Land-Gymnasien konkurrieren um G9
München - Bis Freitag dürfen sich Gymnasien für die versuchsweise Einführung des G9-Zugs bewerben. Die Zahl der Interessenten dürfte größer sein als die Zahl der Plätze.
Miesbachs Schuldirektor Rainer Dlugosch ist „ganz klar“ dafür, sein Tölzer Kollege Harald Vorleuter ebenso deutlich dagegen. Das Meinungsspektrum an den Gymnasien in Bayern zur Mittelstufe plus schwankt zwischen Euphorie und Desinteresse. Dennoch dürfte klar sein, dass sich eine erkleckliche Anzahl von Gymnasien für den zweijährigen Schulversuch bewerben wird. Zur Erinnerung: Mittelstufe plus bedeutet: Schüler dürfen die 8. bis 10. Jahrgangsstufe in vier Jahren durchlaufen. Das ist de facto ein G9-Zug. Neu ist dabei die Klasse „9+“. Nach Protesten sicherte Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) zu, dass es nur in der „9+“ zwei Stunden in der Woche Nachmittagsunterricht geben wird – sonst nicht. Das macht das Modell attraktiver als zunächst gedacht.
Morgen läuft die Frist ab. Viele Schulleiter feilen bis zuletzt an ihrem Antrag. Zum Beispiel auch der Chef des Deutschen Philologenverbands, Heinz-Peter Meidinger, der ein Deggendorfer Gymnasium leitet. Er rechnet vorsichtig mit „60 bis 80“ Bewerbern. Das sind weit mehr, als das bayerische Kultusministerium eingeplant hat – es will in jedem der acht Aufsichtsbezirke nur vier bis fünf Schulen für den Schulversuch zulassen, der bereits im September startet.
Eng werden dürfte es insbesondere in Niederbayern, wo sich geschätzt ein Drittel der 30 Gymnasien bewerben – darunter zum Beispiel alle drei Schulen im Landkreis Rottal-Inn. Hingegen ist die Beteiligung in Großstädten eher schwach – wenngleich sich auch Gymnasien in Regensburg, Passau oder Bamberg bewerben. In Oberbayern ist das Bild uneinheitlich: Die Kreise Rosenheim, Dachau oder Weilheim-Schongau verzichten. Bewerben wollen zum Beispiel die Gymnasien in Miesbach, Puchheim (Kreis Fürstenfeldbruck) und Geretsried (Kreis Bad Tölz-Wolfratshausen) die Mittelstufe plus. „Das Meinungsbild im Lehrerkollegium war einmütig“, sagt Miesbachs Schulleiter Rainer Dlugosch. Am Dienstagabend stimmte auch das Schulforum – Eltern, Schüler und Lehrer – zu. „Wir sind guten Mutes.“ Miesbach habe zum Beispiel viele musikalisch begabte Schüler, die Zeit zum Üben bräuchten. „Wir sehen es als Angebot auch für begabte Schüler“, sagt Dlugosch. In Geretsried ist ein anderer Hintergedanke erkennbar: Die Schule steht im Wettbewerb mit der Realschule – gerade in der Mittelstufe würden Schüler abspringen, denen die Belastung am Gymnasium zu hoch sei. Andernorts treibt Landräte die Sorge vor einem Imageverlust um, sollte keine Schule mitmachen. Der Lindauer Landrat Elmar Stegmann (CSU) brachte beide Gymnasien in der Stadt dazu, einen gemeinsamen Antrag zu formulieren – ein Novum.
In der Schwebe ist, ob es für die Versuchsschulen einen Zusatz bei den Lehrerstunden gibt. Bislang sind nur vier Budgetstunden zugesagt. Der Schulexperte der Freien Wähler, Günther Felbinger, wirbt dafür, das Budget für kleinere dreizügige Schulen aufzustocken. Ansonsten könnten sie ihre Zweige nicht aufrecht erhalten. Die derzeitige Ausstattung sei „mehr als dürftig“.
Dirk Walter