Studenten ging es vom Schreibtisch direkt „ins kalte Wasser“ in die Impfkabinen der Malteser. Seitdem sammelt er die selben Erfahrungen wie tausende Schüler und Studenten in ganz Bayern. Immerhin sind auch die Klassiker unter den Nebenjobs in der Gastro- und Eventbranche lange weggebrochen – oder waren zuletzt unsicher.

Nebenjob im Impfzentrum: Menschenkenntnis und Sozialkompetenz gibt‘s gratis

Auch jetzt sitzt Pichler viel am Schreibtisch, allerdings findet er die Arbeit im Impfzentrum abwechslungsreich. „Registrieren, Daten abfragen, Nachweis kontrollieren, Formular ausfüllen – die Bürokratie ist stupide und bei jedem gleich“, sagt er. „Aber: Die Patienten für sich sind doch sehr verschieden.“ Gerade für Ältere müsse man sich Zeit nehmen und einfühlsam sein. Überhaupt: Es sei ein Job, in dem es „menschelt“ – im positiven wie negativen Sinn. Oft haben es Mitarbeiter in Impfzentren ja auch mit aufgeregten Bürgern, ob zornig oder ängstlich, zu tun. Kein schlechtes Umfeld, um seine Menschenkenntnis und soziale Kompetenzen zu stärken.

Sebastian Pichler genießt die Vielseitigkeit seines Nebenjobs im Malteser-Impfzentrum in Rosenheim.
Sebastian Pichler genießt die Vielseitigkeit seines Nebenjobs im Malteser-Impfzentrum in Rosenheim. © privat

Fast ein Jahr hat Pichler seinen Job als Verwaltungskraft im Impfzentrum in der Inntalhalle nun schon. Sogar an Heiligabend und Silvester hat er gearbeitet. „Es ist echt ein schöner Ausgleich zum Studium, das zur Zeit ja nur online stattfindet“, sagt er, als er von einer Sonderimpfaktion bei einer Molkerei in Wasserburg zurückkehrt. Der mobile Einsatz, vor allem der im Altenheim, ist für ihn immer besonders: „Letztes Jahr hatten viele Menschen Tränen in den Augen, als sie geimpft wurden – einige hatten ihre Enkelkinder ja schon fast ein Jahr nicht mehr gesehen.“

Johanniter-Impfzentrum in Karlsfeld: Eine 20-Jährige wird stellvertretende Leiterin

Ein gutes Gefühl, das süchtig macht. Wie Pichler hat auch Schäder ihre „soziale Ader“ entdeckt – und dass sie voller Tatendrang und mit Herz im Karlsfelder Impfzentrum arbeitet, blieb nicht unbemerkt. „Im November habe ich ihr angeboten, meine Stellvertreterin zu werden“, erzählt die Leiterin Neslihan Bektas. Das bedeutet für die 20-Jährige nun viel Verantwortung. „Ich koordiniere mobile Einsätze, erstelle Dienstpläne für unsere zwanzig Mitarbeiter und die Ehrenamtlichen und führe Bewerbungsgespräche.“ Hilfsbereit, zuverlässig und nicht konfliktscheu müsse man für den Job sein. „Wir können nichts für die Stiko-Empfehlungen“, sagt Schäder. „Viele Menschen glauben das aber, was immer wieder mal für Diskussionen sorgen kann.“

Stellvertretende Leiterin mit 20 Jahren: Valerie Schäder koordiniert die Teams im Impfzentrum Karlsfeld.
Stellvertretende Leiterin mit 20 Jahren: Valerie Schäder koordiniert die Teams im Impfzentrum Karlsfeld. © privat

Ihr Studium hat Schäder inzwischen abgebrochen. „Es war nicht das Richtige und ich wollte mich auf die Pandemiebekämpfung konzentrieren, bis ich eine Ausbildungsstelle gefunden habe.“ Die will Schäder im sozialen Bereich machen. Vielleicht in der Pflege. Die Arbeit im Impfzentrum hat ihr gezeigt: „Man kann die Welt nicht retten, aber etwas Gutes tun.“ (sco)

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