Gesundheitsamt-Leiter nach Söders Kritik versetzt: Jetzt droht erneute Abordnung - „Reine Schikane“

Er kritisierte Söders Corona-Politik und wurde versetzt. Sieben Monate später steht Friedrich Pürner erneut im Fokus. Er fühlt sich schikaniert.
Augsburg* - Im vergangenen Jahr sorgte Friedrich Pürner für Schlagzeilen. Der damalige Leiter des Gesundheitsamtes in Aichach-Friedberg hatte die Corona*-Politik der bayerischen Staatsregierung um Markus Söder* (CSU) kritisiert - und wurde daraufhin versetzt. Nun plant die Regierung von Schwaben offenbar, die Abordnung von Pürner zurückzuziehen. Der vermutet dahinter ein taktisches Manöver.
Gesundheitsamt-Leiter nach Söder-Kritik versetzt - Arzt äußert Kritik: „Reiner Vorwand“
Sieben Monate ist die Versetzung von Pürner mittlerweile her - über ein halbes Jahr, in dem er laut eigener Aussage nur sehr wenig mit jenen Tätigkeiten beschäftigt war, für die er eigentlich abgeordnet worden war, berichtet nordbayern.de. Denn die besagte Stelle hatte es zu jenem Zeitpunkt noch gar nicht gegeben. Bis heute habe sich so gut wie nichts geändert. „Dass man mich für diesen Job so dringend brauchte, war ein reiner Vorwand“, sagt Pürner selbst gegenüber dem Portal. Der Arzt ist sich sicher, dass er abgeordnet wurde, weil er sich wiederholt kritisch über das Vorgehen in der Corona-Krise geäußert hatte. „Ich habe meine Bedenken klar zum Ausdruck gebracht - bin dabei aber immer sachlich und konstruktiv geblieben“, so der Epidemiologe.
Ein Hauptkritikpunkt von Pürner war die reine Orientierung der politischen Maßnahmen an den positiven PCR-Tests*, dem Inzidenzwert.* Damals war seine Äußerung ein Novum, doch nun haben sich mehrere Wissenschaftler ähnlich geäußert.
Pürner nach Söder-Kritik versetzt - Erneute Abordnung droht: „Für mich ist das reine Schikane“
Pürner klagte: Der Klage wurde laut nordbayern.de stattgegeben sowie bereits ein Termin für die mündliche Verhandlung festgelegt. Ende Mai dann plötzlich die Wende: Die schwäbische Regierung zog die Abordnung überraschend zurück. Doch erleichtert ist der Arzt deshalb nicht, denn er vermutet laut des Portals ein taktisches Manöver dahinter. Denn in dem Schreiben, in dem ihm die geplante Rücknahme seiner bisherigen Abordnung mitgeteilt wurde, steht auch, dass eine erneute Versetzung geplant sei. Diesmal an die Regierung von Oberbayern mit Sitz in München. Dort soll er sich ab Mitte Juni um Angelegenheiten ausländischer Ärzte im Rahmen ihrer Approbation kümmern.
„Für mich ist das reine Schikane. Was ich dort konkret machen soll, ist mir noch völlig unklar. Die genannte Tätigkeit liegt überhaupt nicht in meinem Fachbereich. Aber anscheinend soll ich nun wie ein Wanderpokal weitergereicht werden“, wird er von nordbayern.de zitiert. Seine Vermutung: Der Regierung sei klar geworden, dass Pürner vor Gericht Erfolgschancen gehabt hätte. „Vielleicht wollte man auch vermeiden, dass Sachverhalte im Rahmen der öffentlichen Verhandlung zum Vorschein kommen, die besser nicht bekannt würden - eben zu meiner derzeitigen Tätigkeit.“
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Die Regierung bestätige in einem aktuellen Schreiben an Pürners Anwalt nun zum ersten Mal seine Vermutung, dass seine Versetzung keinen fachlichen Hintergrund habe. Bisher wurde das von offizieller Seite immer bestritten. Laut Pürners Aussage verweise die Behörde in dem Schreiben auf ein Interview mit ihm, das auf dem Portal YouTube zu sehen sei. Demnach seien seine Aussagen in diesem Video ausschlaggebend dafür gewesen, dass man ihn nicht länger im Rahmen einer Tätigkeit im Öffentlichen Gesundheitsdienst einsetzen wolle, so nordbayern.de.
Die Regierung von Schwaben wollte sich auf eine Anfrage des Portals zunächst nicht äußern. Pürner will die erneute Versetzung nicht akzeptieren. „Ich weiß, dass ich nichts Unrechtes gesagt oder getan habe [...] Man muss gerade als leitender Beamter Kritik äußern dürfen und konkret sagen, wenn Dinge nicht richtig laufen und durch Handlungen des Staates Bürger eventuell zu Schaden kommen. Diese Verpflichtung hat man als Beamter durchaus. Auch bei unterschiedlichen Standpunkten muss man dann in der Lage sein, gemeinsam konstruktive Lösungen zu finden“, kritisierte er. Sollte die Abordnung wirklich beschlossen werden, möchte der Arzt erneut klagen, heißt es weiter. (kam)*Merkur.de/bayern ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA
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