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Galeria Kaufhof: Gehen in Kempten bald die Lichter aus?

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Von: Christine Tröger, Helmut Hitscherich

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Galeria  Kaufhof Kempten Filiale
Einmal mehr steht der Fortbestand der Galeria-Kaufhof-Filiale in Kempten in Frage. © Tröger

Kempten/Essen: Schon lange „Wackelkandidat“ steht der Kemptener Standort der Kaufhauskette Galeria Kaufhof aktuell erneut massiv unter Druck

Wie man den Nachrichten der vergangenen Tage entnehmen konnte, hat der Kaufhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof nach 2020 erneut Insolvenz im sogenannten Schutzschirmverfahren beim Insolvenzgericht angezeigt. Das bedeutet, dass das Unternehmen die Insolvenz selbst verwaltet und versucht, sich zu sanieren. Der Konzern betreibt mit 17.000 Mitarbeitern im Moment noch 131 Warenhäuser in 97 deutschen Städten. Jetzt sollen mindestens ein Drittel der Filialen geschlossen werden. Das hat Kaufhauschef Miguel Müllenbach am Montag angekündigt, auch betriebsbedingte Kündigungen sind geplant.

Nach anderen Quellen stehen zwischen 43 und 65 Warenhäuser vor der Schließung.

Wie steht es um den Galeria-Kaufhof-Standort Kempten?

Laut Immobilien Zeitung vom 27. Oktober 2022 würde sich der Konzern „bei einer möglichen Schließungswelle“, wie es dort heißt, aus Kempten zurückziehen, was eine Schließung bedeuten würde. Damit stellt sich die Frage was aus diesem Gebäude werden könnte. Mit der Schließung, würde sich die sogenannte Knochentheorie der Stadt Kempten wohl erledigen.

Ein Blick zurück: 2020 wurden bereits 40 Filialen geschlossen und Tausende Stellen abgebaut. Mehr als zwei Millionen Euro Schulden wurden damals dem Konzern erlassen. Nachdem der Neustart misslungen ist, folgten 2021 und 2022 weitere Schließungen. Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) der Bundesregierung griff dem Traditionsunternehmen in zwei Hilfsaktionen mit 680 Millionen Euro unter die Arme.

Was das Unternehmen Galeria Karstadt Kaufhof sagt

Auf unsere Anfrage, wann mit der Schließung in Kempten zu rechnen ist und ob das Personal bereits informiert wurde, antwortete die Unternehmenskommunikation ausweichend und berief sich zuvorderst auf die „exogenen Faktoren Pandemie, die durch den Ukraine-Krieg auf Rekordniveau gestiegene Inflation und die um ein Vielfaches gestiegenen Energiepreise“, die zu „erneut hohen Frequenzverlusten in den Innenstädten und einer historisch negativen Konsumstimmung geführt“ hätten.

Strategie Galeria 2.0

Die Neugestaltung der ersten rund zehn Galeria-Filialen im Rahmen der neu implementierten Strategie Galeria 2.0 seit Oktober 2022 zeige, so das Unternehmen weiter, „nachweisliche Erfolge und muss deshalb nach einer Feinjustierung fortgesetzt werden“. Um dafür die neuen volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu ermöglichen, müsse „das bestehende Filialportfolio deutlich reduziert werden und es wird sich von Häusern zu trennen sein, die inzwischen aufgrund dieser neuen Bedingungen nicht mehr profitabel zu betreiben sind“.

So will das Unternehmen nach eigener Aussage für Galeria die weiteren Modernisierungsmaßnahmen für den nachhaltigen Kern ermöglichen. Nach sorgfältiger Überprüfung der Finanzierungs-Struktur des Unternehmens und aller Optionen habe man unter anderem Gespräche mit dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) sowie den zuständigen Bundesministerien geführt, wozu das Unternehmen seit dem ersten WSF-Darlehen von 2021 vertraglich verpflichtet sei. Obwohl diese „konstruktiv“ und „zielorientiert“ verlaufen seien, habe sich gezeigt, „dass zusätzliche zinstragende Fremdmittel Galeria finanziell zu sehr belasten und die Möglichkeit einschränken würden, den begonnenen Transformationsprozess Galeria 2.0 im unbedingt notwendigen Umfang beschleunigt fortsetzen zu können“.

Durch ein Schutzschirmverfahren hingegen sieht Galeria die „kurzfristige Optimierung des Filialportfolios“ sowie die zielgerichteten Investitionen in den Modernisierungsprozess gegeben.

„Galeria ist zukunftsfähig, das Geschäftsmodell mit den notwendigen Modernisierungen der Filialen tragfähig und wird, frei von unverschuldeten Belastungen, am Markt erfolgreich sein können. Das Unternehmen bleibt ein Arbeitgeber mit vielen tausend sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen, ein wichtiger Distributionskanal und Kunde für zahlreiche Lieferanten und Dienstleister sowie Anziehungspunkt insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen am Standortumfeld“, zeigt sich das Unternehmen selbstbewusst.

„Über einzelne Standorte, die jetzt Gegenstand einer sehr sorgfältigen Einzelfallbetrachtung und Analyse sind, können wir zu diesem Zeitpunkt noch keine Aussagen treffen“, so die Galeria-Unternehmenskommunikation.

Wenig überraschend für die Stadt Kempten

Überraschend trifft das Thema Kemptens Wirtschaftsreferent Dr. Richard Schießl nicht. Schließlich seien sowohl Unternehmen als auch Standort „seit vielen Jahren ein Wackelkandidat“, wie er auf Nachfrage des Kreisboten angab.

Eine Rolle spiele dabei insgesamt die Entwicklung von Kaufhäusern. Galeria habe es schlicht „nicht geschafft“, sich von dem Konzept aus den 1970er und 1980er Jahren zu lösen und „in der Neuzeit“ anzukommen. Zu seinem Bedauern müssten es jetzt aber die Arbeitnehmer ausbaden.

Könnte im Galeria-Gebäude ein „Großes Loch“ entstehen?

Die Gefahr, es könne hier ein neues „Großes Loch“ entstehen, sieht Schießl nicht. An diesem Ort sei ja „alles möglich“ und Einzelhandel kein Streitpunkt. Zwar habe es immer geheißen, „Galeria ist der einzige Magnet“ in der nördlichen Innenstadt.

Dagegen habe man aber bei der Entwicklung des sogenannten Mühlbach-Quartiers schon immer für eine Belebung gearbeitet, „auch wenn Galeria nicht mehr da ist“. Was für Schießl jedenfalls außer Frage steht: „Kempten ist stark genug“ eine mögliche Schließung von Galeria zu verkraften.

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