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Münchner Chefarzt spricht über Corona-Langzeitschäden für Bevölkerung - Experte warnt vor Panikmache

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Von: Marc Kniepkamp, Klaus Rimpel

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Wie lässt sich die Corona-Dramatik in München und anderswo bannen? Experten appellieren an die Eigenverantwortung der Bürger und warnen vor Polarisierung durch zu viel Panikmache.

München - Die deutschen Krankenhäuser fürchten keine Überforderung durch die steigende Zahl von Corona*-Infizierten. „Wenn die Zahlen bei den Intensivpatienten wieder steigen, sind wir in Deutschland – nach jetzigem Wissen – gut vorbereitet“, so Prof. Clemens Wendtner, Chefarzt für Infektiologie* der München Klinik Schwabing* bei einem Expertengespräch des Science-Mediacenter und warnt die Politik vor allzu großer Panikmache.

Münchner Chefarzt warnt vor Corona-Folgen - „Das kann bis zum Suizid gehen“

Gleichzeitig appellierte er an die Eigenverantwortung der Bürger, diesen „Stresstest für die Kliniken“ zu verhindern. Wendtner warnte insbesondere vor den Langzeitfolgen der Corona-Erkrankungen: 30 Prozent aller Covid-Patienten und bis zu 80 Prozent aller Intensivpatienten hätten noch Monate nach der Erkrankung mit Müdigkeit oder Atemwegsproblemen zu kämpfen. Auch die Gefahr einer Depression* sei dreifach erhöht. „Das kann bis zum Suizid gehen“, so Wendtner.

Patienten müssten deshalb auch nach der klinischen Behandlung begleitet werden. Die Krankenhäuser seien derzeit nicht überlastet: „Zurzeit haben wir in unserer Klinik 25 Patienten, vor vier Wochen waren es zehn.“ Allerdings gebe es in Münchner Altenheimen Ausbrüche. „Diese Patienten haben einen schweren Verlauf. Wir sind fünf Wochen hinter dem, was wir in unseren Nachbarländern sehen.“

Prof. Clemens Wendtner, Infektiologie Schwabing
Prof. Clemens Wendtner, Infektiologie Schwabing. © dpa/München Klinik

Trotzdem könnten die Kliniken derzeit normal arbeiten. Es sei im Moment noch kein Thema, dass Krebs-Therapien oder Operationen wegen Corona* verschoben werden müssten. Auch beim Personal gebe es noch keine Engpässe: „Wir testen die Mitarbeiter alle zwei Wochen, bei Verdachtsmomenten noch öfter. Und wir schulen das Personal aus anderen Abteilungen für die Intensivstationen“, so der Chefarzt der Infektiologie im Schwabinger Klinikum. Zudem würden auch die Patienten getestet.

Der Präsident der Intensiv- und Notfallmediziner-Vereinigung DIVI, Prof. Uwe Janssens, warnte die Politik vor zu starker Dramatisierung der Lage: „Wenn die Panik zu stark geschürt wird, lässt das die Polarisierung in der Bevölkerung zunehmen.“

Im Berchtesgadener Land stieg die Zahl der Corona-Neuinfektionen* enorm. Für den Landkreis wurde eine Ausgangsbeschränkung beschlossen. Mehr Erkrankte müssen ins Krankenhaus.

Corona und der Alltag: „Menschen nicht in einer Tour Angst machen“

Auch Ärztepräsident Klaus Reinhardt warnte davor, die Bevölkerung zu verunsichern. Er wolle keine Entwarnung verbreiten. „Aber ich finde, man kann den Menschen nicht in einer Tour Angst machen“, sagte der Präsident der Bundesärztekammer. So könne eine Art von Abstumpfung entstehen. Teile der Bevölkerung könnten anfangen, die Warnungen nicht mehr ernst zu nehmen.

Man müsse lernen, mit einer Zunahme der Infektionszahlen zu leben. In Deutschland seien rund 700 Patienten auf der Intensivstation, verfügbar seien aber rund 8800 Intensivbetten. Angesichts dieser Verhältnisse seien Abstand, Hygieneregeln und Vermeidung von großen Versammlungen angemessen. Weitere Einschränkungen der Bewegungsfreiheit der Menschen halte er derzeit „definitiv für nicht angebracht“, so Reinhardt.

Die Corona-Zahlen steigen - auch in Bayern. Für den Kreis Berchtesgadener Land gelten nun massive Einschränkungen. Markus Söder hat eine Regierungserklärung angekündigt.

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