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Er soll helfen und unterhalten: Der Pflege-Assistent der Zukunft

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Von: Katrin Woitsch

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Gestatten, Pepper! Der 1,20 Meter große Roboter könnte schon in einigen Jahren viele Pflegekräfte in Heimen entlasten. Wie viele technische Neuerungen wird er auf der Altenpflegemesse in Nürnberg präsentiert. © dpa/Andrea Warnecke

In den kommenden Jahren könnte sich in Bayerns Pflegeheimen viel verändern. Schon jetzt gibt es viele Testläufe, wie Roboter und Digitalisierung den Alltag der Pflegekräfte erleichtern könnten. Doch fest steht bereits: Den Fachkräftemangel in der Pflege kann auch die moderne Technik nicht auffangen.

Garmisch-Partenkirchen/Nürnberg – Ein 1,20 Meter großes weißes Wesen rollt mit einem Essenstablett auf dem Arm den Gang des Pflegeheims hinunter. Vor einer Seniorin hält es an. „Pepper, wo ist der Aufenthaltsraum?“ fragt die Frau, sie hat den Weg vergessen. „Folge mir einfach“, sagt Pepper und fährt voraus. Danach hat er schon seinen nächsten Einsatz. Er muss Bewohnerin Annelise daran erinnern, ihre Tabletten zu nehmen. Auf dem Touchscreen auf Peppers Brust bestätigt sie, dass sie die Medikamente genommen hat. „Wieviel hast du heute schon getrunken?“ fragt Pepper freundlich. Anneliese tippt auch diese Information ein – und schenkt sich Wasser nach.

Was sich wie Szenen aus ferner Zukunft anhört, könnte in bayerischen Pflegeheimen schon in ein paar Jahren Wirklichkeit sein. Viele Technologie-Unternehmen arbeiten seit Jahren daran, Roboter und Software zu entwickeln, die die Pflegekräfte entlasten und den Alltag der Heimbewohner verbessern könnten. Eines dieser Unternehmen ist BoS&S aus Berlin, das kommende Woche den Roboter Pepper auf der Altenpflege-Messe in Nürnberg präsentieren wird. Der weiße Helfer mit den großen schwarzen Kugelaugen und der kleinen Stupsnase wird bereits jetzt in ersten Einrichtungen erprobt. Und er kommt bei den Senioren besser an, als die Hersteller erwartet hatten, berichtet der BoS&S-Marketingleiter Marc Specht. „Beim letzten Foto-Shooting mit Pepper sind die Heimbewohner sofort neugierig und mit vielen Fragen auf uns zugekommen“, erzählt er. Viele der Senioren hätten ihre Handys gezückt, um Bilder zu machen. „Es gibt selten Berührungsängste.“ Und das ist wichtig – denn Pepper soll nicht nur den Pflegekräften Aufgaben abnehmen, sondern auch die Heimbewohner unterhalten. Zum Beispiel durch Quiz- und Denkspiele oder einfache Bewegungsanimationen.

Neue Technik soll keine Pflegekräfte ersetzen

Specht betont: „Die neue Technik soll keine Pflegekräfte ersetzen. Das Zwischenmenschliche ist in der Pflege unersetzbar.“ Doch Roboter könnten dafür sorgen, dass Pflegekräfte für die wesentlichen Aufgaben wieder mehr Zeit hätten, erklärt er. „Sie können Freiräume schaffen.“

Darauf hofft auch Franz Reich. Er leitet das Pflegeheim St. Vinzenz in Garmisch-Partenkirchen. Und dort soll dieses Jahr im Herbst ein fünfjähriger Testlauf für robotische Assistenz beginnen. „Wir haben Bewohner und Mitarbeiter vorab befragt“, berichtet Reich. Natürlich seien auch Bedenken geäußert worden, die Neugierde habe aber überwogen. Reich hofft, dass Roboter irgendwann zum Beispiel den Wäschetransport oder die Essensverteilung übernehmen könnten. „Unser Personalproblem werden sie aber niemals lösen“, betont auch er. „Das bleibt das große Zukunftsthema.“

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Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), das in der Roboterforschung weltweit zu den führenden Forschungseinrichtungen zählt, hat sich vor anderthalb Jahren mit der Caritas zusammengetan. Als Träger vieler Einrichtungen der Altenpflege – auch von St. Vinzenz – habe man großes Interesse an diesem Thema, betont Kreisgeschäftsführer Alexander Huhn. Deshalb hat er entsprechende Anträge gestellt, damit das Pflegeheim zwei Roboter-Konstruktionen im Alltag austesten kann. Es handelt sich dabei um Rollin’ Justin, einen humanoiden Roboter, sowie um einen Roboter-Arm, der an einem Rollstuhl befestigt werden kann. Beide werden alle drei Monate für eine Woche eingesetzt, dann werden die Erfahrungen gründlich evaluiert, erklärt Huhn. „Wir müssen den Einsatz nun erstmal erproben, bisher sind alle Ideen nur am Tisch entstanden.“ Wie es nach den fünf Jahren weitergehen könnte, traut er sich noch nicht zu sagen. Letztendlich hänge es auch vom Preis der Roboter ab.

Derzeit sind sie noch teuer, das räumt auch Marc Specht ein. Aber auch am Preis werde sich in den kommenden Jahren viel tun, sagt er. „Ich bin überzeugt, dass in zehn Jahren in etlichen Pflegeeinrichtungen Roboter eingesetzt werden.“ Andere Länder wie zum Beispiel Japan seien Deutschland da weit voraus. Die Messe in Nürnberg will die Herstellerfirma nun nutzen, um Pepper vorzuführen. Und um potenzielle Kunden zu befragen, was sie sich von ihm wünschen würden. „Das werden wir dann für seine Weiterentwicklung nutzen.“

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