Der große Umland-Vergleich: Für wen sich Pendeln wirklich auszahlt

Wohnen in München ist für viele inzwischen einfach zu teuer. Aber auch das tägliche Pendeln aus dem Umland geht ins Geld. Eine Kosten-Analyse:
Innerstädtische Wohnungen sind mittlerweile so selten wie ein Sechser im Lotto, erfordern aber einen Kapitaleinsatz in der Höhe eines Hauptgewinns. 6789 Euro mussten Münchner im vergangenen Jahr im Durchschnitt für einen Quadratmeter Eigentum hinblättern – und damit rund 1500 Euro mehr als im Umland. Kein Wunder also, dass immer mehr Menschen aufs Land ziehen. Was dabei allerdings oft vernachlässigt wird: Auch der Weg zur Arbeit schluckt Geld. Der Wohnatlas der Postbank zeigt, wann sich das Pendeln lohnt.
Florian Rieger fährt jeden Tag von Moosburg nach München, obwohl ihn die Pendelei, wie er selbst sagt, „brutal nervt“. Das Problem sei nicht das Fahren an sich, sondern die Unzuverlässigkeit der Bahn. „Ständig gibt es Verspätungen, nicht selten fallen Züge aus. Und vom Pendeln im Winter“, sagt Rieger, „will ich gar nicht erst anfangen.“ Es gäbe eine simple Lösung für das Problem, sagt Rieger: Nach München ziehen. Doch dafür fehlt dem 20-Jährigen schlichtweg das Geld. „Mein Studium verschlingt sehr viel Zeit“, sagt er. „Ich gehe zwar arbeiten, aber das reicht in München nicht mal für ein Zimmer in einem Studentenwohnheim.
Institut entwickelte Modellrechnung
Um die möglichen Kosten-Vorteile für das gesamte Umland zu beziffern, hat die Postbank das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) damit beauftragt, eine Modellrechnung zu entwickeln. Dabei wurde der Kauf einer durchschnittlich teuren 70-Quadratmeter-Wohnung in München jeweils mit einem Objekt im Umland verglichen. Zur Berechnung der Pendelkosten sind die Experten davon ausgegangen, dass mindestens eine Person eines Haushalts in München arbeitet und dafür rund 220-mal im Jahr dorthin pendelt. Analysiert wurde sowohl die Dauer der Anfahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln (ÖPNV) als auch mit dem Auto.
Die Untersuchung hat ergeben, dass das Pendeln für Dachauer am günstigsten ist. Grund dafür ist zum einen die gute Anbindung, durch die sich die Fahrtzeit reduzieren lässt. Zum anderen liegt der Quadratmeterpreis in Dachau derzeit rund 2000 Euro unter dem in der Metropole. Das ergibt einen Kaufpreisvorteil von 38,3 Jahren.
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In den Kreisen Fürstenfeldbruck, Ebersberg und Freising ist der Quadratmeter zwar noch etwas günstiger als in Dachau. Allerdings dauert die Bahnfahrt aus den Städten Germering, Vaterstetten und Freising länger, sodass der Kaufpreisvorteil schneller verfahren ist. In Germering und Vaterstetten besteht er 26,1 Jahre, in Freising 25,2 Jahre.
Bei der Nutzung des Autos sind die Zeitspannen überall deutlich kürzer – sie liegen zwischen 10,1 Jahren in Ebersberg und 18,4 Jahren in Germering. Keine der untersuchten Städte zeigt Kostenvorteile für Auto-Pendler im Vergleich zur Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel. Die Vorteile für Bus- und Bahnfahrer sind in Dachau mit einem Plus von 22 Jahren besonders groß. In Erding bestehen die Vorteile für die Öffentlichen dagegen nur knapp vier Jahre länger als für die Auto-Fraktion.
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Wirft man einen Blick auf die günstigsten Immobilienpreise, schneidet der Landkreis Landsberg am Lech am besten ab. Mit 3.301 Euro ist der Quadratmeter Wohneigentum dort im Schnitt nur halb so teuer wie in der Landeshauptstadt. Zugleich ist die Stadt Landsberg aber am weitesten entfernt: Auf diese Weise ist der Kaufpreisvorteil gegenüber München zwar immens, allerdings hat das Pendeln seinen Preis. Für die 60 Kilometer weite Strecke müssen Bahn-Fahrer 54 Minuten einkalkulieren, Autofahrer 50. Das mit dem Kauf gesparte Geld ist nach 16,8 Jahren verfahren, Auto-Pendler sind sogar nur zwölf Jahre im Vorteil.
S.Brenner, S. Heidrich
So lange profitieren Pendler von dem Kostenvorteil
Landkreis | Entfernung | Schnellste Verbindung mit den Öffentlichen* | Schnellste Route mit dem Auto** | Dauer Preisvorteil(Nutzung ÖPNV) | Dauer Preisvorteil(Nutzung Auto) |
Dachau | 18 km | 15 Minuten | 30 Minuten | 38,3 Jahre | 16,3 Jahre |
Fürstenfeldbruck | 28 km | 28 Minuten | 35 Minuten | 21,8 Jahre | 13,2 Jahre |
Ebersberg | 36 km | 38 Minuten | 45 Minuten | 15,8 Jahre | 10,1 Jahre |
Freising | 41 km | 27 Minuten | 40 Minuten | 25,2 Jahre | 12,6 Jahre |
Starnberg | 27 km | 20 Minuten | 26 Minuten | 20,1 Jahre | 11,1 Jahre |
München (Unterschleißheim) | 18 km | 25 Minuten | 30 Minuten | 17 Jahre | 11,3 Jahre |
Landsberg am Lech | 60 km | 54 Minuten | 50 Minuten | 16,8 Jahre | 12 Jahre |
Erding | 44 km | 51 Minuten | 50 Minuten | 14,7 Jahre | 10,8 Jahre |
* vom Bahnhof bzw. Ortsmitte zum Münchner Hauptbahnhof
** Abfahrt werktags morgens zwischen 7 Uhr und 8 Uhr