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Nach Streit über Pflege-Impfpflicht: Bayern legt genauen Plan vor - Kündigungswelle bleibt wohl aus

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Von: Katarina Amtmann

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Pflegeheim
Bald tritt die Pflege-Impfpflicht in Kraft. Bayern hat nun seinen Plan vorgelegt. (Symbolbild) © Marijan Murat/dpa/dpa-Bildfunk

Markus Söder hatte sich mit Aussagen zur Corona-Pflege-Impfpflicht bundesweit Kritik eingehandelt. Jetzt hat Bayern seinen Plan vorgelegt.

Update vom 2. März, 12.03 Uhr: Bayern erhielt zu seiner Haltung gegenüber der Pflege-Impfpflicht bundesweit viel Kritik. Nun legte die Staatsregierung seinen Plan vor (siehe Erstmeldung). Seit die einrichtungsbezogene Impfpflicht beschlossen worden ist, haben sich mehr Pflegekräfte arbeitssuchend gemeldet - von einer Kündigungswelle kann in Bayern aber keine Rede sein. Von Dezember bis Februar habe es 5767 solcher Meldungen gegeben, teilte die Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit am Mittwoch mit. Das sind mehr als eineinalbmal so viele wie im gleichen Zeitraum vor zwei Jahren (3589 Meldungen).

Corona-Impfpflicht in der Pflege: Gründe für Kündigung nicht nur Impfung

Laut Arbeitsagentur meldeten sich damit rund 2,4 Prozent der Gesundheits-, Kranken- und Altenpfleger in Einrichtungen in Bayern in dem Zeitraum arbeitssuchend. Im Juni 2021 arbeiteten rund 240 800 Menschen in dem Bereich. Um den Fachkräftebedarf zu decken, will die Regionaldirektion etwa auf Zuwanderung von Pflegekräften setzen.

Die Gründe für die Meldungen als arbeitssuchend werden nicht abgefragt. Neben der Ablehnung der Impfung sei auch möglich, dass sich die Betroffenen bei der Versorgung von Corona-Patienten keinem erhöhten Risiko mehr aussetzen möchten oder im zweiten Pandemie-Winter die Grenzen ihrer Belastbarkeit erreicht seien.

Nach Streit über Pflege-Impfpflicht: Bayern legt genauen Plan vor

Erstmeldung vom 1. März: München - Nach dem Streit über die Pflege-Impfpflicht* legt Bayern nun sein Umsetzungskonzept vor. Tatsächlich gibt es längere Übergangsfristen.

Holetschek: Corona-Pflege-Impfpflicht wird in Bayern stufenweise bis Sommer umgesetzt

In Bayern soll die Corona*-Impfpflicht für Beschäftigte in Pflege und Gesundheitswesen in den kommenden Monaten wie angekündigt langsam und schrittweise um- und durchgesetzt werden. So sieht es das Konzept vor, das Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU*) nach dem Streit über die sogenannte einrichtungsbezogene Impfpflicht erarbeitet hat. Der Freistaat wolle eine pragmatische Umsetzung „mit Augenmaß“, wie Holetschek am Dienstag mitteilte. In letzter Konsequenz sollen Beschäftigten, die sich weiterhin nicht impfen lassen wollen, erst ungefähr ab Sommer Betretungsverbote drohen. Bei Neueinstellungen gilt die Impfpflicht dagegen direkt ab 16. März.

„Es war unabdingbar und richtig, dass Bayern in den vergangenen Wochen auf dem Weg zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht den Finger in einige offene Wunden gelegt hat“, sagte Holetschek. Zwar habe das Bundesgesundheitsministerium seine Handreichung nun mehrfach überarbeitet. Mehrere, auch zentrale Fragen seien aber offen. „Bayern füllt diese Lücken nun selbst und vollzieht das Gesetz mit Augenmaß.“

Corona-Pflege-Impfpflicht in Bayern: Gestuftes Verfahren

In Bayern wird die Impfpflicht in einem gestuften Verfahren umgesetzt: Ab dem 16. März müssen die Einrichtungen zunächst alle Mitarbeiter melden, die noch nicht geimpft oder genesen sind oder sich aus medizischen Gründen nicht impfen lassen können. Die Gesundheitsämter sollen den Betroffenen dann eine Impfberatung anbieten und die Chance einräumen, ihre Entscheidung zu überdenken. Ziel sei, noch möglichst viele bislang Ungeimpfte zu überzeugen, betonte Holetschek. Dabei setze man auch auf den neuen Novavax-Impfstoff, der bei einigen vielleicht auf Akzeptanz stoße.

Auf das Beratungsangebot folgt dann eine förmliche Aufforderung zur Vorlage der gesetzlich festgelegten Nachweise beim Gesundheitsamt. Erfolgt dies nicht, wird ein Bußgeldverfahren eingeleitet. „In letzter Konsequenz - aber nur als Ultima Ratio - kann dann ein Betretungsverbot ausgesprochen werden“, erklärte das Ministerium .„Hierbei wird im Einzelfall jeweils auch die Einrichtung angehört werden, um bei der Entscheidung den Aspekt der Versorgungssicherheit angemessen berücksichtigen zu können“, erläuterte der CSU-Politiker weiter. „Denn eine planbare Versorgung von Patienten und Bewohnern von Einrichtungen muss stets gewährleistet bleiben.“ Auch rein zeitlich betrachtet bedeutet dies, dass niemandem eine rasche Kündigung droht.

Corona-Pflege-Impfpflicht in Bayern: Betretungsverbote wohl erst ab Sommer

„Wir rechnen damit, dass aufgrund dieses gestuften Verfahrens eventuelle Betretungsverbote erst ab dem Sommer ausgesprochen werden können“, sagte Holetschek. Bei Neueinstellungen ergebe sich die Pflicht zur Vorlage eines Immunitätsnachweises dagegen direkt aus dem Gesetz - hier müsse also direkt ab 16. März ein Nachweis vorliegen.

Ministerpräsident Markus Söder* (CSU) hatte bundesweit Kritik auf sich gezogen, als er gesagt hatte, die neue einrichtungsbezogene Corona-Impfpflicht zunächst „de facto“ aussetzen zu wollen. Später betonte er: „Wir bleiben natürlich rechtstreu.“ In der Praxis wird es in Bayern aber nun tatsächlich längere Übergangsfristen geben.

Streit um Impfpflicht: Gesundheitsminister Holetschek attackiert Bund

Stufenweise Umsetzung der Pflege-Impfpflicht: Verbände erleichtert

Verbände-Vertreter reagierten zufrieden. „Wir sind erleichtert, dass die Einrichtungen nun Planungssicherheit haben, und werden alle Möglichkeiten nutzen, weitere Mitarbeiter von einer Impfung zu überzeugen“, sagte der Vorsitzende der Vereinigung der Pflegenden in Bayern, Georg Sigl-Lehner. Thomas Karmasin, Vizepräsident des Landkreistags, betonte: „Wir hoffen, dass wir mit dem vorgesehenen Verfahren auch für die Kommunen eine praktikable Lösung an der Hand haben“. Die Vorsitzende der Lebenshilfe Bayern, Barbara Stamm, sagte: „Die einrichtungsbezogene Impfpflicht ist nun, so hoffen wir, auf einem guten Weg“. Die Vollzugshinweise erschienen praktikabel und könnten den Einrichtungen die nötige Planungssicherheit geben.

„Wir sind erleichtert, dass die Einrichtungen nun Planungssicherheit haben, und werden alle Möglichkeiten nutzen, weitere Mitarbeiter von einer Impfung zu überzeugen“

Georg Sigl-Lehner, Vorsitzende der Vereinigung der Pflegenden in Bayern

Holetschek und die Verbände bekräftigten aber gleichermaßen, dass auf die einrichtungsbezogene nun eine allgemeine Impfpflicht folgen müsse. Es sei „Transparenz in der Frage notwendig, ob die Bundesregierung zu ihrem Wort steht, einer einrichtungsbezogenen Impfpflicht rasch eine allgemeine Impfpflicht folgen zu lassen“, sagte etwa der Landesgeschäftsführer des Bayerisches Rotes Kreuzes, Leonhard Stärk.

Holetschek fordet allgemeine Corona-Impfpflicht

Holetschek äußerte auch Kritik: „Es war stets klar, dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht der allgemeinen Impfpflicht nur vorausgehen sollte. Jetzt ist nicht einmal mehr klar, ob und wenn ja in welcher Form die allgemeine Impfpflicht überhaupt kommt.“ Auch dies sei „ein Armutszeugnis für die Bundesregierung“, meinte er.

Die ersten Corona-Impfungen mit dem Impfstoff des US-Herstellers Novavax sollen laut Ministerium voraussichtlich am Mittwoch in den bayerischen Impfzentren ankommen und dann dort verabreicht werden. „Da die Liefermenge zunächst begrenzt ist, steht er als erstes all denjenigen zur Verfügung, die sich beruflich um die besonders vulnerablen Gruppen kümmern“, teilte eine Ministeriumssprecherin auf Anfrage mit. Am Donnerstag will Holetschek ein Impfzentrum in Freising besuchen. (kam/dpa) *Merkur.de/bayern ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA

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