München - Nach dem „Stern“ gibt es auch beim „Focus“ einen neuen Chefredakteur: Der frühere „WAZ“-Mann Ulrich Reitz folgt auf Jörg Quoos.
Der Magazinmarkt ist mächtig in Bewegung – zumindest hinter den Kulissen. Beim „Spiegel“ wird über neue Strukturen debattiert, beim „Stern“ und jetzt auch völlig überraschend beim „Focus“ wechseln die Chefredakteure. Die Gründe mögen verschieden sein, doch eines eint alle: Die Auflagenzahlen sinken.
Die Menschen geben verstärkt dem Internet und den digitalen Endgeräten wie Smartphones den Vorzug, um sich über das Weltgeschehen zu informieren. Das macht sich in rückläufigen Verkaufszahlen bemerkbar. Die des „Spiegel“ lagen im zweiten Quartal 2014 bei 874 111 Exemplaren. Vor zwei Jahren waren es über 900 000, in früheren Zeiten war die Millionen-Auflage noch Standard.
Diese Zahl erreicht auch der „Stern“ längst nicht mehr. Dem jüngst ausgeschiedenen Chefredakteur Dominik Wichmann – auf ihn folgt Christian Krug – wurde beim Abgang daher die Auflagenentwicklung nicht angekreidet. 2014 war die Zahl der verkauften Exemplare unter 800 000 gefallen, im zweiten Quartal waren es 756 659.
Vielmehr wird beim „Spiegel“ und „Stern“ an Konzepten gearbeitet, die Print- und Online-Redaktionen enger zu verzahnen. Außerdem suchen alle Verlage jenseits der Werbung nach Erlösquellen im Internet. Beim „Spiegel“ soll der Zugang zu „Spiegel Online“ jedoch kostenlos bleiben.
Hubert Burda Media lastet seinem scheidenden Chefredakteur ebenfalls nicht die sinkende Auflage von „Focus“ an. Dennoch scheint man sich nicht ganz im Frieden getrennt zu haben, heißt es doch in der Pressemitteilung des Verlages: „Jörg Quoos und das Unternehmen sind unterschiedlicher Auffassung bezüglich der künftigen Ausrichtung.“ 20 Monate war Quoos im Amt, seie Demission kam unerwartet. Denn bei der Steueraffäre um Uli Hoeneß und der Entdeckung der Gurlitt-Sammlung mischte der „Focus“ vorne mit. Doch bei der verkauften Auflage zeigte die Richtung nach unten: Im zweiten Quartal lag sie bei 498 000 Exemplaren, ein Jahr zuvor bei 541 000.
Neuer Chefredakteur des Münchner Nachrichtenmagazins wird ab 1. Oktober Ulrich Reitz, Ex-Chef der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“, die der 53-Jährige umfangreich reformiert hatte. Mit Reitz will der Verlag die Marke „Focus“ aufpolieren und das Profil des Magazins wieder schärfen. Wie, das deutet der Top-Journalist im Gespräch mit unserer Zeitung an: „Die Welt ist links, da kann Deutschland einen liberalen Gegenpol gut brauchen.“ Einerseits will Reitz, der zur Gründungsmannschaft von „Focus“ gehörte, zurück zu den Wurzeln des Magazins und Service mit Nutzwert bieten inklusive hochwertiger „sprechender Grafiken“, zusätzlich aber auch „intellektuellen Service“, wie er es nennt. Und er will mit Hilfe digitaler Medien die Themen des Magazins die ganze Woche über aktualisieren und fortführen. Wir müssen bei unseren Themen immer am Ball bleiben.“
Bettina Bäumlisberger mit dpa