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Neues Highlight in der Kruzifix-Sammlung durch private Schenkung

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Christusfigur vor der Restaurierung
Vor der Restaurierung: Zugekleisterte Konturen und Augen, Schadstelle durch Abbeizversuch am Knöchel. Monatelange Feinarbeit mit dem Skalpell unter dem Mikroskop waren nötig. © Stadtmuseum KF

Kaufbeuren – „Diese Christusfigur würde auch in einem größeren Museum nicht schlecht aussehen“, merkte Dr. Martin Hoernes an. Dr. Hoernes, Generalsekretär der Ernst von Siemens Stiftung, war extra nach Kaufbeuren gekommen, als Museumsleiterin Petra Weber jüngst im Beisein von Bürgermeister Oliver Schill das neue Highlight in der Kruzifixsammlung der Presse vorstellte: Eine äußerst seltene romanische Christkönigsfigur, die Alfons Tröber aus Stöttwang dem Museum 2020 geschenkt hatte. Dank der erneuten großzügigen Förderung in Höhe von über 12.000 Euro durch die Ernst von Siemens Kunststiftung (EvS) konnte die Figur von der museumseigenen Restauratorin Heide Tröger aufwändig restauriert werden. Mit dem vorhandenen Budget allein wäre das nicht realisierbar gewesen.

„Museumsgerecht restaurieren“ bedeutet monatelange Feinarbeit unter dem Mikroskop, ein behutsames Abtragen von Farbfassungen, deren Schichten das originale Aussehen überdecken, im schlimmsten Falle zukleistern. Das war auch bei dem Christkönig der Fall: Laut Heide Tröger bot die Figur „ein schauderhaftes Bild“, war jedoch insgesamt für ihr Alter gut erhalten. Nach einer Museums-Restauration sieht eine Figur nicht „wie neu“ aus (wie das bei einer in Gebrauch befindlichen Kirchenfigur vielleicht der Fall wäre), sondern die Spuren der Jahrhunderte sind noch deutlich zu sehen. Aber zum Beispiel die Feinheit der Schnitzarbeit ist wieder erkennbar. Zudem wurden dieser Figur durch die Abtragung späterer Bemalungen wieder „die Augen geöffnet“. Restauratorin Heide Tröger wies auch auf die Vertiefungen im angeschnitzten Stirnreif hin. Darin waren bei der romanischen Figur aus dem frühen 13. Jahrhundert ursprünglich Kronenzacken befestigt, die jedoch nicht erhalten sind. In der Romanik wurde der Gekreuzigte oft als König dargestellt, der selbst den Tod besiegt.

Kustos Wolfgang Sauter (v. li.), Dr. Martin Hoernes (Ernst von Siemens Stiftung), Stifter Alfons Tröber, Museumsleiterin Petra Weber, Restauratorin Heide Tröger, Bürgermeister Oliver Schill.
Im besten Licht: die neue Christkönig-Figur.
Kustos Wolfgang Sauter (v. li.), Dr. Martin Hoernes (Ernst von Siemens Stiftung), Stifter Alfons Tröber, Museumsleiterin Petra Weber, Restauratorin Heide Tröger, Bürgermeister Oliver Schill. Im besten Licht: die neue Christkönig-Figur. © Zasche

Auf der Rückseite der Figur sind noch alle Farbschichten für eventuelle spätere Untersuchungen erhalten. Daher wurde auch das farbverklebte Türchen nicht geöffnet, hinter dem sich in dieser Zeit oftmals Reliquien verbargen. Aber die Figur sei vermutlich ohnehin leer, so Heide Tröger, „da klappert nix“.

Eigene Corona-Förderlinie bei der EvS-Stiftung

Die Ernst von Siemens Kunststiftung hat für die von den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise besonders betroffenen selbständigen Wissenschaftlern und Restauratoren in den öffentlichen Museen und Sammlungen eine eigene Förderlinie in Höhe von rund 2,5 Millionen Euro aufgelegt. Dazu kommen noch 250.000 Euro von einem privaten Spender. Damit werden etwa 300 kleinere Projekte (bis maximal 25.000 Euro) unterstützt. In diesem Rahmen hatte sich das Kaufbeurer Stadtmuseum erfolgreich um Förderung beworben. Bereits 2020 war die Ernst von Siemens Kunststiftung dem Stadtmuseum beim Ankauf des „Hl. Sebastian“ nicht nur mit 20.000 Euro beigesprungen, sondern hatte auch ihren beträchtlichen Einfluss bei den Preisverhandlungen mit dem Kunsthandel geltend gemacht (wir berichteten). Diese Skulptur von Jörg Lederer ist momentan auf Reisen: Sie wird als temporäre Leihgabe für die Sonderausstellung „Stiften gehen! Wie man aus einer Not eine Tugend macht“ im Maximilianmuseum Augsburg zum 500-jährigen Stiftungsjubiläum der Fuggerei gezeigt. „Das ist auch eine Super-Werbung für unser Museum“, freute sich Museumsleiterin Petra Weber.

Alfons Tröber erzählte aus der bewegten Vergangenheit der Christusfigur: Sie wurde mehrfach neu gefasst, zuletzt besonders scheußlich von einem Kirchenmaler, der wohl hoffte, sie dadurch günstiger erwerben zu können. Der ehrenamtliche Museumskustos Wolfgang Sauter rettete die Figur schließlich gerade noch vor dem unfachmännischen Abbeizen und erkannte mit sicherem Blick „die ist nichts für den freien Kunstmarkt, die gehört ins Museum!“ Bereits von 1998 bis 2007 war die wertvolle Skulptur als Leihgabe im Stadtmuseum Kaufbeuren.

Und dort ist sie jetzt dauerhaft, frisch restauriert, an prominenter Stelle in der Kruzifix-Sammlung ins rechte Licht gerückt und für die Öffentlichkeit zugänglich.

Ingrid Zasche

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