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Wegen Gender-Stern in Bistums-Tweet: Nutzer drohen mit Kirchenaustritt - „Scheint nicht mehr katholisch zu sein“

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Von: Claudia Möllers

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Kirchenmusiker*innen werden in ihr Amt eingeführt. An der Schreibform mit dem Gender-Stern entzündete sich eine Debatte.
Kirchenmusiker*innen werden in ihr Amt eingeführt. An der Schreibform mit dem Gender-Stern entzündete sich eine Debatte. © Screenshot von Twitter

Ein Sternchen hat eine Empörungswelle über die Online-Kommunikation des Münchner Erzbistums ausgelöst. Auf sozialen Netzwerken regen sich User über den sogenannten Gender-Stern auf.

München – Die Nachricht war eigentlich wenig aufregend: „Wir freuen uns, dass es im Erzbistum neue Kirchenmusiker*innen gibt“, heißt es in einer Twitter-Nachricht auf der Bistumsseite des Erzbistums München und Freising. Dass diese Meldung im Internet einen Sturm der Entrüstung auslösen könnte, hatte sich Bernhard Kellner, Leiter der Stabsstelle Kommunikation des Erzbistums, nicht vorstellen können.

Wegen Gender-Stern: User drohen mit Kirchenaustritt - Rede ist von „Sprachdiktatur“

Das Erzbistum folge der Gender-Ideologie und „scheint nicht mehr katholisch zu sein“, schreiben User. Es werde die Sprache verhunzt. Andere fordern gleich zum Kirchenaustritt auf – direkt oder indirekt durch den Zusatz „Powered by your Kirchensteuer“. Für Bernhard Kellner ein Versuch, Kirchensteuerzahler gegen die Amtskirche aufzuhetzen. Und so reagierte er auf Twitter mit einem Gegenangriff: „Wie dämlich. Willkommen in der Gegenwart“.

Große Teile der Bevölkerung lehnen allerdings eine gendergerechte Sprache* ab, mit der eine Benachteiligung von Frauen oder anderer Geschlechtsidentitäten verhindert werden soll. Sie halten das für „Sprachdiktatur“ und Anbiederung an den „Zeitgeist“.

Erzbistum München: Streit um Gendersternchen - Leute meinen zu wissen, was richtige Katholizität ist

Eine starre Sprachregelung im Ordinariat gebe es nicht, erklärt Kellner gegenüber dem Münchner Merkur. Doch die Erzdiözese stehe für eine aktive Gleichstellungsarbeit, ließ er dann auch über Twitter wissen. „Dazu trägt wesentlich auch unsere Sprache bei, denn sie prägt das Bewusstsein.“ Kellner empört sich über die Verachtung, die von manchen Kritikern in sozialen Netzwerken über die Arbeit der Kirche zum Ausdruck gebracht werde. „Was mich ärgert ist, dass in sozialen Medien Leute für sich reklamieren, allein zu wissen, was die richtige Katholizität ist.“ Diesen Personen folgten dann wieder User, die auch dieser Meinung sind – „und auf alle anderen kann man dann losgehen mit den übelsten Beschimpfungen“. So werde ihnen abgesprochen, Christen zu sein.

Zum „Gendern“ habe die Stabsstelle Kommunikation eine klare Meinung. „Unsere Frage lautet: Wollen wir als Kirche Menschen ausgrenzen? Die Antwort ist: Nein, denn wir sind für alle Menschen da“, sagt Kellner. Deswegen bemühe man sich um eine wertschätzende Sprache, die alle mitnehme. In der Regel schreibe man die weibliche und männliche Form aus, auf Twitter aber habe man nur eine begrenzte Zahl an Zeichen. Daher die Kirchenmusiker*innen. „Unsere Sprache soll wertschätzend sein.“ Diese Sprachregelung auf die Spitze zu treiben und alle Formulierungen durchzu“gendern“, davon hält Kellner nichts. Aber: „Den anderen ist es ein permanenter Nadelstich, wenn er oder sie nicht vorkommt.“

Klare - und vor allem ganz unterschiedliche Meinungen haben zwei Autoren außerdem in diesen Kommentaren. Während einer davon eine Diskussion um den Duden nicht nachvollziehen kann*, sieht die andere das Gendern im Duden als wichtig an*.

Streit um Gendersternchen: An der Ungleichbehandlung der Frau ändert sich nichts

Mit dem Gendersternchen ändert sich freilich in der strukturellen Ungleichbehandlung von Frauen in der katholischen Kirche nichts. Kellner sagt dazu: „Hier geht es um die Sprache. Was das politisch heißt, steht auf einem anderen Blatt.“ Sprache verändere das Bewusstsein. Er setze den Genderstern nicht aus kirchenpolitischen Gründen – ihm gehe es um ein wertschätzendes Miteinander auf Augenhöhe. „Das steht uns ganz gut an.“

Derart polarisierte Debatten, wie sie sich jetzt auch beim Genderstern gezeigt habe, vergifteten das politische Klima. Die Demokraten müssten zusammenstehen und sich um eine vernünftige Sprache bemühen, fordert der gelernte Journalist: „Wir brauchen Anständigkeit im Netz.“ (*Merkur.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks).

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