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Bayern trauert um Joseph Ratzinger: Was von Papst Benedikt bleibt

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Von: Claudia Möllers

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Der emeritierte Papst Benedikt XVI. (95) starb am 31. Dezember 2022 im Kloster Mater Ecclesiae im Vatikan.
Der emeritierte Papst Benedikt XVI. (95) starb am 31. Dezember 2022 im Kloster Mater Ecclesiae im Vatikan. © ETTORE FERRARI/dpa

In Bayern ist die Trauer um den verstorbenen Papst Benedikt XVI. groß. Nach der Anfangs großen Begeisterung über den deutschen Papst waren die späteren Jahre seines Pontifikats allerdings von innerkirchlichen Problemen und Skandalen gekennzeichnet. Ein Kommentar von Claudia Möllers.

Benedikt XVI. war länger ein „Papa emeritus“ als amtierendes Oberhaupt der katholischen Kirche. Und das ist auch die Tragödie eines großen Theologen, der längst im Ruhestand sein und als Gelehrter schreiben wollte, als ihn die Kardinäle 2005 zum Papst wählten. Joseph Ratzinger konnte zum Beginn seines Pontifikats noch die Begeisterung der deutschen Katholiken erleben, die ihm bei seinen Besuchen 2005 und vor allem 2006 in Bayern entgegengebracht wurde. Auf die „Wir sind Papst“-Begeisterung folgte ein zwiespältiges Verhältnis mit anhaltender Bewunderung durch seine Verehrer und wachsender Ernüchterung seiner Kritiker.

Der deutsche Papst hat das Petrusamt menschlicher gemacht

Die späteren Jahre seines Pontifikats waren gezeichnet von innerkirchlichen Problemen, der Panne um die Aufhebung der Exkommunikation der Lefebvre-Bischöfe – darunter auch ein Holocaust-Leugner –, Finanz- und Verwaltungsskandalen im Vatikan und nicht zuletzt dem größten Schatten, der auf die Kirche und sein Lebenswerk fiel: die Missbrauchsskandale. Benedikt XVI. hat seiner Kirche tiefgründige Schriften geschenkt. Seine Betrachtungen über das Verhältnis von Vernunft und Glaube bleiben wegweisend. Als brillanter Theologe wird Joseph Ratzinger weiterleben. In für ihn dunklen Zeiten hat er die Größe gezeigt zurückzutreten, als er merkte, dass er keine Kraft haben würde, die notwendigen Veränderungen in der Kirche anzugehen. Der deutsche Papst hat das Petrusamt menschlicher gemacht. Zugleich bewahrt diese revolutionäre Neuerung die Kirche vor langen Zeiten des Stillstands, wenn ein Papst wegen Krankheit oder Alters nicht mehr entscheidungsfähig ist.

Die Bürde des Amtes ist größer denn je. In Zeiten von Säkularisierung und Individualisierung muss ein Papst die Kirche verändern – und sie zugleich über Kontinente hinweg zusammenhalten. Benedikts Rücktritt hat das Papstamt geerdet, ohne dessen Bedeutung zu mindern. Trotzdem waren die zehn Jahre mit „zwei Päpsten“ eine Herausforderung. Ein Emeritus muss klarer vom amtierenden Papst zu unterscheiden sein. Bis hin zur Kleidung – zwei Männer in Weiß wird es im Vatikan nicht noch einmal geben. Das hat nun Papst Franziskus in der Hand. Einerseits kann er nun etwas leichter „regieren“. Andererseits kann der 86-jährige und gesundheitlich angeschlagene Jesuit auch selber die Option Rücktritt für sich bedenken und als Emeritus neue Maßstäbe setzen.

Claudia Möllers

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