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Professoren wollen Bairisch retten

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Von: Dominik Göttler

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Englisch statt Dialekt: Die Münchner Hochschulen werden immer internationaler. Nun haben sich Professoren der TU München dafür ausgesprochen, den bairischen Dialekt trotz aller Internationalisierung nicht aussterben zu lassen. © dpa

Zum Tag der Muttersprache fordern mehrere Professoren der TU München: Sprecht mehr Bairisch! Denn auch wenn in den Hörsälen Hochdeutsch und Englisch zu Recht dominiere – im Alltag dürfe der Dialekt nicht verloren gehen.

München – Bei Reiner Rummels Forschungsgebiet dürfte der bayerische Durchschnittsbürger schnell mit den Ohren schlackern. Rummel ist Professor für Astronomische und Physikalische Geodäsie an der Technischen Universität München. Das heißt, ganz vereinfacht, er vermisst die Erde. Seine Spezialgebiete: Gravimetrie, Potentialtheorie, Bezugssysteme der Geodäsie. Die Vorlesungen für dieses Forschungsfeld hält er auf Hochdeutsch oder auf Englisch. Aber geboren ist Reiner Rummel im niederbayerischen Landshut. Und seinen bairischen Dialekt hat er bis heute behalten. Nur an der Uni, da hört er ihn immer seltener. „Das ist schade.“

Als einer von 14 Professoren und führenden Mitarbeitern der TU München, darunter auch Universitäts-Präsident Wolfgang A. Herrmann, hat er deshalb einen Appell des Vereins „Bund Bairische Sprache“ unterschrieben, indem alle Bairischsprechenden dazu aufgefordert werden, sich ihrer Wurzeln zu bekennen und im beruflichen und privaten Alltag selbstbewusst Dialekt zu sprechen. Darin heißt es unter anderem: „Dialekte sind als Elemente der Buntheit in einer Welt, die oft droht ästhetisch eintönig zu werden, eine kulturelle Notwendigkeit und Bereicherung.“

Von Bayerntümelei hält Rummel wenig

„Ich weiß, dass es wohl ein Kampf gegen Windmühlen ist“, sagt Rummel. In den Gängen der Universität höre er mittlerweile mehr Englisch als Deutsch – vom Bairischen ganz abgesehen. „Wir sind einfach internationaler geworden. Und das ist ja auch gut so.“ Von Bayerntümelei und dem Leitspruch vom Land mit Lederhose und Laptop halte er wenig. An der Universität hätten die internationalen Studenten einen Anspruch auf eine Lehre auf Hochdeutsch. Aber gerade im Privaten, im Wirtshaus, auf den Uni-Gängen und bei den alltäglichen Übungen und Projekten mit den Studenten hätte das Bairische seinen Platz.

Auch der Münchner Architektur-Professor Thomas Herzog hat den Appell unterzeichnet. In seiner Schulzeit konnte der heute 76-Jährige noch an der Sprache erkennen, welche seiner Mitschüler aus Giesing und welche aus Milbertshofen kamen. Während er sich mit seinen Spezln auf Münchnerisch unterhielt, sprach er zuhause Pfälzisch mit den Eltern. „Ich bin überzeugt davon, dass diese Vielfalt der Dialekte auch weiterhin notwendig ist.“ Gerade angesichts der immer engeren globalen Vernetzung sei der Dialekt ein wichtiger Teil der eigenen Identität, der nicht verloren gehen dürfe. „Eine gewisse Rückverankerung brauchen wir doch alle“, sagt Herzog, der auch jahrelang in China als Gastprofessor lehrte. „Es wäre deswegen falsch, unsere Sprache auf allen Ebenen zu standardisieren.“ Nicht zuletzt sei es auch ein mentales Training, mit verschiedenen Sprachfärbungen aufzuwachsen.

In seinem Beruf habe er immer wieder erlebt, wie verbindend es sein kann, wenn einem ein bekannter Dialekt begegnet. „Wenn Ihnen jemand mit ,mei, is scho recht‘ antwortet, dann hat das eine eindeutige Prägnanz und schafft gleich eine Vertrauensstufe – wenn man es versteht.“ Als Herzog gefragt wurde, ob er den Appell unterzeichnen würde, habe er deshalb sofort gesagt: „Freilich.“

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