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Neue Vorschriften: Stockschützen stocknarrisch

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Ein Mann übt sich am Mittwoch auf dem zugefrorenen Wörthsee bei Walchstadt (Kreis Starnberg) im Eisstockschießen. © dpa

München - Neue Material- und Regelvorschriften des Weltverbands „International Federation Icestocksport“ ärgern die Stockschützen.

Wer in Turnieren antreten will, braucht neues Sportgerät. Zum Teil „reine Geldmacherei“, sagt sogar der Boss der Deutschen Eisstockschützen.

Die Meinung von Peter Malley ist eindeutig: „So ein Unsinn“, kommentiert der Vizechef des EC Germering die seit 1. Oktober geltenden neuen Regeln. Der Weltverband IFI hat viele Eisstöcke, Laufsohlen und sogar Stiele für Wettbewerbe gesperrt. „Was machen wir jetzt mit unserem Material“, fragt sich Malley, und gibt gleich selbst die Antwort: „Das können wir wegschmeißen.“

Ähnlich Hans Streibl, Chef im Eisschützenkreis Freising-Erding: „Warum das über uns kam, weiß nur der liebe Gott“, zürnt er. Besonders ärgert Streibl eine Regeländerung: Rollende oder sich überschlagende Stöcke sind jetzt nicht mehr erlaubt. Aber: „Wann rollt ein Stock, wann kippt er? Das ist doch Interpretationssache.“ Und dann die Vorschrift, dass alle verschobenen Stöcke auf ihre Ausgangsposition zurückgesetzt werden müssen – „das führt doch nur zu Streit“, sagt Streibl. „Das können nur Leute erfunden haben, die selbst nicht schießen“, ergänzt der Germeringer Malley.

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Die Unruhe ist groß im bayerischen Traditionssport – vor allem unter jenen geschätzt 27 000 für den Spielbetrieb angemeldeten Stockschützen. „Schimpfen tun alle“, bestätigt Rupert Martl, Rosenheimer Kreis- und Bezirksobmann. Seine Frau, die in der Bundesliga spielt, kann 13 ihrer 15 Laufsohlen ausmustern.

Der Verband versucht, die Änderungen zu verteidigen. „Klar, ein großer Schwung von Platten und Stöcken ist ungültig geworden“, bestätigt Hansjörg Rieß, Sportdirektor des Deutschen Eisstockverbands. Er hat dafür aber Verständnis. Ein „gewisser Schnitt“ müsse sein, denn die Stöcke seien zum Teil zehn bis 20 Jahre alt. Sogar Sicherheitsbedenken gebe es.

Manfred Schäfer aus Mannheim, Präsident der IFI, verweist auf die technische Kommission des Weltverbands, die die Änderungen getroffen habe. In der Kommission sind sieben Nationen vertreten. Schäfer verteidigt die Änderungen: „Kein Tennisspieler tritt heute mit dem gleichen Schläger an wie vor zehn Jahren. Nur bei den Eisstockschützen soll es immer so bleiben, wie es war.“

Freilich stehe auch ein finanzieller Aspekt im Vordergrund: Neue Laufsohlen haben ab diesem Jahr ein Gütesiegel der IFI, das bringt Geld: Zwei Euro je Platte – sie kostet zwischen 50 und 75 Euro – werden abgeführt. „Klar, dass sich Hobbyschützen aufregen“, sagt Rieß. Sein Präsident Christian Lindner aus Peiting spricht selbst von einer „Geldmacherei unseres Weltverbands“, auch wenn er einen Großteil der Änderungen nachvollziehen kann. Nur, dass die seit eh und je üblichen höhenverstellbaren Stiele ab sofort nicht mehr erlaubt sind, stört ihn auch. „Das hätte nicht sein müssen.“

Für den Germeringer Malley sind es solche finanziellen Auswirkungen, die den Niedergang des Eisstocksports beschleunigen. Schon jetzt gibt es Nachwuchssorgen – der jüngste in der Mannschaft ist 46, das Gros seines Teams aber über 70. „Ein Rentner kauft sich nur sehr ungern einen neuen Eisstock für 400 bis 500 Euro.“ Manche mögen jetzt nicht mehr: Etwa Peter Maier aus Halfing (Kreis Rosenheim). Seit 37 Jahren schwingt er im Verein den Eisstock. Erst im Januar schaffte der 67-Jährige mit der Altherrenmannschaft des SV Söchtenau/Krottenmühl den Aufstieg in die Landesliga. Jetzt reicht es ihm – im März ist Schluss. Der Sport sei ihm zu teuer. „Und ich weiß von vielen, die nicht mehr weitermachen wollen."

ku/dw

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