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Nützliche Geschenke - Kolumne von Susanne Breit-Keßler*

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Susanne Breit-Keßler war evangelische Regionalbischöfin für München und Oberbayern.
Susanne Breit-Keßler war evangelische Regionalbischöfin für München und Oberbayern und ist Vorsitzende des Ethik-Rates. © privat

Unser Briefkasten quillt über. Kataloge mit Angeboten ohne Ende. Ich soll mich um die Geschenke für Weihnachten kümmern. E-Mails teilen mir das ebenfalls mit.

Renommierte Zeitungsverlage schicken – teure – Präsentideen, zu denen Bronzeskulpturen und Künstlergläser gehören. Ich brauche diese Aufforderungen und Einfälle nicht. Sobald unter dem Jahr einer meiner Liebsten etwas äußert, was er oder sie gerne mag, mache ich mir eine Notiz. Unauffällig, versteht sich. Ich habe eine, sagen wir, „Goldene Liste“, auf der erfüllbare Wünsche stehen. Damit bin ich gerüstet für das Fest.

Bekenne mich zur Lust am Schenken

Der Satz „Wir schenken uns nichts“ zeugt zwar von hoher Moral und tiefer Bescheidenheit. Aber tapfer bekenne ich mich dagegen - und zur Lust am Schenken. Im Krankenhaus hat mir eine alleinerziehende Frau erzählt, wie sie es mit ganz kleinem Gehalt bewerkstelligt, ihren Söhnen jedes Jahr Freude zu bereiten: Sie wandert über Flohmärkte, ergattert Sonderangebote der tollsten Spielsachen und zaubert damit ein Leuchten auf das Gesicht ihrer Jungs. Andere beglücken mit selbst gemachten Marmeladen und Ölen, mit eigenen Tonfiguren oder sie ziehen geschickt aus Ablegern neue Pflanzen.

Es ist nicht Geld, das Weihnachtsfreude möglich macht. Es ist die Liebe, die die man für andere empfindet. Die Aufmerksamkeit für ihre Person, für das, was sie irgendwann als kleine Sehnsucht geäußert haben. Richtiges Schenken ist Gestalt gewordene Zuneigung zu einem Menschen. Im Präsent zeigt sich eigene Präsenz. Ich erfreue mich immer noch an Geschenken, die ich schon vor Jahren bekommen habe. Da ist der „ewige“ Kalender eines Verlages, der „Unsere Erde“ in 365 Bildern zeigt und informative Texte beifügt. Ich sehe und lerne immer wieder neu …

Den Kugelschreiber aus einem berühmten englischen Kaufhaus nutze ich eifrig. Damals, als er gekauft und mir überreicht wurde, hat es noch nicht Qatar gehört. Fast täglich verwende ich ein sogenanntes Knietablett, mit dessen Unterstützung ich auf dem Sessel gemütlich essen, schreiben und lesen kann. Es ist nach 15 Jahren so abgenutzt, dass ich mir vielleicht bald ein neues wünschen darf. Dann habe ich winzige Plexiglasschälchen, die man mit Resten füllen, aufeinandertürmen und mit einem Deckel verschließen kann. Geliebt und gebraucht. Genauso wie die Zitrusprese, bei der man kaum Kraft braucht, die altertümliche Pfeffermühle und ein Set kleiner Löffel für einfach alles.

Gerade in diesen üblen Zeiten ist es wirklich schön, den Advent als Zeit der verheißungsvollen Geheimnisse zu kultivieren. Wo ist meine Liste? Ich muss los. Zuvor verschließe ich den Schrank. Mein Mann darf das Versteck für seine Geschenke keinesfalls finden.

*Die frühere evangelische Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler ist Vorsitzende des Ethik-Rates.

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