Schwandorfer CSU-Landrat will Jugendzentrum loswerden – mit Stimmen der AfD

Das Jugendzentrum in Burglengenfeld gilt weit über die Grenzen des Landkreises Schwandorf hinaus als Institution. Doch der CSU-Landrat will es loswerden – mit fragwürdigen Mitteln.
Schwandorf/Burgelengenfeld/Regensburg – Ein schwarzes Shirt der Trash-Metal-Band Slayer, ein lässiger Blick in die Kamera, so zwischen sympathisch und „Mach mich nicht an“. Die Finger der rechten Hand zur „Pommesgabel“ abgespreizt – als Zeichen dafür, dass man zur Szene gehört und irgendwie ein Cooler ist. So posierte der Schwandorfer Landrat Thomas Ebeling Anfang August beim legendären Wacken-Festival in Schleswig-Holstein für ein PR-Foto, das er an die örtliche Tageszeitung schicken ließ.
Schwandorfer CSU-Landrat: Abrocken in Wacken, Jugendkultur platt machen daheim
Als unkonventioneller Politiker, einer zum Anfassen präsentiert sich der „rockende Landrat“ (Ebeling über Ebeling) gerne – auf besagtem Foto, in professionell aufbereiteten Pressemitteilungen und in seiner monatlichen Online-Sprechstunde auf Facebook. Der Ebeling – das ist einer von uns, so die Botschaft. Einer, mit dem man über alles reden kann.
Doch wenn der 46-jährige CSU-Politiker mal nicht auf Facebook zur Sprechstunde lädt oder beim Metal-Festival abrockt, dann scheint er nicht wirklich so cool zu sein, wie er sich gerne präsentiert. Seit mehreren Monaten setzt Ebeling derzeit alles daran, einem Jugendzentrum den Garaus zu machen, das seiner Partei schon seit Jahrzehnten ein Dorn im Auge ist.
CSU-Landrat contra Jugendzentrum: Hier organisierte sich Widerstand gegen die WAA
Die Rede ist vom JUZ Burglengenfeld – eine Institution seit mittlerweile 50 Jahren. Es ist eines der ältesten selbstorganisierten Jugendzentren in Bayern. Einer der letzten subkulturellen Räume in der Oberpfalz.
1986 war hier der Ausgangspunkt für das „Anti-WAAhnsinns-Festival“ gegen den Bau der Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf. In der Musikkneipe spielen regelmäßig regionale und überregional bekannte Bands, wie z. B. Ton Steine Scherben. Auch viele Regensburger nutzen das JUZ mangels allzu vieler Auftrittsmöglichkeiten in der Domstadt.
Das JUZ Burgelengenfeld: Viel Jugendkultur und geringe Kosten
In der denkmalgeschützten ehemaligen Landwirtschaftsschule gibt es Raum für politische und (sub)-kulturelle Debatten und mehrere Proberäume für Bands. Die Bluesfriends Burglengenfeld-Regenstauf, Organisatoren des überregional bekannten Südstaatenmusikfests, bieten hier Raum für Musiker verschiedenster Richtungen. „Wir bieten Freiraum zum sich Ausprobieren, für Musik und Debatten. Wir schaffen Zukunft“, sagt Jule Richter vom gemeinnützigen Trägerverein.
Allzu viel Kosten verursacht diese wichtige Infrastruktureinrichtung für den Landkreis Schwandorf nicht. Der stellt das Gebäude mietfrei zur Verfügung, lediglich die Betriebskosten werden in Rechnung gestellt. Aus Burglengenfeld, Maxhütte-Haidhof und Teublitz gibt es jährlich insgesamt 3000 Euro freiwillige Leistungen als Zuschuss.
Landrat contra Jugendzentrum: „Verlogen und unsolidarisch“
Doch die politische Ausrichtung ist der CSU schon lange ein Dorn im Auge. Zu unabhängig, zu wenig kontrollierbar und irgendwie zu links. So auch Thomas Ebeling. Und während es seine Vorgänger noch mit offen politischen Angriffen gegen die vermeintlichen Linksradikalen versucht haben, geht der ambitionierte Landrat mit Hang zu Höherem etwas geschickter vor oder, wie es die JUZ-Macher nennen, „verlogen und unsolidarisch“.
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Da war zunächst eine nichtöffentliche Sitzung des Bauausschusses im Landkreis Schwandorf im März. Das Gebäude, in dem das Jugendzentrum untergebracht ist, sei dringend sanierungsbedürftig, hieß es dort von Ebeling und der CSU. Außerdem brauche es in Burglengenfeld dringend zusätzliche Sozialwohnungen.
Heimlicher Vorstoß des Landrats wurde öffentlich: Flut von Kritik und Protesten
Deshalb, so der Landrat, müsse man den Vertrag mit dem Verein kündigen. Und später könne man zwar vielleicht wieder Räume für Jugendarbeit unterbringen, aber bitte nichts selbstorganisiertes mehr. So etwas sei überholt und das brauche es nicht mehr, ließ Ebeling später wissen.
Doch der heimlich geplante Vorstoß gelangte an die Öffentlichkeit – und es hagelte Proteste. Von den Machern des JUZ, von Ehemaligen, von der SPD und den Grünen. Eine Petition zum Erhalt des Zentrums wurde gestartet, die mittlerweile über 2600 Unterstützer gefunden hat.
Trotz Kritik und Fragen: Landrat Ebeling schweigt beharrlich
Und Ebeling, sonst der Politiker zum Anfassen, wirkte nun reichlich angefasst. Er schwieg beharrlich, wusste keine Antwort darauf zu geben, ob jetzt tatsächlich Sanierungsbedarf bestehe und darauf, ob tatsächlich einen Bedarf an Sozialwohnungen bestehe. Außerdem begab er sich auf die Suche nach dem Maulwurf, der da aus dieser nichtöffentlichen Sitzung geplaudert hatte.
Mitte September fand schließlich ein Ortstermin im JUZ statt. Mit den Kreisräten des Bauausschusses und mit Landrat Ebeling persönlich. Ein Bild von dem Gebäude und der Jugendarbeit dort wolle man sich machen, hieß es, ehe man über das weitere Vorgehen entscheide.
Nach Ortstermin im JUZ: CSU bringt Verkauf auf den Weg – mit den Stimmen der AfD
Und was Thomas Ebeling anschließend den Machern des JUZ zusagte, die gerade selbst an einem neuen Nutzungskonzept arbeiten, stimmte diese durchaus optimistisch. Es bestehe keine Eile, versicherte der Landrat. Die JUZ-Macher und die Bluesfriends könnten sich bis mindestens Ende des Jahres Zeit für die Erstellung eines eigenen Nutzungskonzeptes nehmen. Und dann werde man sehen.
Doch was dann bei der nächsten Sitzung des Bauausschusses am 10. Oktober geschah, erneut nichtöffentlich, stellte sämtliche vorherigen Aussagen Ebelings auf den Kopf. Nun war nicht mehr von einer Sanierung des Gebäudes die Rede. Auch nicht mehr von Sozialwohnungen. Mit den Stimmen seiner CSU und mit wohlwollender Unterstützung von Freien Wählern und den Rechtsaußen von der AfD brachte Ebeling den Verkauf der Liegenschaft auf den Weg.
JUZ-Macher bitten um Unterstützung und fordern öffentliche Debatte
Ein solcher Verkauf würde nicht nur das faktische Aus für das JUZ bedeuten, sondern auch die acht bestehenden Sozialwohnungen gefährden, die sich bereits jetzt in dem Gebäude befinden.
Als „in höchstem Maße verlogen und unsolidarisch“ bezeichnen jetzt auch die Bluesfriends und der JUZ-Trägerverein Ebelings Vorgehen. „Die wahre Motivation der CSU war zu keinem Zeitpunkt die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, sondern stets nur ein Vorwand, um Soziales und Kulturelles gegeneinander auszuspielen und so den Widerstand gegen dieses Vorhaben zu schwächen“, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung der beiden Vereine. Sie fordern nun eine öffentliche Debatte über das Thema.
Der Landrat schweigt weiter: „Das gebietet der Anstand.“
Und was sagt Thomas Ebeling? Erst diese Woche hat er wieder seine Sprechstunde auf Facebook abgehalten. Und es gab einige Anfragen und Kommentare zum Thema JUZ und der Zukunft des alteingesessenen Zentrums. Doch wieder einmal schwieg der Landrat.
Das sei ein Grundstücksthema und damit nichtöffentlich. So sei das nun mal gesetzlich geregelt, ließ er seine Zuschauer wissen. Und außerdem werde er das, wenn überhaupt, nur mit den Betroffenen persönlich diskutieren. Das, sagt der „rockende Landrat“, der dafür das Slayer-Shirt gegen den Maßanzug getauscht hat, „gebietet auch der Anstand“.