1. Startseite
  2. Bayern

Rauchverbot: Rebellion im Bierzelt

Erstellt: Aktualisiert:

Kommentare

null
Qualm auf dem Volksfest: Auch damit ist bald Schluss. dpa © dpa

München - Widerstand gegen das Rauchverbot: Volksfest-Veranstalter fordern Ausnahmen, wie sie heuer auch für das Oktoberfest gelten. Auch die Gäste werden rebellieren - gegen die angekündigten Preiserhöhungen für Bier und Essen im Zelt.

Den Rauchern in Bayern geht es an den Kragen - und Volksfestbesuchern an den Geldbeutel. Bier und Hendl in Festzelten werden durch das Qualm-Verbot teurer. Das hat der Verband der privaten Brauereien angekündigt, in dem 450 von 630 Brauern vertreten sind - vor allem mittelständische Unternehmen. Betroffen von den Preissteigerungen sind kleinere Veranstaltungen: Volksfeste in der Region, sagt Geschäftsführer Werner Gloßner.

Fünf Prozent Preiserhöhung in den Festzelten

Er hat in den vergangenen Tagen mit vielen Festwirten gesprochen.

Lesen Sie dazu auch:

Rauchverbot: Wirten droht bis zu 1.000 Euro Bußgeld

„Jeder Namenstag wird eine geschlossene Gesellschaft“

„Es wird keine Raucherpolizei geben“

KVR-Chef: Lösung für das Rauchen auf der Wiesn

Rauch-Entscheid: Die Ergebnisse der Landkreise

Sie haben alle dasselbe Problem: Wenn sie als Verantwortliche für das Zelt sicherstellen müssen, dass das Rauchverbot eingehalten wird, brauchen sie mehr Personal. Denn: „Die Sicherheitsleute sind bereits ausgelastet durch Eingangskontrollen auf Schnapsflaschen oder Rundgänge auf Parkplätzen“, sagt Gloßner. Wie viele Extra-Kräfte pro Zelt notwendig werden, werde die Praxis zeigen. Die Kosten trägt der Besucher über Bier- und Essenspreise. Wie hoch der Aufschlag sein wird, ist unklar. Unter den Festwirten kursiert derzeit eine Zahl: „Fünf Prozent“, sagt Gloßner. Ein Rechenbeispiel: Auf dem diesjährigen Volksfest in Fürstenfeldbruck hat die Mass 6,50 Euro gekostet - fünf Prozent Aufschlag würden einen Preis von 6,83 Euro bedeuten. Wie teuer das Bier tatsächlich wird, weiß man laut Gloßner aber erst, wenn das Umweltministerium die Ausführungsbestimmungen zum Gesetz veröffentlicht. Darin wird auch stehen, wie hoch das Bußgeld bei Verstößen gegen das Gesetz sein wird. „Viele warten das ab“, sagt Gloßner.

Ausnahme wegen Sicherheitsproblemen durch Besucherströme

Die Wiesn-Wirte brauchen sich darüber noch keine Sorgen machen - sie müssen ihre Zelte erst ab 2011 rauchfrei halten. Begründung: Wenn die Raucher zwischendurch vor die Tür gehen, dann wieder ins volle Zelt wollen, erfordert das bauliche Maßnahmen. Doch diese Ausnahme, gewährt von der Stadt München, weckt jetzt bei den Veranstaltern anderer Feste Begehrlichkeiten. Zum Rosenheimer Herbstfest zum Beispiel kommen jedes Jahr eine Million Besucher, schon Ende August geht’s in diesem Jahr los. Auch dort herrscht an den Wochenenden großes Gedränge an den Eingängen. Die CSU-Stadtratsfraktion hat deshalb gestern beantragt, das Rauchverbot auf dem Herbstfest in Anlehnung an die Regelungen fürs Oktoberfest zu handhaben. Die CSU begründet dies mit Sicherheitsproblemen durch die zusätzlichen Besucherströme - wenn Raucher raus oder rein möchten. Vertreter des Ordnungsamtes und der Wirte werden gemeinsam nach einer Lösung suchen. In Straubing, dort beginnt am 13. August das Gäuboden-Fest mit 1,2 Millionen Besuchern, gibt es ähnliche Diskussionen und Bemühungen.

Rückenwind für bundesweites Rauchverbot

Die Debatte ums Rauchverbot hört also nicht auf - auch die Vertreter der konkurrierenden Aktionsbündnisse streiten weiter. Der Chef der Raucher, Franz Bergmüller, hatte am Dienstag in dieser Zeitung angekündigt, dass die Wirte nun jede Gelegenheit nutzen würden, um bei geschlossenen Gesellschaften weiter das Qualmen zu erlauben. Die sei „reine Schaumschlägerei“, konterte Sebastian Frankenberger von der Gegenseite. Dieses Schlupfloch sei aus dem Gesetz gestrichen worden. „Wenn der Herr Bergmüller versucht, das Gesetz zu unterhöhlen, dann kann man ihm nur ,Viel Spaß’ wünschen“, sagt der Passauer ÖDP-Stadtrat, der die Nichtraucher-Bewegung organisiert.

Der Erfolg des bayerischen Qualm-Stopps gibt überdies einem Anlauf für ein bundesweites Rauchverbot Rückenwind. Bundestagsabgeordnete, darunter der Heidelberger Lothar Binding von der SPD, kündigten für diese Woche eine fraktionsübergreifende Initiative an. Binding hatte 2007 schon einmal einen ähnlichen Versuch gestartet. Das Thema sei Bundes- und keine Ländersache. Der Bund kann ein Rauchverbot über die Arbeitsstättenverordnung regeln, die einen rauchfreien Arbeitsplatz garantiert.

Von Carina Lechner

Auch interessant

Kommentare