Corona-Lockerungen im März? Söders Hoffnungsplan für Bayern - alles hängt an der Zahl 35

Wie kommt Bayern wieder aus dem Dauer-Lockdown? Markus Söder hat inzwischen konkretere Ideen. In Regionen mit einer Inzidenz unter 35 soll es mehr Lockerungen geben als anderswo im Freistaat.
München – Es gibt einen verlässlichen Gradmesser, der anzeigt, wie lange der Lockdown schon dauert. Es sind die Haare des Ministerpräsidenten. Sie sind zwar noch nicht hippiemäßig, aber reif für einen sauberen Scherenschnitt. „Keiner kann vorhersagen, wie das in zwei, drei Wochen ist“, sagte Markus Söder gestern. Er meinte damit allerdings nicht seine Frisur, sondern die rasche Ausbreitung der britischen Virusmutation und seine Sorge vor einer dritten Corona-Welle. Trotzdem kündigte er die nächsten Öffnungsschritte für den Freistaat an. „Wir wollen schützen und atmen zugleich“, sagte der CSU-Vorsitzende vor einer Videoschalte des CSU-Parteivorstands in München. Ein Überblick über Söders „intelligente Corona-Matrix“.
Corona-Regeln in Bayern: Wer darf ab 1. März sicher wieder öffnen?
In ganz Bayern dürfen schon ab kommender Woche Gärtnereien, Gartenmärkte und Blumenläden wieder Kunden bedienen – unabhängig von der Inzidenz. Das kündigte Söder gestern an. Das bayerische Kabinett muss die Pläne heute noch beschließen. „Sonst wird dieses ganze Blumengeschäft nur bei Discountern stattfinden, und dann werden die Discounter überrannt“, sagte Söder. Neben den Friseuren sollen ab 1. März auch andere körpernahe Dienstleistungen wie Fußpflege wieder möglich sein.
Söders Corona-Plan für Bayern: Für wen ist die Inzidenz von 35 die Richtschnur?
Söder strebt ein regionalisiertes Konzept nach dem Salami-Taktik-Prinzip an. Öffnen ja, aber scheibchenweise. Dort, wo die 7-Tage-Inzidenz stabil unter 35 liegt, müsse es „deutliche Erleichterungen geben“, etwa eine Lockerung der Kontaktregeln mit einer Ausdehnung auf zwei Haushalte oder fünf Personen, sagte Söder.
Die „Nummer eins aller Überlegungen“ sei dabei immer die Schule, betonte der Ministerpräsident: Bei niedrigen Inzidenzen könne man etwa an den Grundschulen vom Wechsel- in den Präsenzunterricht übergehen. Zudem könne es dann in weiteren Klassenstufen Wechselunterricht geben, beginnend etwa mit Klasse elf und weiteren Vor-Abschlussklassen. Seit Montag sind bereits alle Kitas offen und Grundschulen im Wechselunterricht, dort wo die 7-Tage-Inzidenz unter 100 liegt.
Auch für den Handel soll der neue regionale Ansatz gelten. Wenn Regionen dauerhaft unter der 7-Tage-Inzidenz von 35 blieben, werde man dort „den Handel natürlich öffnen – mit Maske und Quadratmeter-Begrenzungen“, sagte Söder. Bei höheren Zahlen seien dann etwa „Click and Meet“-Angebote möglich, also mit Termin.
Söder rechtfertigte dieses geplante regionale Vorgehen: Wenn es eine große Spreizung bei den Inzidenzen gebe, würde man sich schwer damit tun, wenn überall die gleichen Regeln eingehalten werden müssten.
Corona-Lockerungen in Bayern: Was sagt der Einzelhandel?
„Ein Stück weit überraschend“ nannte Bernd Ohlmann, Sprecher der Handelsverbands Bayern, die Söder-Ankündigung angesichts wieder steigender Inzidenzen. Aber die sind ihm sowieso ein Dorn im Auge. „Wir müssen von den Inzidenzzahlen wegkommen, denn wir werden nicht in ganz Bayern auf die 50 oder sogar 35 kommen. Das ist utopisch, weil wir beim Impfen nicht nachkommen“, sagte Ohlmann unserer Zeitung. Söders neuer Plan sei ein Schritt in die richtige Richtung, aber nach wie vor fehle eine Gesamtstrategie mit „klaren Eckpfeilern auf der Straße der Öffnung“. Ohlmann: „Das ist ein großes Problem. Der Handel braucht Sicherheit. Wir müssen Mitarbeiter aus der Kurzarbeit zurückholen, Ware ordern und Marketing machen. Wir können ja nicht von heute auf morgen öffnen.“ Auch Wolfgang Fischer, Sprecher der Münchner Innenstadthändler, fordert Verlässlichkeit ein. Muss man bei einer Inzidenz von 35,1 dann wieder schließen? „Kurz aufmachen und wieder zumachen – das wäre der absolute GAU.“
Söders Corona-Lockerungen in Bayern ab März: Was ist mit Kultur und Sport?
Für eine Öffnung in den Bereichen Sport und Kultur nannte Söder „ähnliche Maßstäbe“ als Voraussetzung. Nähere Details gab es dazu gestern noch nicht.
Corona-Plan für Öffnungen in Bayern: Was ist mit Hotels und Restaurants?
Bei Gastronomie und Hotellerie bleibt Söder zurückhaltend. Hier sei „der Horizont deutlich später zu sehen“, sagte er gestern. „Wir haben auch im letzten Jahr dort als letztes das Ganze geöffnet, und auch da übrigens mit Vorstufen im Außenbereich. Dies ist aber im Moment nicht beurteilbar, wann das entsprechend sein kann.“
Söders Corona-Plan für Bayern: Was sagt die Kanzlerin?
Auch Angela Merkel (CDU) will lockern. Die Sehnsucht der Bürger nach einer Öffnungsstrategie sei groß, sagte sie gestern. Die Kanzlerin will Pakete für die Bereiche persönliche Kontakte, Schulen und Berufsschulen sowie Sport, Restaurants und Kultur schnüren. Ab heute tagt eine Arbeitsgruppe dazu, um die nächste Bund-Länder-Spitzenrunde zu Corona am 3. März vorzubereiten.
Corona in Bayern: Wie geht es nun in München weiter?
München liegt bei der 7-Tage-Inzidenz seit einer Woche unter 35 (gestern: 32,5). Wann genau der Einzelhandel in der Metropole öffnet? Oberbürgermeister Dieter Reiter sagte gestern auf Anfrage: „Ich werde mich dazu vor der Kabinettssitzung am Dienstag mit dem Ministerpräsidenten besprechen und danach dann die aktuelle Situation in unserem städtischen Krisenstab diskutieren und über das weitere Vorgehen entscheiden.“ Wolfgang Fischer, Sprecher der Innenstadthändler, rechnet nicht mit einer Öffnung des Handels „vor der nächsten Bund-Länder-Konferenz“.
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