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Internetaufruf mit großer Resonanz: Sie wehren sich gegen die Gipfelkreuz-Turner

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Von: Claudia Schuri

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Endlich geschafft: David Schneider (links) und Florian Hagl posieren nach der Arbeit vor ihrem aufgestellten Gipfelkreuz.
Endlich geschafft: David Schneider (links) und Florian Hagl posieren nach der Arbeit vor ihrem aufgestellten Gipfelkreuz. © privat

Das Gipfelkreuz auf der Zwölferspitz hat für Florian Hagl und David Schneider eine besondere Bedeutung. Als sie auf Fotos sahen, wie Wanderer darauf herumturnten, starteten sie deshalb einen Internetaufruf - mit einer riesigen Resonanz.

Grassau - Sie kletterten auf das Gipfelkreuz, saßen und stellten sich auf die Querbalken und hängten sich sogar kopfüber daran: Das alles war auf den Bildern zu sehen, die ein Pärchen kürzlich nach seiner Wandertour auf die Zwölferspitz im Chiemgau im sozialen Netzwerk Instagram postete.

Auch Florian Hagl (27) und David Schneider (28) entdeckten diese Fotos - und ärgerten sich: Denn es ist gerade zwei Jahre her, dass sie das Kreuz gebaut hatten. „Es ist ein Gipfelkreuz und kein Klettergerüst“, sagt Hagl. „So etwas macht man nicht.“

Ärger wegen Klettereien an Gipfelkreuz: Facebook-Post sammelt binnen einer Woche mehr als 30.000 Reaktionen

Die beiden starteten auf Facebook einen Aufruf an alle Wanderer, derartige Aktionen zu unterlassen. Die Resonanz war enorm. Vor einer Woche postete Hagl den Beitrag, an diesem Montag hatten ihn über 34.800 Personen geteilt. „Mit dieser Entwicklung hätten wir nie gerechnet“, berichtet Hagl. „Wir haben hunderte Nachrichten bekommen.“

Die Spezl sind in Grassau (Kreis Traunstein) aufgewachsen. Schneider lebt noch dort, Hagl ist inzwischen nach Tirol gezogen. Beide verbringen jede freie Minute in den Bergen. „Die Zwölferspitz ist unser Hausberg“, berichtet Hagl. Nachdem dort vor zwei Jahren der Blitz in das Gipfelkreuz eingeschlagen ist, beschlossen sie, ein neues aufzustellen. „Wir wollten den Berggehern ein schönes Kreuz schenken. Und auch für uns war es eine schöne Sache.“

Mit Muskelkraft schleppten Florian Hagl und David Schneider das Kreuz auf die Zwölferspitz.
Mit Muskelkraft schleppten Florian Hagl und David Schneider das Kreuz auf die Zwölferspitz. © privat

Ärger wegen Klettereien an Gipfelkreuz: Bei Sonnenuntergang vom Balkon aus zu sehen

David Schneiders Großvater hatte vor vielen Jahren ein Kreuz an der Sonnwendwand, ein Gipfel südwestlich der Kampenwand, aufgestellt - für ihn schloss sich damit ein Kreis. Außerdem ist Hagls Elternhaus direkt neben dem Berg. „Abends, wenn die Sonne untergeht, sieht man vom Balkon aus sogar das Kreuz“, erzählt er.

Bis spät in die Nacht werkelten die beiden an einem Oktobertag im Jahr 2017 an dem Kreuz. Am nächsten Morgen ging es gleich um 6 Uhr weiter. Mit dem circa 85 Kilo schweren Kreuz auf den Schultern und jeweils 30 Kilo Zement und Werkzeug im Rucksack marschierten sie den Berg hinauf und überwanden 1100 Höhenmeter. Anschließend holten sie von einer Alm Wasser zum Zementieren.

Ärger wegen Klettereien an Gipfelkreuz: Aufbau dauert mehrere Tage

Am folgenden Tag ging es für die Abschlussarbeiten wieder auf den Berg. „Es war anstrengend, aber es hat sich gelohnt“, sagt Hagl. Das Kreuz sei der ganze Stolz seines verstorbenen Großvaters gewesen - und war sogar auf dessen Sterbebild abgebildet. „Für mich hat es deshalb eine doppelte Bedeutung.“ Umso wichtiger ist ihm, dass es nicht beschädigt wird.

Gipfelkreuze haben oft eine große emotionale und kulturelle Bedeutung“, bestätigt Thomas Bucher, Sprecher beim Deutschen Alpenverein. Das sei sehr deutlich geworden, als vor einiger Zeit mehrere Gipfelkreuze mutwillig zerstört oder umgesägt wurden. „Es geht um die Frage, mit welcher Einstellung und Würde man an so ein Kreuz herangeht“, sagt Bucher. „Dass auf den Kreuzen geklettert wird, haben wir aber noch nicht mitbekommen.“

Kletter-Bilder gibt es auch von anderen Kreuzen.
Kletter-Bilder gibt es auch von anderen Kreuzen. © privat

Ärger wegen Klettereien an Gipfelkreuz: „Oft geht es nur um das beste Foto“

Florian Hagl und David Schneider haben auch auf anderen Gipfeln schon Wanderer beim Turnen auf den Kreuzen beobachtet. „Das sehen wir öfters“, sagt Hagl. „Oft geht es leider nur mehr um das beste Foto.“ Er sieht in dem Verhalten ein Sicherheitsproblem: „Wenn es gleich daneben steil nach unten geht und jemand nicht so sportlich ist, dann ist die Gefahr groß, dass er vom Kreuz fällt und abstürzt.“

Mehrmals haben Hagl und Schneider deshalb Wanderer auf das Thema angesprochen. „Die meisten sehen es dann ein“, sagt Hagl. „Sie denken einfach nicht nach.“ Auch das Paar, das die Bilder vom Kreuz auf der Zwölferspitz gepostet hatte, haben Hagl und Schneider kontaktiert. „Sie haben sich entschuldigt und die Fotos gelöscht“, berichtet Hagl.

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*Merkur.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks.

Claudia Schuri

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