Extreme Krankheitswelle an Bayerns Schulen: „Erinnere mich nicht, dass ich so etwas schon mal erlebt habe“

An Bayerns Schulen gibt es fast überall überdurchschnittlich hohe Krankenstände. Teilweise muss notgedrungen Unterricht ausfallen – denn es erwischt auch immer mehr Lehrer.
München – Nach Corona ist vor der Erkältung: Die Krankheitswelle hat, regional unterschiedlich, die Schulen erreicht. Anders als bei den Kleinkindern ist nicht das gefürchtete RS-Virus das Problem. Vielmehr grassieren normale Krankheiten: Erkältungen, Grippe, Magen-Darm – die ganze Palette.
Am Gymnasium Olching (Kreis Fürstenfeldbruck) fehlen über 200 der 950 Schüler und Schülerinnen. Sabine Jackermeier, Leiterin der Grundschule am SteinPark in Freising, berichtet über eine Klasse, in der mehr als die Hälfte der Kinder fehlen. Im Landkreis Miesbach berichtet das Schulamt über eine Grund- und Mittelschule, in der 70 der 300 Kinder erkrankt sind. An der Grund- und Mittelschule Kirchseeon (Kreis Ebersberg) sind über 100 der 580 Kinder krank, teilweise sind nur noch acht Schüler in der Klasse. „Ich kann mich nicht erinnern, dass ich so etwas schon mal erlebt habe“, sagt Schulleiter Franz Kraxenberger.
Erkältungen, Grippe, Magen-Darm: Bayerns Schulen kämpfen mit hoher Krankheitswelle
Die Krankheitswelle schwappt auch auf die Lehrer über. Viele sind abgehärtet, aber nun ist es doch so, dass die Lehrer die Krankheiten der Kinder aufschnappen und sich krankmelden, berichtet Grundschul-Leiterin Jackermeier. „Bis zehn fehlende Kollegen können wir noch ausgleichen“, schätzt Schulleiter Stefan Gasior von der Realschule Baldham (Kreis Ebersberg). Jetzt seien aber schon 13 der 80 Kollegen krank.
Im Landkreis Fürstenfeldbruck musste die Woche eine Klasse tageweise zu Hause bleiben – fünf Lehrer fehlten. Dass das erlaubt ist, bestätigt Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands. Sie kennt Anweisungen der Bezirksregierungen an die Schulämter, angesichts der Krankheitswelle auch eine Verkürzung des Unterrichts zu ermöglichen. „Das ist schon eine Ansage.“ Allerdings sei der Unterrichtsausfall Ermessenssache – manche Schulämter sind strenger, andere trauen sich mehr.
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Über sechs Prozent der Lehrer in Bayern sind krank
Auch wenn die Politik die Viren-Invasion nicht verhindern könne – so ganz aus der Pflicht nehmen will die ehemalige Grund- und Mittelschulrektorin die Staatsregierung nicht. „Die Politik hat ja erkannt, dass wir an den Schulen auf dem Zahnfleisch gehen. Der Lehrermangel wird nicht mehr bestritten.“ Allerdings mangele es noch an Gegenmaßnahmen. Das Kultusministerium betont indes, es habe vorgesorgt: „Die mobile Reserve wurde teils sogar überzeichnet.“ Auch dürften schwangere Lehrerinnen wieder unterrichten. „Es liegen uns keine Meldungen dazu vor, dass Unterrichtsversorgung flächendeckend gefährdet wäre“, betont ein Sprecher. Derzeit seien 6,1 Prozent der Lehrer krankgemeldet. Das seien noch etwas weniger als in der Hochphase der jüngsten Corona-Welle Anfang Oktober, als 6,8 Prozent der Lehrer und Lehrerinnen fehlten.
Nicht überall ist die Krankheitswelle so krass. „Die Krankheitsmeldungen liegen sogar eher unter dem Level“, berichtet Regine Hoffmann, Schulleiterin des Anne-Frank-Gymnasiums Erding.
In Garmisch-Partenkirchen scheinen die Kinder abgehärtet zu sein: Schulamtsdirektorin Gisela Ehrl sagt, sie habe im Landkreis schon weit Schlimmeres erlebt. Massiv viele Lehrer und auch Schüler seien im Oktober wegen einer Corona-Infektion zu Hause geblieben. Aktuell könne man die Ausfälle über mobile Reserven noch weitgehend abfedern. „Die Situation ist schwierig, aber beherrschbar.“ (mm)