Finale im großen Raucher-Kampf

München - Der Zick-Zack-Kurs beim Rauchverbot scheint sich auf der Zielgeraden einzupendeln. Die Koalitionsparteien CSU und FDP überlassen den Bürgern in Bayern die Wahl, der Termin für den Volksentscheid steht so gut wie fest.
Das werden heiße Wochen im Juli: Voraussichtlich am 4. Juli sollen die Bayern entscheiden, ob sie den blauen Dunst strikt aus Gaststätten und Kneipen verbannen möchten, erklärte das Innenministerium. Und nur eine Woche später findet das Finale der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika statt. Das Plebiszit zum Gesundheitsschutzgesetz könnte tatsächlich das Endspiel sein in der Diskussion, die seit mittlerweile vier Jahren eines der brennendsten politischen Aufreger-Themen ist.
Die Akte „Gesundheitsschutzgesetz“ im Landtag ist dick geworden. Allein das bloße Sachverzeichnis zum Thema, das Anfragen, Beschlüsse, Änderungsanträge und Gesetzentwürfe auflistet, umfasst fünf Seiten, die eng beschrieben sind. Die Staatsregierung hatte die ursprünglich geltende Regelung erst im August wieder aufgeweicht und das Rauchen in kleinen Kneipen (Fläche unter 75 Quadratmeter) offiziell wieder erlaubt. Gestern stand nun der Gesetzentwurf des erfolgreichen Volksbegehrens für ein strenges Rauchverbot auf der Tagesordnung.
Fast 14 Prozent der Wahlberechtigten hatten sich Ende November, Anfang Dezember in Listen eingetragen. Gestern musste die schwarz-gelbe Koalition offiziell verkünden, ob sie den Gesetzentwurf annimmt oder nicht. Schon vor Wochen hatten BüBsich CSU und FDP darauf geeinigt, es auf den Volksentscheid ankommen zu lassen und darin auch keinen Alternativvorschlag zur Abstimmung zu stellen. Die Regierungsparteien wären hochzufrieden mit der aktuellen Gesetzeslage – Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) versäumte es auch nicht, sie im Plenum zu loben: „Die Praktikabilität hat sich bewährt“, so der Minister. Jeder Bürger hätte bislang die Möglichkeit, selbst zu entscheiden ob er sich lieber in rauchfreien oder verqualmten Räumen aufhält. Das ursprünglich strenge Rauchverbot habe „in der Praxis zu erheblichen Problemen geführt“. Eine Verschärfung des Rauchverbots könne neuerliche Schwierigkeiten mit sich bringen.
Auch die FDP warnte vor einer rigorosen Regelung. Ein totales Rauchverbot sei ein weiterer Schritt auf dem Weg in den Verbots- und Überwachungsstaat, sagte Innenexperte Andreas Fischer. Das Päckchen Verantwortung für den Nichtraucherschutz in Bayern übergab Söder stellvertretend für die Koalition an das Volk: „Es wäre der falsche Weg, 86 Prozent der bayerischen Bevölkerung vom demokratischen Prozess auszuschließen“, sagte er staatsmännisch.
Da half es auch nichts, dass die Vertreter der Oppositionsparteien in ihren Reden dafür plädierten, den Gesetzentwurf anzunehmen. „Das Geld wäre deutlich besser angelegt in einer Kampagne für Tabakprävention“, sagte die SPD-Gesundheitsexpertin Kathrin Sonnenholzner. Doch ihr Aufbäumen war wie das von Theresa Schopper, der Landesvorsitzenden der Grünen, nur Formsache: Der Gesetzentwurf wird jetzt seinen Weg durch die Landtagsausschüsse nehmen.
Mitte April, so beschloss es der Ältestenrat des Landtags, wird das Thema die Abgeordneten erneut beschäftigen. In der sogenannten zweiten Lesung wird der Entwurf aller Voraussicht nach von der Parlamentsmehrheit durchgewunken. Bayern ist dann offiziell das erste Bundesland, das in einem Volksentscheid über ein komplettes Rauchverbot abstimmen lässt.
Im Kampf zwischen Rauchern und Nichtrauchern wird also eine neue Runde eröffnet. Der Hauptinitiator des Volksbegehrens, Sebastian Frankenberger, verfolgte die Debatte gestern aufmerksam von der Besuchertribüne oberhalb der Abgeordneten. Und gleich im Anschluss daran traf der 28-Jährige seine Mitstreiter. Besprochen wird, wie Bayern ab Sommer rauchfrei werden kann. Wird der Entwurf von 50 Prozent plus X befürwortet, erlangt er sofortige Gesetzeskraft – und der Freistaat wäre mit einem Schlag wieder das Land mit dem strengsten Rauchergesetz.
Carina Lechner